Sport/Fußball

England im EM-Halbfinale: Das Mutterland feiert seine Töchter

Die Zwischenbilanz kann sich sehen lassen: Mehrere Zuschauerrekorde, höhere Spielqualität und gewachsene mediale Aufmerksamkeit. Die Frauenfußball-EM in England, dem Mutterland des Kicks, setzt in mehreren Bereichen neue Maßstäbe. Und die Euphorie steigt weiter nach dem Halbfinal-Einzug der Engländerinnen nach dem Viertelfinalkrimi gegen Spanien, der mit einem 2:1 nach Verlängerung für die Titel-Mitfavoritinnen ein Happy End hatte.

Die englischen Gazetten hatten ihre fetten Schlagzeilen. Der Telegraph meinte: "Ein temperamentvolles England kämpft sich zurück und katapultiert sich dank einer Rakete von Georgia Stanway in der Verlängerung in das Halbfinale der Euro 2022 und in die Herzen einer Nation."

Die Sun schien kein Halten mehr zu kennen: "Stanway to Heaven. Georgia Stanways Schrei in der Verlängerung lässt die Fans ausrasten, als sich die Lionesses in einem Thriller an Spanien vorbei ins Halbfinale brüllen."

Alle Inhalte anzeigen

Große Namen

Der englische Verband hat als Ausrichter einen großen Anteil an den positiven Schlagzeilen und unterstreicht damit die eigenen Bemühungen, den Frauenfußball im eigenen Land auf eine noch höhere Ebene zu bringen. Dafür wurde in der jüngeren Vergangenheit auch in der Women's Super League sehr viel Geld investiert.

Alle Inhalte anzeigen

Den Ton geben mit Meister Chelsea und Arsenal zwei Männer-Topteams an, auch die Manchester-Großklubs City und United sowie Tottenham spielen vorne mittlerweile eine gute Rolle. "Arsenal gegen Chelsea, das hat einen Namen und auch eine Wucht im Fernsehen", betonte ÖFB-Torfrau Manuela Zinsberger. Das konnte auch Viktoria Schnaderbeck, die im Frühjahr von Arsenal an Tottenham ausgeliehen war, nur unterstreichen: "England ist sicher Vorreiter, da ist am meisten in kurzer Zeit passiert. Die Liga wurde professionalisiert, es gibt attraktive Gegner, Stadien, Infrastrukturen und es spielt inzwischen auch das Geld eine entscheidende Rolle."

Alle Inhalte anzeigen

Immer mehr kommt es zu der Möglichkeit, dass Toppartien auch in den großen Männer-Arenen ausgetragen werden, wie das etwa bei Arsenals Gastspiel bei Tottenham vor fast 40.000 Zuschauern war. "Das ist schon eine Präsenz, die sich positiv auswirkt", betonte Zinsberger.

Laut Schnaderbeck sind Deutschland und England in Europa noch immer die "dichtesten" Ligen. Laura Wienroither hat in der jüngeren Vergangenheit in beiden Ländern gespielt und kann daher am besten einen Vergleich wagen. "Ich will nicht unbedingt beurteilen, ob die Liga besser ist, aber sie ist professioneller", sagte die Rechtsverteidigerin.

In Deutschland habe Taktik eine große Rolle gespielt, in England sei die Qualität individueller Spielerinnen in jedem Fall viel höher. "Dementsprechend ist es so, dass du selber Lösungen finden musst und deine Kreativität einfach einbringen kannst. Das ist für mich der größte Unterschied."

Im Bilde

Bei dieser EM sind europaweit immer mehr Fußballfans im Bilde. Das erste Viertelfinale zwischen England und Spanien sahen am Mittwochabend im ZDF 4,812 Millionen Menschen und sorgten nach Angaben des Senders für einen Marktanteil von 24,3 Prozent. Das ist der bisher höchste Wert für Partien ohne deutsche Beteiligung. Bei den bisherigen drei Partien der DFB-Auswahl schauten durchschnittlich 6,58 Millionen zu. ARD und ZDF übertragen alle 31 Partien der EM in England, die meisten davon im klassischen Fernsehen. Der ORF verzeichnete bisher immerhin bei den Österreich-Spielen gute Quoten.

In England erreicht die Euphorie beim Halbfinale gegen Schweden oder Belgien das nächste Level.