Sport/Fußball

Der Hype um Chinas Super League ist schon vorbei

Jiangsu Suning. Vor ziemlich genau fünf Jahren holte der chinesische Klub für kolportierte 50 Millionen Euro den Brasilianer Alex Teixeira von Schachtar Donezk. Berichten zufolge hatte der damals 26-Jährige auch ein Angebot von Liverpool vorliegen. Doch er entschied sich für den Wechsel nach Fernost. Ein regelrechter Boom entstand. Es folgten Spieler wie Arnautovic, Tevez, Oscar, Witsel, El Shaarawy, Pato, Paulinho, Lavezzi, Yaya Touré, Hamsik, Hulk, Carrasco. Aber auch namhafte Trainer wie Magath, Benitez und Capello folgten dem Ruf des Geldes. Illustre Namen, die den Fußball im Reich der Mitte populärer und vor allem rentabler machen sollten.

Dieses Modell scheint gescheitert. Denn just mit dem Verein Jiangsu Suning erhielt der Vorreiter und amtierende Meister keine Lizenz für die Chinese Super League, die am 20. April in die Meisterschaft gestartet ist.

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Zu Beginn floss Gold

Damit scheint auch der Traum des Staatspräsidenten vorbei zu sein. Xi Jinping gilt als großer Fußball-Fan. Er sprach von der „wichtigen Rolle des Fußballs, die Konstitution des Menschen zu stärken und einen unermüdlichen Kampfgeist zu erzeugen“. Und wenn der Präsident sogar schon vom WM-Titel für China träumt, dann wird das auch für die Wirtschaft ein nationales Anliegen. Chinas schwerreiche Unternehmer leisteten sich teure Fußballvereine. Im Fall von Jiangsu war dies die Suning Commerce Group. Starspielern und Startrainern wurde der Wechsel ins fußballerische Entwicklungsland mit horrenden Summen schmackhaft gemacht.

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Gareth Bale als Lockvogel

Jiangsu Suning aus Nanjing, der 8,5-Millionen-Metropole nahe Schanghai im Osten Chinas, wollte 2019 Gareth Bale nach China locken. Der Waliser war bei seinem Wechsel zu Real Madrid der teuerste Spieler der Welt. Fassungslos berichteten damals Medien rund um die Welt, dass er in Nanjing eine Million Pfund verdienen sollte – in einer Woche.

Der Deal kommt nicht zustande, es wurde stiller um Chinas Fußball. Bis die Suning Group kurz nach dem ersten Meistertitel der Klubgeschichte verkündete, sich sofort aus dem Fußball zurückziehen zu wollen, die Firma wolle sich wieder voll und ganz auf den Handel mit Elektrogeräten beschränken. Weil es kein Geld mehr aus dem Konzern gibt, musste der Jiangsu FC den Spielbetrieb einstellen. Suning wollte verkaufen, wurde den Klub aber nicht los, weil auf ihm umgerechnet rund 90 Millionen Euro lasten. Egal, ob sich ein Käufer findet: Alex Teixeira ist zu haben, weil noch immer vereinslos.

Chinesischer Fußball kämpft ums Überleben

Hinter der schillernden Fassade von Chinas fußballverliebten Konzernen kracht es aber schon länger. Nicht nur Jiangsu ist hoch verschuldet. Shandong Luneng durfte wegen finanzieller Probleme nicht an der asiatischen Champions League teilnehmen. Tianjin Quanjian ist schon bankrott.

Der chinesische Fußball kämpft ums Überleben, auch weil der Staat keine große Lust mehr zeigt, den Rettungsring auszuwerfen. In der Regierung soll den Verantwortlichen klar geworden sein, dass das viele Geld eher kontraproduktiv gewesen sei statt hilfreich. Auch die TV-Quoten und Zuschauerzahlen sind nicht wie gewünscht gestiegen. Und viele Klubs, die aufgrund der finanziellen Abhängigkeiten fast schon Werksklubs waren, haben sich nicht darum gekümmert, dass sie in der Region und bei den Fans ankommen.

Seit dieser Saison ist es den Klubs verboten einen Namen zu tragen, der einen Firmen- oder Sponsorennamen enthält. Letzte Saison waren das 14 von 16 Klubs. Marko Arnautovic spielt in Shanghai, SIPG war die Abkürzung für Shanghai International Port Group. Heute spielt der Verein als Shanghai Port seine erste Partie in dieser Saison. Gegner Tianjin Jinmen Tiger war vor der Saison quasi bankrott, die Spieler heuerten bei anderen Klubs an, aber irgendwie gab es vor einem Monat dann doch die Erlaubnis an der Super League teilzunehmen.

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Umbruchstimmung bei den Investoren

Aber nicht nur in China wird der Fußball in seinen Wurzeln erschüttert. Auch Vereine in Europa schauen bange die Entwicklungen an. Zumal Chinas Konzerne auch in Europa investiert haben.

Suning hält auch die Aktien-Mehrheit beim Traditionsverein Inter Mailand. Die Italiener versicherten in einer ersten Reaktion, dass der Knall in China, nicht in Europa zu hören sein wird. Vielleicht weil Inter, das den ersten Meistertitel seit 2010 holen kann, trotz des sportlichen Erfolgs und des chinesischen Geldes in großen finanziellen Schwierigkeiten steckt. In der Gerüchteküche heißt es schon, dass die Alibaba-Group die Inter-Anteile von Suning übernehmen könnte. Alibaba-Gründer Jack Ma hält Anteile am von Fabio Cannavaro trainierten Klub Guangzhou FC, einst nach dem Immobilienkonzern Evergrande benannt.

China auf Abstand

Auch in England herrscht Unruhe. Financier und Fußball-Insider Kieran Maguire sagte: „Vor einigen Jahren dachten die Chinesen, wenn sie sich im europäischen Fußball engagieren, dass sie taktische und technische Facetten nach China transferieren könnten.“ Aber mittlerweile nimmt die Regierung davon Abstand.

Kieran: „In dem riesigen Land hat sich im Fußball aber nichts bewegt, weshalb die Regierung entschieden hat, sich von dieser Strategie zu verabschieden.“ Daher gingen auch die chinesischen Investoren auf Distanz. Und es werde Druck ausgeübt.

2017 gab es noch 20 europäische Vereine, die in der Hand von chinesischen Großinvestoren lagen. Heute sind es zehn. Der erste gefallene Dominostein war Wang Jianlin, der seine Anteile an Atletico Madrid wieder veräußerte. Wenig später wurde Ye Jianming, der Gründer von CEFC China Energy, dazu getrieben, Slavia Prag abzugeben. Ye ist mittlerweile wegen seiner wirtschaftlichen Aktivitäten in Haft. „Bekanntermaßen verschwand auch Jack Ma für eine Weile. Das ist ein typisches Muster“, erklärt der britische Sportökonom Simon Chadwick, der an der Emlyon Business School lehrt.