CL-Kracher: Wie Salzburg in München das Unmögliche schaffen will
Von Peter Gutmayer
Das Spiel des Jahres war schon das Hinspiel gegen den FC Bayern. Was kommt dann aber heute, wenn Salzburg in der Allianz Arena um den Aufstieg ins Viertelfinale der Champions League kämpft (21 Uhr/im KURIER-Liveticker)? Sportdirektor Christoph Freund weiß es auch nicht ganz genau, ist sich aber sicher: „Die Mannschaft hat ein Spiel in dieser Größe noch nie erlebt. Der ganze Verein fiebert darauf hin. Das wird ein ganz spezieller Abend in München.“ Der Traum von der ganz großen Sensation ist nach dem 1:1 im Hinspiel jedenfalls am Leben.
Feuerwerk & Comeback
Rein statistisch spricht freilich nicht viel für Salzburg. Schon ein Blick auf den Marktwert des deutschen Serienmeisters (817 Millionen Euro) lässt ein einseitiges Duell vermuten, liegt jener der Salzburger doch „nur“ bei 203 Millionen Euro. Auch die individuelle Klasse spricht für die Münchner, haben sie doch Weltfußballer Robert Lewandowski und gleich mehrere Weltmeister in ihren Reihen. Auch Manuel Neuer könnte nach seiner Knie-OP ins Tor zurückkehren.
Die Bayern gewannen bislang auch alle fünf Europacup-Heimspiele gegen Mannschaften aus Österreich, in der aktuellen Saison sind sie in der Königsklasse zu Hause mit drei Siegen noch makellos. Es ist angerichtet für das nächste „Spektakel dahoam“. „Sie werden ein Feuerwerk zünden wollen“, weiß Maximilian Wöber. In den vergangenen 29 Champions-League-Spielen haben die Münchner immer zumindest einmal getroffen.
Und dann gibt es da noch diese „Mia-san-mia-Mentalität“, die den FC Bayern seit Jahrzehnten auszeichnet. „Wir sind die bessere Mannschaft“, sagt Leroy Sané und lässt keinen Zweifel aufkommen, wer heute gewinnen wird. Die Vorzeichen sind also nicht die besten. Aber: Das interessiert die Salzburger relativ wenig, sie haben mittlerweile auch so etwas wie eine „Mia-san-mia-Mentalität“.
Mut & Freude
Trainer Matthias Jaissle schafft es immer wieder seine Mannschaft – die jüngste in der Königsklasse – auf den Punkt vorzubereiten. Den Spaß will er sich auch von den großen Bayern nicht verderben lassen. „Natürlich sind wir wieder selbstbewusst und mutig unterwegs“, verspricht er. Mut und Freude am Spiel hat sein Team in dieser Saison schon weit gebracht.
Ob die Reise noch weitergeht, und Salzburg als erste österreichische Mannschaft ins Viertelfinale der Königsklasse einziehen wird? Jaissle: „Wir sind krasser Außenseiter und überzeugen mit unserer Art und Weise von Fußball, so wie im Hinspiel. Wofür es reicht, wird man sehen.“ Die Bayern peilen übrigens ihren 20. Viertelfinaleinzug an – und damit einen Rekord in der Champions League.
Ein Punkt, der dann doch noch für die Bullen spricht, ist die aktuelle Formkurve. Während der Bayern-Motor in der Liga schon seit Wochen nicht auf Hochtouren läuft, konnten die Salzburger zuletzt beim 4:0 gegen Altach Selbstvertrauen tanken. Und gleichzeitig Kräfte sparen. Das war auch notwendig nach dem Corona-Cluster, der vorübergehend gleich 17 Spieler außer Gefecht gesetzt hatte. Die sind alle wieder einsatzbereit, wie lange sie durchhalten, ist eine andere Frage. „Die Vorbereitung war nicht optimal“, gibt Jaissle zu, „aber wir werden nicht jammern. Die Spieler werden alles raushauen, was im Tank ist.“
Bayern München – Salzburg (Allianz Arena, Dienstag 21.00 Uhr/live Sky und DAZN, SR Turpin/FRA) – Hinspiel 1:1.
Bei Salzburg fallen Koita (Knie), Okoh (Knie) und Onguene (krank) aus. Ob Okafor, Sesko und Solet rechtzeitig fit werden, entscheidet sich am Spieltag.
Bei den Bayern steht Manuel Neuer vor seinem Comeback. Goretzka, Davies und Tolisso fehlen aber weiterhin.
Druck & Respekt
Der Druck liegt jedenfalls bei den Bayern, was auch Thomas Müller bestätigt: „Wir müssen und wollen weiterkommen. Wenn wir das schaffen, kann die Saison eine sehr gute werden. Wenn wir ausscheiden sollten, wird es natürlich keine rosige Saison für den FC Bayern sein. Aber damit beschäftige ich mich nicht. Die Vorzeichen sind gut.“ Sein Trainer Julian Nagelsmann zeigt Respekt, hat aber auch einen Plan: „Salzburg ist eine gefährliche Mannschaft, die uns alles abverlangen wird. Es wird unsere Aufgabe sein, das Tempo hochzuhalten.
Dennoch ist Christoph Freund davon überzeugt, dass Salzburg heute – erneut – österreichische Fußball-Geschichte schreiben kann: „Wir können ihnen wehtun. Wir wollen das Unmögliche möglich machen.“