Bundesliga-Reform: Warum früher nicht alles besser war
Von Alexander Huber
Je länger die Saison gedauert hat, desto größer wurde die Kritik. Der neue Bundesliga-Modus sei zu kompliziert, unfair, nicht durchdacht und überhaupt: Wozu brauch’ ma des?
Vieles von dem, was Spieler und Trainer kritisiert haben, klingt berechtigt. Der Play-off-Stress war absurd (und wird für 2020 korrigiert). Dass nach dem letzten Schlusspfiff die Sturm-Fans ihre Mannschaft nicht für das Erreichen des Europacups gefeiert, sondern ausgepfiffen haben, passt in das verwackelte Liga-Bild im Jahr eins nach der Reform.
Vielleicht hilft ein Schritt zurück, um den heftigsten Einschnitt in Österreichs Profifußball besser einordnen zu können. Die Bundesliga hat 2016 unzählige Einschätzungen und Argumente eingeholt.
Neben Spielern, Funktionären, Fans, Sponsoren und TV-Partnern wurden auch Journalisten in den Diskussionsprozess eingeladen. Vom KURIER wurde ich entsandt, um an mehreren Workshops teilzunehmen.
Organisiert wurden die Treffen von der niederländischen Firma Hypercube, die in ganz Europa Liga-Reformen betreut. Ein netter Herr lieferte Daten und diskutierte mit uns auf Englisch, während sich die anwesenden Liga-Vertreter zurückhielten. Mein erstes Aha-Erlebnis: Zumindest ein Verein aus der neuen Qualifikationsgruppe sollte noch eine Europacup-Chance bekommen.
Die Todeszone
Meinen Einwand, dass das unfair sei gegenüber den Klubs aus der Meistergruppe, parierte der Hypercube-Herr mit dem Hinweis auf die „Todeszone“: Jeder Bewerb benötigt auch eine positive Erzählung. Wenn es in der Qualifikationsgruppe nur noch darum geht, nicht abzusteigen, wird das auch medial eine „Todeszone“.
Tatsächlich: Der lange, aber vergebliche Kampf von Rapid um den Europacup erhöhte das Interesse an „denen da unten“ massiv. Und überhaupt: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Team „von oben“ im Play-off noch den Europacupstartplatz verspielt, liegt statistisch nur zwischen 10 und 20 Prozent.
Spannung zählt
Recht bekamen die Reformmotoren auch bei der dringend empfohlenen Punktehalbierung. Okay, Salzburg war dennoch nicht zu stoppen. Aber so hat es zumindest noch ein Spiel gegeben, bei dem die Spannung groß war: Der LASK wäre mit einem Heimsieg gegen Salzburg in Runde 24 nur noch einen Zähler hinten gewesen. Ohne Punktehalbierung wären es damals schon neun Punkte gewesen – also: fad!
Übrigens ist mit Wacker jene Mannschaft abgestiegen, die am wenigsten Punkte – egal, nach welcher Berechnung – gemacht hat. Ganz so wie von Hypercube vorhergesagt. Auch hier gilt: Wenigstens gab es bis zur letzten Runde Spannung zwischen Innsbruck und Hartberg.
Verkaufen, was geht
Um es nüchtern zu sagen: Die Bundesliga hat 2016 erkannt, dass das Interesse an ihrem klassisch angelegten Produkt (zwei Zehnerligen) und auch die Zahl der an Profi-Fußball interessierten Vereine stetig abnimmt. Die Reaktion war eine Reform nach neoliberaler Logik. Das heißt: Alles, was kommerzialisiert werden kann, wird auch verkauft. Es ist kein Zufall, dass das neue Format an den TV-Vertrag gekoppelt wurde.
Gesteigerte Spannung steht vor der sportlichen Gerechtigkeit. Harte Zeiten für Fußball-Romantiker.
Aber: War es früher wirklich besser? Gehen irgendjemand wirklich die Dienstagabend-Spiele knapp vor Weihnachten ab, die auch bei Minusgraden nötig waren, um 36 Runden in den Kalender stopfen zu können? Sind die Österreicher bei Reformen nicht stets skeptisch, um später immer schon dafür gewesen zu sein?
Geübte Skepsis
Nur als Beispiel: Wenn es nach den Wünschen einer staatstragenden Partei gegangen wäre, hätte Wien nie die Donauinsel bekommen und in der Mariahilferstraße würden immer noch die Autos im Stau stehen.
Die Bundesliga-Reform ist sicher nicht perfekt, aber es besteht kein Grund, sie nach nur einer Saison als gescheitert zu verurteilen.