Sport/Fußball

Anklage wegen falscher Identität: Wer ist HSV-Stürmer Bakery Jatta?

"Einer von uns." Zig mal steht das unter einem vom Hamburger SV geteilten Bild auf Instagram. Darauf zu sehen: Eine Jubeltraube von HSV-Spielern. Mitten unter ihnen Offensivspieler Bakery Jatta.

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Ob dieser tatsächlich so heißt, darüber wird seit mehr als zwei Jahren gestritten. Denn der Mann aus Gambia soll bei seiner Ankunft in Deutschland im Sommer 2015 einen falschen Namen und ein falsches Geburtsdatum angegeben haben. Statt um Bakery Jatta (23), geboren am 6. Juni 1998, soll es sich um Bakary Daffeh (26), geboren am 6. November 1995, handeln, der vor seiner Flucht über Italien nach Deutschland bei mehreren Fußballvereinen in Gambia, Senegal und Nigeria gespielt haben soll.

Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat deshalb diese Woche gegen den Fußball-Profi Anklage erhoben. Mit der Angabe einer falschen Identität habe er laut Staatsanwaltschaft erreichen wollen, dass ihm "wegen der behaupteten Minderjährigkeit und des sich daraus ergebenen Abschiebehindernisses eine Duldung erteilt wird".

Der Vorwurf
Die Staatsanwaltschaft wirft Jatta mehrere Vergehen gegen das Aufenthaltsgesetz und mittelbare Falschbeurkundung (§ 271 StGB) vor

Schutzbedürftig
Der Gambier kam 2015 als 16-Jähriger  über Italien nach Deutschland. Als minderjähriger Geflüchteter galt er  dadurch als besonders schutzbedürftig. Jatta  erhielt eine Duldung und konnte in Deutschland bleiben. Als 19-Jähriger hätte er diesen besonderen Schutz nicht erhalten

Die ursprünglichen Ermittlungen waren 2019 nach kurzer Zeit wieder eingestellt worden. Mehrere deutsche Fußballvereine, die Einspruch gegen ihre Niederlagen gegen den HSV unter Beteiligung Jattas erhoben hatten, zogen diesen wieder zurück und entschuldigten sich. Doch die Diskussionen um den Mann, der seit 2016 beim HSV spielt und dort in 123 Spielen 16 Tore geschossen hat, rissen seither nicht ab.

Warum gerade jetzt Anklage erhoben wird, wollte die Staatsanwaltschaft Hamburg auf KURIER-Anfrage nicht beantworten und verweist auf die heiklen Umstände: "Die Staatsanwaltschaft beabsichtigt nicht, sich an einer vorab geführten Diskussion (...) in der Öffentlichkeit zu beteiligen."

Jattas Anwälte wollen Einspruch erheben. "Wir sind der Auffassung, Herr Jatta hat seine Identität eindeutig nachgewiesen", wird Anwalt Thomas Bliwier von der Deutschen Presse Agentur zitiert. Bereits 2019 hat Jatta eine Geburtsurkunde vorgelegt.

Aufgrund der Vorwürfe erwartet den Gambier ein Strafrahmen, der von einer Geldstrafe bis hin zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren reicht, erklärt Oberstaatsanwältin Mia Sperling-Karstens dem KURIER. Mögliche aufenthaltsrechtliche Konsequenzen, sowie ein mögliches Spielverbot stehen darüber hinaus im Raum.

Rassismus

Die Diskussionen rund um die Identität des HSV-Spielers haben aber noch eine andere Facette als die rechtliche. Sie werden begleitet von Xenophobie und Rassismus. Bei Aufkommen der Anschuldigungen wurde in einem Kommentar in der deutschen Bild zu dem Fall versehentlich ein anderer HSV-Spieler mit schwarzer Hautfarbe abgebildet. Die Redaktion entschuldigte sich dafür.

Unterstützung erhielt Jatta von seinem Verein in Hamburg, den er heute "Familie" nennt, aber auch von Fans vieler anderer Vereine.