Neue Studie: Ein Eid erhöht den Wahrheitsgehalt – eventuell
Eide erhöhen die Wahrscheinlichkeit, die Wahrheit zu sagen. Das zeigt das Online-Experiment eines internationalen Forschungsteams mit österreichischer Beteiligung. Dabei mussten die Teilnehmer ihre im Experiment erzielten Einkünfte versteuern und in ihrer "Steuererklärung" keine bzw. unterschiedliche Eidesformeln leisten. Solche Eide dämmten Unehrlichkeit ein, ihre Wirksamkeit variierte aber je nach Formulierung, berichten die Forscher im Fachblatt "Nature Human Behavior".
Schon im antiken Griechenland hatte der Eid eine für das tägliche Leben wichtige Funktion, wer seinen Schwur brach, wurde von den Göttern bestraft. Aber auch in modernen Gesellschaften sind Eide in unterschiedlicher Form und mit unterschiedlicher Konsequenz beim Bruch des Versprechens immer noch weit verbreitet, etwa vor Gericht, in der Medizin (Hippokratischer Eid) oder der Politik (Angelobung).
Allgemein wird angenommen, dass die Verpflichtung, ehrlich zu handeln, bevor man sich der Versuchung eines Fehlverhaltens aussetzt (Ex-ante-Ehrlichkeitseide), ein wirksames Mittel zur Eindämmung von Unehrlichkeit sein kann. Doch verschiedene Studien hätten gezeigt, dass einige Arten solcher Eide zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung, Prüfungsbetrug und Versicherungsbetrug unwirksam oder sogar kontraproduktiv seien, schreiben die Wissenschafterinnen und Wissenschafter um Janis Zickfeld von der Aarhus Universität (Dänemark) in ihrer Arbeit.
Um herauszufinden, ob und welche Eide die Chance auf regelkonformes Verhalten erhöhen, hat das Forschungsteam ein Online-Experiment mit rund 21.500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus den USA und Großbritannien durchgeführt. "Sie konnten durch Sortieren von Zahlen Geld verdienen, mussten von ihrem Einkommen aber 35 Prozent Steuer zahlen", erklärte Co-Autor Ulrich Glogowsky vom Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität Linz gegenüber der APA.
Die Studie
Ein Teil der Teilnehmer leistete zuvor einen Eid, wahrheitsgemäß zu antworten, eine Kontrollgruppe musste nicht schwören. Die Wissenschafter verwendeten dabei 21 verschiedene Eidesformeln. Wer bei seinem Einkommen schummelte, erhielt tatsächlich eine höhere Auszahlung - falsche Angaben hatten aber sonst keine Konsequenzen.
Jeder vierte Teilnehmer (5.398 bzw. 25,1 Prozent) gab sein Einkommen niedriger an als es tatsächlich war. Dabei behaupteten 1.519 Teilnehmer (7,1 Prozent der Gesamtstichprobe) fälschlicherweise, gar nichts verdient zu haben.
Von den 21 verwendeten Ehrlichkeits-Erklärungen verbesserten zehn die Steuerehrlichkeit um 4,5 bis 8,5 Prozentpunkte, "wobei die Art des Eides, also dessen Formulierung, eine große Rolle" spielte, sagte Glogowsky.
Der wirkungsvollste Eid lautete dabei: "Ich erkläre hiermit, dass ich ehrliche Angaben machen werde, wenn ich mein endgültiges Einkommen aus der Sortieraufgabe melde" (I hereby declare that I will provide honest information when reporting my final income from the sorting task). "Diese erfolgreichste Formel reduzierte den Verlust an Steuereinnahmen durch Steuerhinterziehung von 21,9 Prozent auf 11,6 Prozent, was einer Verringerung um fast 47 Prozent entspricht", so Glogowsky.
Zur Überraschung der Wissenschafter gab es keinen signifikanten Unterschied, ob die Teilnehmer den Eid nur durch Anhaken eines Kästchens vor der jeweiligen Eidesformel leisteten oder diese aktiv abtippen mussten. Dagegen hatte die Platzierung der Eidesformel Einfluss: Die Steuerehrlichkeit verbesserte sich, wenn der Eid direkt vor der "Steuererklärung" geleistet wurde, und nicht schon vor der zu erfüllenden Sortieraufgabe.
Für Glogowsky widersprechen die Ergebnisse jedenfalls der Annahme, "dass das Ablegen eines Eides nur symbolisch ist". Die Ermutigung zu Ehrlichkeit könne signifikant vorteilhaft sein, "offensichtlich verstärkt ein Eid den Wunsch der Menschen, ein positives Image zu bewahren".