Warum Wetter nicht gleich Klima ist und wir zu den Blumen lieb sein sollten
Von Bernhard Gaul
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Denn zu Beginn wollen wir hier einmal mehr klarstellen, dass wir alle natürlich den Unterschied zwischen Wetter und Klima kennen: Das Wetter ist der Zustand der Atmosphäre an einem bestimmten Ort und zu einem bestimmten Zeitpunkt. Es wird durch die Temperatur, den Niederschlag, den Wind, die Luftfeuchtigkeit, die Bewölkung und die Sichtweite bestimmt. Das Klima ist die durchschnittliche Wetterlage über einen längeren Zeitraum, typischerweise 30 Jahre.
Also nur weil es jetzt im Hochsommer heiß ist, können wir nicht sagen: Klima!
Der Trend zeigt uns aber auch recht deutlich: Klar ist das Klima. Also zum Beispiel: Die Bodentemperaturen in Spanien haben 60 Grad erreicht. Bald ist Spanien kein Urlaubsziel mehr, sondern ein Herkunftsort für Klimaflüchtlinge, las ich kürzlich auf Twitter.
In Zentralasien herrscht eine anhaltende Hitzewelle mit 46,3°C in Turkmenistan und fast 45°C in Kasachstan. Im Iran wurden 40,3°C in Hamedan gemessen, das auf einer Höhe von 1741 Metern liegt. Nordafrika hatte gerade die bisher größte Hitzewelle zu verzeichnen, Fes in Marokko etwa mit 46,6°C.
Also ich glaub‘s ja eher nicht, aber vielleicht tröstet es Sie, es ist nicht nur bei uns heiß.
Übrigens: Schon bei Temperaturen über 35 °C zusammen mit sehr hoher Luftfeuchtigkeit sagen Forscher, dass selbst fitte Menschen innerhalb weniger Stunden überhitzen und möglicherweise sterben könnten. Bekanntlich schwitzen wir, damit unser Körper durch die Verdunstung gekühlt wird. Wenn die Luftfeuchtigkeit aber so hoch ist, dass der Schweiß nicht verdunsten kann, kann der Körper nicht mehr gekühlt werden. Prognostiziert wird, dass solche tödlichen Zonen in Orten wie Südwestasien, Indien und China bald häufiger auftreten werden.
By the way, meine wunderbaren Mitstreiter Sarah Emminger und Andi Puschautz haben sich das mit der Hitze genauer angesehen: "Extremwetter auf der ganzen Welt: Zufall ist das nicht" (LINK)
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Jetzt zum Positiven, nämlich zum Thriller von Straßburg vergangenen Mittwoch bei der Abstimmung zum Gesetz über die Renaturierung.
Da geht es zum Beispiel darum, dass 20 Prozent der EU-Fläche bis 2030 wieder in ihren „natürlichen Zustand“ rückversetzt werden sollen. Also trockengelegte Moore sollen wieder vernässt werden, Flussverbauungen rückgebaut werden, Wälder aufgeforstet und Städte wieder grüner gemacht werden. Das Gesetz soll quasi Klimaschutz für die Natur sein. Und das Artensterben damit gebremst werden.
Thriller deshalb, weil die Europäische Volkspartei unter ihrem Fraktions-Chef Manfred Weber eigentlich das Gesetz komplett verhindern wollte, sie standen vom Verhandlungstisch auf und gaben die Schuld an dem „schlechten“ Gesetz natürlich nicht „ihrer“ Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, sondern dem niederländischen Klimakommissar und Leyen-Stellvertreter Frans Timmermans (Bild unten). Weil der ist ein Roter.
Warum sich die ÖVP vor den bayrischen Wahlkampfkarren (Wahlen am 8. Oktober 2023) spannen ließ (und letztendlich damit gescheitert ist), ist mir nicht ganz klar. Ich kleiner Indianer kann von meinem Heiligenstädter Schreibtisch aus natürlich nicht umfassend beurteilen, ob das Gesetz gut ist, oder nicht.
Ich weiß aber einerseits, dass die EVP massiv gegen das Gesetz Stimmung gemacht hat, mit der Begründung: Bauern müssten befürchten, bewirtschaftetes Land aufzugeben. Letzten Endes könne sogar Lebensmittelknappheit in Europa drohen.
Andererseits weiß ich, dass (mehr als) 6.000 Forscher lautstark die Argumente der EVP als Holler zu entkräften versuchten. Mit einem davon, dem Uni-Wien-Biodiversitätsforscher und Wissenschaftler des Jahres 2022 Franz Essl, konnte ich vorab ein Interview führen (hier der Link hinter der Paywall), das Sie gerne hier nachlesen können, ich gebe nur einen kurzen Auszug davon wieder:
Die Volksparteien sagen, wenn wir das EU-Renaturierungsgesetz umsetzen, gefährden wir unsere Ernährungssicherheit, und die Kommission sagt, wenn wir das nicht tun, gefährden wir jedenfalls unsere Böden und damit unsere Ernährungssicherheit?
Professor Franz Essl: Das ist etwas überspitzt, aber von der Tendenz her richtig. Für mich ist das eine vertretbare Aussage.
Das gesamte Interview lesen Sie hier:
Meine Brüsseler Kollegin Ingrid Steiner hat zur ganzen Causa einen Leitartikel verfasst, mit dem schönen Titel: "Diese Ohrfeige für die EU-Volkspartei hilft der Natur"
➤ Hier der Link zu ihrem Kommentar
Endgültig ausverhandelt ist das Renaturierungs-Vorhaben allerdings noch nicht. Erst müssen noch EU-Parlament und die EU-Regierungen einen Kompromiss finden. Eine Einigung noch vor den EU-Wahlen im Juni 2024 wird angepeilt.
Zum Schluss noch: Ja, die vielen Sonnenstunden lassen uns schwitzen und sie produzieren sehr viel Strom. Das kann jeder nachlesen, der auf die Seite energie.gv.at geht. Dem PV-Strom ist dort ein eigenes Kapitel gewidmet.
Da passte es auch gut, dass die Netze Niederösterreich am Freitag noch jubeln durften, weil sich der PV-Ausbau seit dem Vorjahr etwa verdreifacht hat. Dem entgegnete der Photovoltaik-Dachverband PV-Austria, dass wir noch viel mehr ausbauen müssen. Die Bundesländer haben erst zwischen 15 und 22 Prozent ihrer Ausbauziele geschafft.
Also es sieht gut aus für die Natur in Europa und für viel mehr Sonnenstromstunden, und das möge Ihnen an diesem Sonntagvormittag ein kleines Lächeln ins Gesicht zaubern, meint Ihr