Politik/Inland

Vom Bauernmädel zur Spekulantin

Eine Beamtin verspekuliert 340 Millionen Euro Steuergeld an der Börse und bringt damit ihre politischen Chefs – Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller und Finanzreferent David Brenner – in ärgste Bedrängnis.

Einen Tag nach dem Auffliegen des Finanzskandals dreht sich alles um jene Frau, die jahrelang Politik und Kontrolle genarrt hatte.
Wer ist Monika R.? In der breiten Öffentlichkeit trat sie kaum auf. Ihre Welt war seit Jahren die Finanzwelt, genauer gesagt die Börsen in London und Frankfurt. „Diese Geldgeschäfte waren ihre Ersatzfamilie“, sagt ein Kollege über die unverheiratete Frau. Als Finanzexpertin war Monika R. hoch angesehen. Sie wurde von internationalen Firmen mit Jobangeboten umworben.

2009 erhielt sie im Beisein von Landeshauptfrau Burgstaller das Ehrenzeichen zweiter Stufe der Salzburger Feuerwehr verliehen, welches die wichtigen Stützen des Landes auszeichnet.

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Neumayr Franz
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Lebenslauf

Monika R. kam Ende der 50er-Jahre in Oberösterreich zur Welt und begann sehr früh den Grundstein für ihren Aufstieg zu legen: Nach HAK-Matura und Jusstudium schlug sie 1990 die Beamtenkarriere ein. Sie diente sich zur Leiterin des Referats 8/02 (Budgetangelegenheiten) hoch und verwaltete ein Milliardenbudget.

Urlaub nahm sie so gut wie nie. Die Wochenenden verbrachte sie am elterlichen Bauernhof, wo ein Hund und eine Katze auf sie warteten. „Hochintelligent“ und „hochkompetent“ sagen jene, die sie persönlich kennen.

2006 und 2007 – im Zuge der ersten Finanzkrise – kam es zu ersten Schwierigkeiten. Ab dann soll die Frau Unterschriften gefälscht und hochriskante Geschäfte abgeschlossen haben.

Auch dürfte ihr das Staatsverrechnungssystem eine gute Hilfe gewesen sein. „Wenn man eine Aktie um 1000 Euro kauft, dann wird die dort als 1000-Euro-Wert geführt – egal, ob die Aktie danach gestiegen oder gesunken ist“, sagt ein Insider des Landes Salzburg kopfschüttelnd. Nur auf Nachfrage würden diese Werte korrigiert. Und nachfragen musste man in diesem Fall bei Monika R. Doch die Frau unternahm alles, um das Minus zu verschleiern.

1,8 Milliarden Euro

Wie hoch der Schaden für den Steuerzahler tatsächlich ist, ist noch unklar. Monika R. hilft den internen Kontrolloren bei der Untersuchung. Selbst die 340 Millionen Euro Verlust aus 50 Zinsgeschäften (Gesamtwert: 1,8 Milliarden Euro) sind vorerst ihre eigenen Angaben.

Verdachtsmomente, dass hier etwas schief läuft, gab es schon länger. Die Politik beschwichtigte aber stets. Am Donnerstag, als der Skandal öffentlich aufflog, erschien noch ein lobender Rechnungshofbericht.

Für die Staatsanwaltschaft in Salzburg ist der Fall zu groß. Daher springt jetzt die Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien ein. Neben einer Anzeige des Landes vom Donnerstag gibt es seit November eine Anzeige einer „anonymen Salzburger Beamtenschaft“. Dabei geht es um die Delikte Untreue, Amtsmissbrauch und Urkundenfälschung. Der in der Zwischenzeit entlassenen Finanzexpertin drohen bis zu zehn Jahre Gefängnis. Ob Untersuchungshaft verhängt wird, ist noch offen.

Wie konnten die Millionenverluste so lange verborgen werden? Schon 2009 hat der Rechnungshof im Zuge einer Querschnittsprüfung von Ländern und Gemeinden festgestellt, dass 41 Prozent der Salzburger Geschäfte mit hohem Risiko behaftet sind.

„Damals hätte die Politik handeln müssen“, sagt Rechnungshofpräsident Josef Moser im Gespräch mit dem KURIER. Die Nachprüfung des Rechnungshofs Anfang 2012 ergab zwar, dass das Risiko gesunken sei, dennoch gab es damals erneut bedenkliche Geschäfte.

Am 23. August 2012 gab das Land Salzburg dann eine Stellungnahme zum Bericht ab. „Der Rechnungshof wurde aber nicht darüber informiert, dass die Beamtin bereits am 17. Juli 2012 suspendiert wurde“, sagt Moser. Auch über den im November eingetretenen Buchverlust von 340 Millionen Euro sei der Rechnungshof nicht informiert worden. Moser: „Dem Rechnungshof wurden hier wichtige Informationen vorenthalten.“

„Neben der internen hat offenbar auch die externe Kontrolle durch den Rechnungshof versagt“, sagt Mosers Vorgänger Franz Fiedler. „Es kann natürlich immer wieder vorkommen, dass etwas durchrutscht. Dennoch wird der Rechnungshof seine eigenen Kontrollschritte überdenken müssen.“
„Der Rechnungshof hat seine Aufgaben wahrgenommen. Bei der Querschnittsprüfung ging es jedoch um einen Vergleich zwischen den Ländern und nicht um Einzelgeschäfte“, entgegnet Moser. „Der Rechnungshof kann nur Unterlagen prüfen, die ihm vorgelegt werden.“
Daher fordert Moser künftig auch strafrechtliche Konsequenzen. „Derzeit gibt es keine Sanktionen, wenn dem Rechnungshof falsche Unterlagen vorgelegt werden“, sagt Moser.

„Heile Welt“

Indes wird der Ruf nach dem Rücktritt von Finanzlandesrat David Brenner laut: Die Landesbedienstete, die 340 Millionen Euro verspekuliert haben soll, habe noch zwei Tage nach ihrem Geständnis neben Brenner als Expertin an den Budgetberatungen des Landtags-Ausschusses teilgenommen. „Man hat uns eine heile Welt vorgespielt, das ist unglaublich“, empören sich die Grünen.

Ungeachtet dessen steht Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) weiter hinter Brenner: „Er hat, sobald genügend Indizien vorgelegen sind, die Prüfungen eingeleitet, externe Experten beigezogen, den Rechnungshof eingeschaltet, die Landesregierung und alle Landtagsparteien informiert und Anzeige bei der Staatsanwaltschaft eingebracht.“

Ein gesetzliches Verbot von Spekulationsgeschäften für alle Gebietskörperschaften fordert jetzt Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer. 2009 hat der Gemeindebund eine – unverbindliche – Richtlinie erarbeitet, in der den Gemeinden ein Verzicht auf Spekulationsgeschäften empfohlen wird. Dennoch seien jetzt schärfere Regelungen nötig. Auch Moser tritt für ein generelles Spekulationsverbot auf allen Ebenen ein: „Mit Steuergeld spekuliert man nicht.“
„Der Ruf nach dem Gesetzgeber ist in so einer Situation immer die erste Reaktion“, sagt dazu Fiedler. Ob ein gesetzliches Verbot notwendig ist, sei die Frage. „Die Politiker sollen aber jedenfalls klare Anweisungen an die zuständigen Abteilungen geben, von derartigen Geschäften die Finger zu lassen.“