Heimliche Videoaufnahmen belasten Strache schwer
- Geheim gefilmtes Video in deutschen Medien
- Strache und Gudenus bei Treffen auf Ibiza gefilmt
- Russin gab vor, Kronen Zeitung übernehmen zu wollen
- Brisante Gespräche über Parteispenden
- Material auf USB-Stick in verlassenem Hotel übergeben
Ein Ferienhaus auf Ibiza, es gibt Champagner, Red Bull und Thunfischtatar.
Es ist der 24. Juli 2017, und an diesem Abend sollten FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und sein Kompagnon Johann Gudenus im vermeintlich vertrauten Rahmen Aussagen und Versprechen machen, die Freitagabend für ein innenpolitisches Erdbeben sorgten. „Ist Österreichs Vizekanzler käuflich?“, fragt der Spiegel, Europas größtes Nachrichtenmagazin. Gemeinsam mit der Süddeutschen Zeitung hat ein Spiegel-Team über Wochen recherchiert, was an diesem Abend in Ibiza geschah. Es gibt Videos, die die Medien forensisch überprüft haben. Und diese legen den Verdacht nahe, dass der FPÖ-Chef tatsächlich käuflich ist – in vielerlei Hinsicht.
Dazu muss man wissen: Strache und Gudenus wurden in eine investigative Falle gelockt: Ihre Annahme war die: Sie sitzen der Nichte eines russischen Oligarchen gegenüber, die ihnen mehr oder weniger glaubwürdig vermittelt, sie wolle Teile der einflussreichen Kronen Zeitung kaufen und die FPÖ unterstützen.
Eine Viertelmilliarde Euro, so sagt die „Russin“, wolle sie in Österreich anlegen – nicht auf der Bank, und „nicht ganz legal“, wie ihr Begleiter mehrfach sagt.
Was weder Strache noch Gudenus an jenem Abend wissen: Die Villa ist verwanzt, das sechs Stunden dauernde Treffen wird von Kameras aufgezeichnet.
Bei dem Gespräch stellt die vermeintliche Russin in Aussicht, Teile der Krone zu kaufen und die FPÖ im bereits laufenden Nationalratswahlkampf zu unterstützen – ein offenkundiger Anreiz, der Strache und Gudenus interessiert.
Politisch und möglicherweise strafrechtlich heikel ist, wie die Freiheitlichen auf die Versprechen des Lockvogels reagieren. Denn auf die Frage, welche Gegenleistung sie, die Russin, von Strache zu erwarten habe, wenn sie die der FPÖ bei der Wahl zu Platz 1 verhelfe, antwortet der heutige Vizekanzler: „Dann können wir über alles reden.“
Über alles? Das ist wohl der heikelste Satz – erinnert er doch irgendwie an den gefallenen Ex-Innenminister Ernst Strasser (ÖVP), der sich als Politiker kaufen ließ.
Fakt ist: In den veröffentlichten Videos skizzieren Strache und Gudenus auch andere, demokratiepolitisch wie strafrechtlich problematische Absichten. So erklären sie der „Russin“, wie man Parteispenden gut am Rechnungshof vorbeischleusen kann. Und dass sie, einmal an der Macht, bestimmte Unternehmer von öffentlichen (Bau-) Aufträgen grundsätzlich fernhalten würden, um sie, die Russin, zu bevorzugen.
Von Seiten der FPÖ heißt es momentan: Bitte um Geduld, man sichte das Material.
Mysteriöser Weg
Mysteriös ist jedenfalls der Weg des Videos zu den Medien. Von Seiten der Süddeutschen Zeitung erzählt man, dass das Video auf einem USB-Stick in einem verlassenen Hotel an die Journalisten übergeben wurde.
Zitate aus dem Video
Zitate aus dem nur in Auszügen veröffentlichten Mitschnitt.:
"Ja, es gibt ein paar sehr Vermögende. Die zahlen zwischen 500.000 und eineinhalb bis zwei Millionen...Die zahlen aber nicht an die Partei, sondern an einen gemeinnützigen Verein...Das musst Du (der ebenfalls anwesende Klubchef Johann Gudenus übersetzt ins Russische, Anm.) erklären: Verein. Du musst erklären, dass das nicht an den Rechnungshof geht." - Strache erklärt offenbar den Modus operandi, um Spenden am Rechnungshof vorbeizulotsen.
"Die Spender, die wir haben, sind in der Regel Idealisten. Die wollen Steuersenkungen...Gaston Glock als Beispiel...(Gudenus übersetzt neuerlich ins Russische)...genau, Heidi Horten ist ein Beispiel. Rene Benko, der die ÖVP und uns zahlt...einer der größten Immobilienmakler Österreichs. Novomatic zahlt alle." - Strache spricht über angebliche Spender, die bereits Zahlungen leisten. Diese haben bereits dementiert.
"Schau, wenn sie (die russische Gesprächspartnerin, Anm.) wirklich vorher die Zeitung übernimmt...Wenn's wirklich vorher, um diese Wahl herum, zwei, drei Wochen vorher...die Chance gibt, über diese Zeitung uns zu pushen...brauch ma gor ned reden...dann passiert ein Effekt, den die anderen ja nicht kriegen...also schau, wenn das Medium zwei, drei Wochen vor der Wahl, dieses Medium, auf einmal uns pusht...dann hast Du Recht...dann machen wir nicht 27, dann machen wir 34 (Prozent, Anm.)" - Strache zu etwaiger Einflussnahme auf die "Kronen Zeitung"
"Schau, schau, sobald sie (die russische Gesprächspartnerin, Anm.) die Kronen Zeitung übernimmt...sobald das der Fall ist, müssen wir ganz offen reden...Da müssen wir uns zusammenhocken, müssen sagen: So, da gibt es bei uns in der Krone, zack, zack, zack, drei, vier Leute, die müssen gepusht werden. Drei, vier Leute, die müssen abserviert werden. Und wir holen gleich noch mal fünf neue rein, die ma aufbauen. Und das ist der Deal." - Und die Sicherung von mehr Einfluss auf die größte österreichische Tageszeitung.
"Schau, und dann sind wir genau beim Thema Strabag, Autobahnen. Du, das Erste in einer Regierungsbeteiligung, was ich heute zusagen kann, ist: Der Haselsteiner (Hans Peter, Anm.) kriegt keine Aufträge mehr. So, dann haben wir ein Riesenvolumen an infrastrukturellen Veränderungen. Wenn da eine Qualität da ist und ein qualitativer Anbieter da ist...bin ich der Erste, der sagt...dann sag' ich ihr, dann soll sie nämlich eine Firma wie die Strabag gründen, weil alle staatlichen Aufträge, die jetzt die Strabag kriegt, kriegt sie dann." - Strache über die Strabag und die mögliche Auftragsvergabe unter seinem Regierungseinfluss.