U-Ausschuss: Schlagabtausch wegen eines Inserats des Alois Mock Instituts
Aus einer Minute können schon mal zehn werden – zumindest dann, wenn es um eine Videosequenz auf der Terrasse der Ibiza-Villa geht: Zehn Minuten benötigten Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl und Vorsitzende Doris Bures, um einen einminütigen Ausschnitt zu sichten und zu entscheiden, ob man den Ausschnitt tatsächlich im Ausschuss – und damit auch den Journalisten – zeigen kann.
Letztendlich kommt das Duo zum Schluss: Die Sequenz wird abgespielt. Der Erkenntnisgewinn ist allerdings überschaubar, denn gut hörbar sind nur Wortfetzen von Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus, als sie über Geldflüsse an parteinahe Vereine reden. „Ich wollte probeweise nur mal zeigen, wie das mit dem Video so ist“, erklärte SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer.
Ähnlich der Verlauf der Befragung von Nationalpräsident und Ausschussvorsitzendem Wolfgang Sobotka: Ja, es ist eine Premiere, dass der Vorsitzende selbst unter Wahrheitspflicht aussagen muss. Doch das Ergebnis ist weniger spannend, als im Vorfeld erwartet wurde: endlose Befragungsrallyes mit reichlich Redundanz dominieren das Geschehen im überhitzten Ausschuss-Saal (die Klima-Anlage ist defekt).
Dabei ist die Liste von Vorwürfen an Sobotka lang:
Das von Sobotka gegründete Alois Mock-Institut habe vom Glücksspielkonzern Novomatic zwischen 2017 und 2019 Inserate im Wert von rund 14.000 Euro erhalten. Sobotka bezeichnet das Mock-Institut als bürgerlichen Think-Tank, der „nichts mit der ÖVP zu tun hat“.
Zwei Veranstaltungen seien in Kooperation des Instituts mit Novomatic absolviert worden. Zu den beiden Events steuerte Novomatic den Veranstaltungsort und das Buffet bei.
Dazu kommen zwei Treffen Sobotkas mit Novomatic-Gründer Johann Graf.
All das mache Sobotka als Vorsitzenden eines U-Ausschusses, der problematische Beziehungen zwischen Politik und Firmen untersuchen soll, befangen.
Kein direkter Geldfluss
Sobotka, bekannt für seine emotionalen Ausbrüche, gab sich im U-Ausschuss demonstrativ gelassen.
Gegen Ende der Befragung gelingt Jan Krainer (SPÖ) ein Treffer. Sobotka gibt sich unwissend, wo genau sich das Büro des von ihm gegründeten Mock-Instituts befindet. „Gleich neben der Parteizentrale der ÖVP-Niederösterreich“, hilft ihm Krainer. Um diese Dinge habe er sich nicht gekümmert, antwort Sobotka, er kenne auch eine frühere Adresse des Instituts nicht, weil man dort nie getagt habe. „Nachdem wir nicht allzu viel Geld hatten, hatten wir anfangs ein kleines Büro“, sagt Sobotka. Krainer: „Bis vor Kurzem gab es eine Durchwahl der Telefonnummer der ÖVP-Niederösterreich.“
Dann hält Krainer Sobotka eine Marketingseite in der Zeitung des niederösterreichischen Arbeitnehmerbundes (NÖ-AAB) vor, wo Sobotka Landesobmann war. Auf diesem Eigeninserat, das die Vorteile für neue ÖAAB-Mitglieder auflistet, ist ein Hinweis auf eine Veranstaltung des Mock-Instituts zu finden. Mehr nicht.
Ohne Not gibt Sobotka zu, dass es Inserate des Mock-Instituts in der Parteizeitung des NÖ-AAB gab. Ungesetzlich ist das alles allerdings nicht. Trotzdem glaubt Krainer, den rauchenden Colt gefunden zu haben – immerhin sagt Sobotka, das Alois Mock-Institut sei parteiunabhängig.
„Herr Krainer, auch wenn Sie die Theatralik gut beherrschen: Es gibt keinen direkten Geldfluss, sondern eine Leistung in Form von Inseraten“, kontert Sobotka. Es sei da immer um bescheidene Summen gegangen.
Krainer: „Geständnis“
„Dieses Geständnis ist mehr, als wir uns erhofft haben“, zieht Krainer Bilanz. Wobei der SPÖ-Abgeordnete nach der Befragung zugibt, dass die SPÖ solche Inserate in der NÖAAB-Zeitung nicht gefunden habe. Sobotka stellt nach seiner Aussage vor den Abgeordneten nochmals fest: „Beim NÖ-AAB ist nie Geld eingegangen, sondern nur im niederösterreichischen Pressverein.“ Zur Erklärung: Der Pressverein ist ein Zeitungsverlag, der für zahlreiche ÖVP-Organisationen Publikationen herausgibt.
Während seiner Befragung wechselt Sobotka häufig von der Rolle des Zeugen in die des Ausschuss-Vorsitzenden: Immer wieder erklärt er Fragen der Abgeordneten für nicht zulässig, weil sie nicht dem Untersuchungsgegenstand entsprächen. Nicht gefallen lässt sich das Bures und belehrt Sobotka: „Der Verfahrensrichter und ich sagen, ob eine Frage zulässig ist. Wenn Sie Vorsitzender sind, können Sie das tun.“ Sobotka kontert: „Manche fürchten sich wegen unterstellender Fragen vor dem Ausschuss, aber ich halte das aus.“