Politik/Inland

Terroranschlag in Wien: Bürgerinitiative bereitet Amtshaftungsklage vor

Wegen Pannen rund um das Attentat von Wien gibt es nun die ersten rechtlichen Schritte: Die Bürgerinitiative "Wir im Ersten" bereitet eine Amtshaftungsklage vor, gab deren Gründer und Rechtsanwalt Karl Newole am Freitag bekannt.

"Anhaltspunkte für eine Haftung des Staates im Rahmen der sogenannten Amtshaftung gibt es genug. Bei pflichtgemäßem Handeln wäre das Attentat wohl verhinderbar gewesen", sagt der Rechtsanwalt. Newole war übrigens Kabinettsmitglied des früheren SPÖ-Innenminister Karl Blecha (1983 bis 1989), der wegen der Lucona- und der Norica-Affäre zurückgetreten ist. 

Bei der Bürgerinitiative hätten sich bereits einige Geschädigte erkundigt, sagt Newole. Das seien Hinterbliebene der Opfer, Verletzte und jene, die in der Terrornacht am Montag Sachschäden erlitten haben. 

"Unter Amtshaftung versteht man die Haftung für Schäden, die Staatsorgane in Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeit durch ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten oder Unterlassen verursachen", erklärt er. In Frage kämen laut dem Rechtsanwalt etwa Geldersatz für Begräbniskosten, Trauer- und Schockschäden, Unterhalt für Hinterbliebene, Schmerzensgeld für Verletzte, Entschädigung für Invalidität, Verdienstentgang oder Sachschäden.

Sollte es ein Gerichtsverfahren rund um die Terrornacht geben, werde die rechtliche Verantwortung von Staatsorganen - möglicherweise bis zur Ministereben - geklärt werden, so Newole. 

Keine Info zu Munitionskauf

Innenminister Karl Nehammer war in den vergangenen Tagen unter Druck geraten, als bekannt wurde, dass der spätere Attentäter Kujtim F. versucht hat, in Slowakei Munition für eine AK-47 zu kaufen. Die slowakischen Behörden waren dazu mit den österreichischen in Kontakt - der Verfassungsschutz hat diese Information aber nicht an die Justiz weitergegeben.

Der versuchte Wafffenkauf wäre, so bestätigen führende Juristen des Landes, ein Grund gewesen, Kujtim F. in U-Haft zu nehmen. Er war wegen seiner Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung bereits einmal verurteilt und auf Bewährung (siehe Bericht unten)

Uni-Professor sieht Chancen

"Es scheint alles für eine Amtshaftung zu sprechen", sagte bereits am Donnerstag der Salzburger Universitätsprofessor Andreas Kletecka zur Presse: Das BVT hätte wegen "Gefahr im Verzug" sofort handeln und die Justiz informieren müssen. 

Kinder der vier Todesopfer könnten Unterhalt vom Staat einklagen, auch ein Ersatz für Schockschäden sei denkbar. Eine Abgeltung für die gewöhnliche Trauer wäre nur möglich, wenn man dem Staat grob fahrlässiges Handeln vorwerfen könne - wofür aus Sicht Kleteckas einiges spreche.

Die 23 Verletzten könnten neben Behandlungskosten Schmerzensgeld und Verunstaltungsentschädigung einfordern. Kann jemand wegen des Attentats nicht arbeiten, müsste ihm - bei einer Verurteilung des Staats - der Verdienstentgang ersetzt werden.

Seine Ansicht, dass Amtshaftung gegeben sein könnte, begründete der Salzburger Schadenersatzexperte mit zwei älteren Urteilen des Obersten Gerichtshofs (OGH). In einem Fall (aus 2001) hatte die Polizei eine Anzeige gegen einen gewalttätigen Mann, der dann seine Frau tötete, nicht an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet.

Im zweiten Fall (1989) hatte die Polizei die StA nicht über einen versuchten Waffenkauf einer Frau informiert, die ihren Geliebten schon mehrfach bedroht hatte, sollte er sie verlassen. Sie führte das Verbrechen mit einer anderen Waffe aus, der Mann überlebte mit schweren Dauerfolgen - und das löse Amtshaftung aus, erklärte der OGH damals.