Politik/Inland

Stronach und Strache: Zwei vom gleichen Schlag?

Eine Partei, die bei Wahlen antritt, aber nicht in den Landtag will, die kann man nicht ernst nehmen!“

Wer die niederösterreichische FPÖ-Frontfrau Barbara Rosenkranz in diesen Tagen nach dem Team Stronach frägt, bekommt eine scharfe Antwort: Die machen keine ernst zu nehmende Politik, mit denen ist kein Staat zu machen.

So scharf wie die wahlkämpfende Niederösterreicherin distanzieren sich im Lager der Blauen mittlerweile nur wenige von Stronach, im Gegenteil: Am Wochenende riet Martin Graf, Dritter Nationalratspräsident, den Kärntner Freiheitlichen unverhohlen zu einer Koalition mit der Partei des Austro-Kanadiers. Das offizielle Wording der FPÖ lautet nun: Wir sprechen bei Koalitionsverhandlungen natürlich mit allen – also auch mit Stronach.

Heinz-Christian Strache im Porträt:

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Es kann kein Zufall sein, dass von eben dort de facto die gleichen Botschaften kommen. „Ich kann mir mit jeder Partei eine Zusammenarbeit vorstellen – auch mit FPÖ und FPK, wenn sie unsere Werte akzeptieren“, sagt Stronachs Klubobmann im Parlament, Robert Lugar.

Distanz klingt anders, die Frage ist nur: Könnten die beiden wirklich miteinander – und was unterscheidet sie?

Die da oben

Was Programm und kolportierte Werte anbelangt, sind die Freiheitlichen und der milliardenschwere Quereinsteiger tatsächlich in vielen Belangen einer Meinung.

FPÖ wie Stronach definieren sich über den Protest gegen das etablierte, großkoalitionäre System“, sagt Wahlkampf-Experte Thomas Hofer. „Wir sind keine klassische Partei, wir sind gegen ,Die-da-oben‘, gehört bei beiden zu den ganz zentralen Botschaften.“ Dem nicht genug, eint Stronach und die Blauen eine konsequente EU- und Euro-Skepsis. „Beim Topthema Europäische Union gibt es eine große Überschneidung, nämlich: Der Austritt aus dem Euro muss prinzipiell möglich sein“, sagt Politikwissenschafter Peter Filzmaier.

Und als sei das noch nicht genug, erinnere Stronach viele FPÖ-Wähler an den frühen Jörg Haider der 1990er-Jahre, meint Thomas Hofer: „Auch Haider wollte keine Partei, sondern eine Bewegung anführen; auch Haider wollte die staatliche Verwaltung, konkret die Sozialversicherungen, zeitlebens verkleinern; und auch Haider hat sich als Außenseiter verstanden, der gegen die Parteibuchwirtschaft kämpft.“

Frank Stronach im Porträt:

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Programm und Werte sind also kompatibel. Was das Personal anlangt könnten die Differenzen ebenfalls größer sein. Von Obmann Robert Lugar abwärts haben die Mitglieder des Stronach-Parlamentsklubs (Erich Tadler, Elisabeth Kaufmann-Bruckberger, Christoph Hagen etc.) selbst ihre politischen Wurzeln bei der FPÖ.

Rechter Rand

Und so bleibt vorerst als wohl größter Unterschied die Distanz zu allzu rechten Botschaften: Als der KURIER vergangene Woche zweifelhafte Kontakte des Tiroler Stronach-Teams zu einer rechtsradikalen Homepage thematisierte, entschied man in Stronachs Lager vergleichsweise schnell, die Parteifreunde loszuwerden – in der FPÖ sind rechtsrechte Verhaltensauffälligkeiten hingegen eher selten Grund für flotte Parteiausschlüsse.

Was also sollen sie tun, die beiden Parteien, die sich so fremd nicht sind? „Für die FPÖ-Wähler ist Stronach eine populistische Alternative. Insofern tut Strache gut daran, ihn nicht zu aggressiv zu attackieren. Damit würde er auch potenzielle Wähler angreifen“, sagt Politik-Berater Hofer.

Und Stronach? „Für ihn“, sagt Politikwissenschaftler Filzmaier, „ist die Sache ziemlich heikel.“

Der Grund: „Stronach lebt davon, dass er anders ist als die etablierten Politiker – und daher sollte er sich nicht zu sehr auf Koalitionsspekulationen einlassen.“

Leitsätze der FPÖ


Ein Auszug:

– Die Familie (...) ist die natürliche Keimzelle für eine funktionierende Gesellschaft.

Österreich hat sein Staatsgebiet mit allen Mitteln zu schützen...

– Ein Verbund freier Völker und selbstbestimmter Vaterländer ist Grundlage unserer Europapolitik.

Grundsätze Team Stronach


Ein Auszug:

– Die Familie ist Keimzelle unserer Gesellschaft.

– Wir wollen eine eigenständige, effiziente Landesverteidigung...

– Wir stehen für ein starkes Europa selbstbestimmter Staaten, um dauerhaften Frieden in Europa abzusichern.

Für viele Bürger sind neue Parteien vor allem ein Hoffnungssignal. Noch nie gab es so viele, die auf der Suche nach einem besseren Angebot verzweifelt am Wählermarkt flanieren.

Für Glücksritter und Polit-Desperados sind sie oft der letzte Rettungsring. Sobald es um Posten und Mandate geht, wimmelt es dort vor Parteigängern aller Lager, die sich bisher unter ihrem Wert gewürdigt wähnen – und Wackelkandidaten aller Mandatslisten, die mit einem Parteiwechsel ihren Sessel zu retten suchen.

So schaffte es Frank Stronach quasi über Nacht, mit einem halben Dutzend Abgeordneten samt privilegiertem Klubstatus im Hohen Haus zu sitzen, ohne noch eine einzige Wählerstimme erhalten zu haben. Fünf Überläufer kamen von den welken Orangen, die glauben, so ein todsicheres Mandat für weitere fünf Jahre zu kassieren. Das Gros hatte davor als blaue Hoffnungsträger gedient.

Haiders BZÖ ist ab Herbst wohl Geschichte. Frank Stronach und Heinz-Christian Strache sind einander schon vor der Wahl näher, als ihnen jetzt lieb sein kann. Stronach fischt nicht nur beim Personal, sondern auch beim Programm im blau-orangen Teich. Schließlich buhlen beide um die gleichen Protestwähler (siehe S. 3).

Islamophobe Töne à la „Pummerin statt Muezzin“ waren aber bisher allein aus dem blauen Eck zu hören. Der KURIER hatte vergangene Woche erstmals berichtet, dass Frank Stronachs Tirol-Team von seiner blauen Vergangenheit schlagartig eingeholt wird: Franks lokaler Statthalter als Betreiber einer Hetz-Homepage im Visier des Verfassungsschutzes. In den ersten Tagen gab es das Übliche: Maulen und Mauern.

Montagabend ließ Stronach den rechten Sumpf in seinem Tirol-Team per Vielfach-Rücktritt radikal trockenlegen. Hut ab, Herr Stronach: Das ist hierzulande noch immer keine Selbstverständlichkeit.