Staatsanwälte bremsen Kanzler bei seiner Justiz-Offensive ein
In der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft säßen Staatsanwälte mit roter Schlagseite, die gezielt gegen ÖVP-Politiker vorgingen.
Das behauptete Bundeskanzler Sebastian Kurz bei einem Hintergrundgespräch, das nicht für die Öffentlichkeit gedacht war, vor zwei Wochen. Als die Aussagen am Mittwoch dann doch publik werden, löst das eine Welle der Empörung aus – zugleich eine Welle der Solidarität für die Korruptionsjäger.
Die Standesvertretung der Staatsanwälte schickt dem ÖVP-Kanzler einen offenen Brief, kritisiert die „pauschalen Unterstellungen“ als „Angriff auf den Rechtsstaat“ und fordert ein Gespräch. Die Richterschaft warnt, dass das „zum Verlust des Vertrauens der Bevölkerung in den Rechtsstaat“ führen könne.
„Ministerin ist kompetent“
Kurz, Zadic und Edtstadler laden die Standesvertreter nun zur „Allgemeinen Aussprache“ ins Kanzleramt, Montag, 10 Uhr, um „Defizite und Verbesserungspotenziale“, „aktuelle Themen und Stärkung der Korruptionsbekämpfung“ zu besprechen.
Die Offensive sorgt für Irritation – auf allen Seiten. Die Neos interpretieren die Einladung als „einen neuen Versuch des Kanzlers, die Justiz unter seine Kontrolle zu bringen“. Kurz würde die zuständige Justizministerin „düpieren“. Von der SPÖ heißt es, Kurz solle „nicht bevormundend einschreiten“ und lieber „die Justizministerin arbeiten lassen“. Die FPÖ ortet eine „Flucht nach vorne von jemandem, der ertappt worden ist“.
Ähnlich sieht man es offenbar bei der Vereinigung der Staatsanwälte. Ihre Präsidentin Cornelia Koller will der Einladung zwar nachkommen, sie stellt aber klar: „Unsere fachliche Ansprechperson ist die Justizministerin. Sie ist kompetent, die richtigen Maßnahmen zu treffen.“ Der Kanzler sei indes dafür zuständig, das Vertrauen wiederherzustellen und ein angemessenes Budget für die Justiz zu sichern.
Zadić bewegt sich irgendwo dazwischen: Sie sagt, als der Kanzler am Mittwochabend an sie herangetreten ist, sei eine „Aussprache“ vereinbart worden.
Es sei ihr aber ein Anliegen, bei der Aussprache „die im Regierungsprogramm vereinbarten Punkte im Detail zu besprechen“. „Mehr als bereit“ sei die Ministerin zudem, mit dem Kanzler über eine bessere finanzielle Ausstattung der Justiz zu beraten.
Zur „finanziellen Ausstattung“ ist Kurz gesprächsbereit, bei der Einladung wiederholt er aber seine Kritikpunkte: Es brauche Verbesserungen etwa bei der Verfahrensdauer, sodass „Unschuldigen nicht zu lange etwas Unrechtes vorgeworfen wird, wodurch sie berufliche Nachteile haben“.
Zum Hintergrund: Kurz hatte die Art und Weise kritisiert, wie in der Casinos-Causa gegen Ex-Finanzminister Hartwig Löger ermittelt wird.
Er betont zudem, es dürfe „im sensiblen Bereich der WKStA keine parteipolitischen Besetzungen“ geben.
WKStA wehrt sich
Die WKStA reagiert am Donnerstag schriftlich auf die publik gewordene Attacke des Kanzlers: „Die WKStA entzieht sich keiner sachlichen Kritik“, heißt es in einer Aussendung, „wir verwehren uns jedoch gegen unsubstantiierte (unbegründete, Anm. d. Red.), öffentliche Spekulationen, die den Vorwurf der Verletzung des Amtsgeheimnisses und den Anschein parteipolitischen Handelns (das letztlich sogar jenem des Amtsmissbrauchs zumindest nahekommt) in den Raum stellen, und weisen diese entschieden zurück“.