Reaktionen auf Türkis-Grün: "Riesenschritt für Klimaschutz"
Bis 2040 soll Österreich klimaneutral werden. Und, so formulierte es Werner Kogler bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Sebastian Kurz zum neuen Regierungsprogramm, "CO2 wird etwas kosten". Ob damit eine CO2-Steuer gemeint ist, wie von Umwelt-NGOs immer wieder gefordert, bleibt zwar offen. Allein das Ziel der Klimaneutralität selbst ist aber Anlass genug für Greenpeace, WWF und Co. für geradezu euphorische Jubelmeldungen.
"Eine ökologische Trendwende" sei mit dem vorgelegten Regierungsprogramm möglich, heißt es da etwa vom WWF. Die Klimaneutralität bis 2040 sei ein "Meilenstein". Global 2000 spricht von einem "ambitionierten Ziel". Die Chance für eine Trendwende müsse jetzt genutzt werden.
Weniger positiv fällt naturgemäß das Urteil des politischen Mitbewerbs aus. "Auf den ersten Blick scheint Österreich eine türkise Regierung zu bekommen, denn die grünen Ziele muss man im Regierungsprogramm lange suchen", kritisiert SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. "Von Armut bedrohte Kinder haben kaum etwas von den türkis-grünen Plänen zum Familienbonus, während Besserverdiener profitieren." Die SPÖ werde das Regierungsprogramm nun einer genauen Detailprüfung unterziehen. Schon jetzt sei aber erkennbar, dass in dem vorliegenden Programm die soziale Handschrift weitestgehend fehlt, so Rendi-Wagner.
Asylkoordination enttäuscht über "Altlasten"
Die Asylkoordination Österreich hat in Sachen Asyl kein gutes Haar am türkis-grünen Regierungsprogramm gelassen. Dieses beinhalte in diesem Bereich "zu viele Altlasten der Strache-Kickl-FPÖ", hieß es in einer Aussendung am Donnerstag. Die Tendenzen zur Isolation von Asylwerbern werde fortgesetzt.
Nicht nur, dass die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU), umgesetzt werden soll, finde sich im Koalitionsabkommen auch der Plan zur Schaffung eines "grenznahen Asylantragsverfahrens im Binnen-Grenzkontrollbereich", betonte Lukas Gahleitner-Gertz, Sprecher der asylkoordination österreich. Ein solches bedeute offenbar, dass Asylwerber aus den Ballungszentren in grenznahe Sammellager ohne Zugang für die Zivilgesellschaft gebracht werden sollen. Eine "große Enttäuschung" sei jedenfalls, dass es den Grünen nicht gelungen sei, das Ende der unabhängigen Rechtsberatung zu stoppen. Dagegen werde man aber "mit allen juristischen und politischen Mitteln" zu Felde ziehen.
Die FPÖ sieht vor allem die "Machtkonzentration bei den Nachrichtendiensten" besorgniserregend. Anders als unter Türkis-Blau sei keine Verschränkung der Regierungsparteien durch ein Staatssekretariat vorgesehen, kritisierte Norbert Hofer. Der FP-Parteichef forderte zudem eine Entschuldigung der Grünen. Schließlich hätten diese ihn für zahlreiche Maßnahmen die die Grünen jetzt mittragen würden, scharf kritisiert. Hofer nannte als Beispiel etwa das Kopftuchverbot oder die Sicherungshaft.
Dass diese nun tatsächlich kommt, fand am Donnerstag auch Herbert Kickl einigermaßen amüsant. Der FP-Klubobmann erinnerte daran, dass die ÖVP diese wichtige Forderung koalitionsintern sabotiert und die Grünen aus der Opposition heraus dagegen geschossen hätten. "Die künftige Justizministerin Zadic – damals noch in der Pilz-Liste – hat mir sogar vorgeworfen, ich würde den Rechtsstaat und die Verfassung gefährden." Die FPÖ stehen jedenfalls für eine "wirkungsvolle Sicherungshaft zur Verfügung".
NEOS orten "türkis-blaues Erbe"
Die NEOS haben sich am Donnerstag vor allem an der kolportierten Präventivhaft und der angekündigten Wiedereinführung der Generalsekretäre gestoßen. Diese Punkte seien besonders bedenklich und ein "türkis-blaues Erbe", erklärte der stellvertretende Klubobmann Niki Scherak.
Mit dem nächsten Anlauf für eine Präventivhaft setzte die künftige Regierung den "rechtspopulistische Kurs" fort, so Scherak. Und die Wiedereinführung der "umstrittenen" Generalsekretäre zeige "wenig Einsicht in alte Fehler". Zudem kritisierte Scherak, dass sich die ÖVP in den Bereichen Bildung und Integration die Führung gesichert habe. Dort sei "dringend" eine Kurskorrektur notwendig.
Gleichzeitig appellierte Scherak an Bundespräsident Alexander Van der Bellen, ÖVP-Obmann Sebastian Kurz und Grünen-Chef Werner Kogler zu Transparenz und Rechtsstaatlichkeit zu mahnen. "Dass ausgerechnet eine Regierung, die auf Transparenz setzen will, derart intransparente Verhandlungen führt, ist bezeichnend", so Scherak.