Politik/Inland

Sobotka: "Illegale Migration ist unsere größte Geißel"

Ein "unmenschliches Verbrechen“ nennt Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka den Terroranschlag der Hamas am 7.Oktober auf Israel. „Der Antisemitismus war nie weg, aber hat sich in den letzten Jahren manifestiert“, so der ÖVP-Politiker in der ORF-Pressestunde. Der Antisemitismus gehöre in vielen islamischen Ländern zur Staatsräson, deshalb müsse Österreich umso achtsamer und wachsamer bei Migranten aus diesen Ländern sein. 

"Anti-Judaismus hat eine lange Tradition“, so Sobotka. "Er ist kein Phänomen der Ränder der Gesellschaft, sondern kommt aus der Mitte der Gesellschaft.“

Österreich verfüge über eines der stärksten Gesetze gegen Wiederbetätigung. Hoffnung sollte machen, dass "umso gebildeter die Menschen sind, desto geringer ist der Antisemitismus“. Dies würden Studienergebnisse besagen.

Österreich zeige klare Haltung, so Sobotka auf das Video von Robert Habeck angesprochen, ad personam auch und dezidiert  durch Kanzler Karl Nehammer.

Darauf angesprochen, ob Demonstrationen in Österreich, die pro Palästina sind, verboten werden sollen, gibt der Nationalratspräsident keine klare Antwort.

"Die Hamas nimmt die eigene Bevölkerung in Geiselhaft“, schickt Sobotka voraus. Das Demonstrationsrecht sei ein hohes Gut, das Wiederbetätigungsgesetz sei streng, das geplante Gesetz zur härteren Bestrafung bei der Schändung von staatlichen Symbolen wie Fahnen.

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"Krass ausgeweitet“ habe sich der Antisemitismus, der früher „am rechten Rand“ verortet wurde, durch Migration. Sobotka will ein "klares Commitment, dass sich die Menschen an unsere Regeln halten“. Bildung sei das erste Mittel der Wahl, um Antisemitismus vorzubeugen, betont Sobotka mehrfach.

Dem Vorstoß des steirischen Landeshauptmanns, Christopher Drexler, kann er insofern etwas abgewinnen: "Wir können keine kurzfristige Antwort geben, sondern eine langfristige Haltung.“

Österreich brauche ein "klares, scharfes Auge“, die Polizei leiste in Bezug auf den Schutz jüdischer Einrichtungen und jüdischen Lebens besondere Arbeit – von der muslimischen Gemeinde erwartet sich Sobotka besonderes Engagement und Wachsamkeit.

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Eine "klare, europäische Haltung“ wünscht sich Sobotka innerhalb der EU, was die illegale Migration betrifft, "der auch Taten folgen müssen“. Es nütze nichts, wenn man sage, "man hat importierten Antisemitismus und andererseits, es braucht weitere Fluchtkorridore  (aus dem Gazastreifen, Anm.). Aus seiner Sicht dürfe nicht wieder wie im Jahr 2015 eine „Refugees-Welcome“-Stimmung entstehen.  "Die irreguläre, illegale Migration ist unsere größte Geißel.“

Die Menschen würden dutzende Länder passieren, ehe sie zu uns kommen. "Was Abschiebungen betrifft, brauchen wir Abkommen“, so Sobotka, der damit die Haltung von ÖVP-Innenminister Gerhard Karner und ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg wiederholt.

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Wie es Wolfgang Sobotka mit der FPÖ hält, will er erst "persönlich nicht sagen. Wir sollten jetzt kein politisches Kleingeld wechseln“. Die ÖVP habe drei Koalitionen mit der FPÖ und drei mit der SPÖ.

Warum er, Sobotka, keine Kritik an der FPÖ-Regierungsbeteiligung in Niederösterreich übt, aber an FPÖ-Chef Herbert Kickl, argumentiert er mit dessen Vergangenheit als Innenminister. "Kickl hat den Staatsschutz zerstört. Er ist für uns kein verlässlicher Partner.“

Sobotka will, dass „Plattformen als Online-Medien deklariert werden“, um Fake-News vorzubeugen – gerade, weil Künstliche Intelligenz es dem Einzelnen möglich mache, Videos und Bilder täuschend echt nachzumachen. Ein Online-Medium verfüge über einen Herausgeber und einen Chefredakteur und könne im Fall der Fälle zur Rechenschaft gezogen werden. Insbesondere die Konzerne (Big Five) müssten ebenfalls Regeln unterworfen werden, andernfalls werde der demokratische Diskurs à la longue gefährdet.

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Sobotka will, dass sich Österreich im Umgang mit Medien, Urteilen und Vorverurteilungen ein Beispiel an den nordischen Ländern nimmt. Er kritisiert die „seitenweisen Vorverurteilungen“ – wie das Bespiel von "Dr. Pilnacek“ gezeigt habe - und die nach seinem Dafürhalten nicht in Relation stehenden Freisprüche, die immer klein wiedergegeben würden.

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Dass er als Nationalratspräsident polarisiert, das negiert Sobotka nicht. Er frage sich täglich nach der Verhältnismäßigkeit seines Tuns, berufe sich jeden Tag auf die Gesetze.

Er als Person sei durch seinen Vorsitz im U-Ausschuss großer Kritik ausgesetzt gewesen, das Image habe darunter gelitten. Politik dürfe nicht mit dem Gerichtssaal verwechselt werden, sagt Sobotka. Die Stimmung bei den U-Ausschüssen sei "permanent mit Anzeigen vergiftet“. Auch deshalb befürworte er eine Reform der U-Ausschüsse.

Reform des U-Ausschuss': Rotation beim Vorsitz

Wolfgang Sobotka, dessen Vorsitzführung scharf kritisiert wurde, kann sich ein „Rotationsprinzip“ vorstellen. Am Beispiel der Bundesrepublik Deutschland ersehe man, dass der U-Ausschuss auch schneller und effizienter gestaltet sein kann. "Der U-Ausschuss ist die schärfste und stärkste Waffe der Opposition.“

Nehammer "grundehrlich", Sobotka glaubt nicht an Kurz' Comeback

Den ÖVP-Bundesparteiobmann und Kanzler Karl Nehammer empfindet Sobotka als "grundehrlichen Menschen. Ich bewerte die Arbeit als sehr gut.“ Er kümmere sich „mit Einsatz und hat den Willen, sich Österreich nicht schlecht reden zu lassen“. Deshalb befürwortet Sobotka auch die Kampagne „Glaub an Österreich“. Sie verweise auf Österreich als Land, das in internationalen Rankings immer Top-Positionen erreiche. Es gehe darum, Angst zu nehmen. Und darum, dass die Politik nicht alles verantworten könne, sondern es auch um Eigenverantwortung gehe.

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Für politisches Campaigning hält der Nationalratspräsident das Burger-Video von Nehammer, da es im Sommer entstand und im Herbst publik wurde. „Wir müssen damit leben.“ Auch das sei eine Frage von Social Media. „Er hat das partout nicht so gemeint. 56 Prozent glauben, dass sich Menschen kein warmes Mitttagessen leisten können“ – das stimme aber nicht. Die Kaufkraft sei gestiegen, so Sobotka, der auf aktuelle Daten verweist.

Dass Nehammers Vorgänger Sebastian Kurz in die Politik zurückkehren wird, das schließt Sobotka aus. „Wir haben vitalen, guten Bundeskanzler.“

Sobotka selbst schließt aus, bei der kommenden Bundespräsidentenwahl anzutreten. Ob er nächstes Jahr für den Nationalrat kandidieren werde, auf einer Liste stehe oder eben nicht, beantwortet er so: „Ich bin fit.“ Er beschäftige sich nicht mit kommendem Jahr, die ÖVP-Liste sei noch nicht fertig gestellt, auch nicht für die EU-Wahl.

Es gebe „viele Felder“, die ihn interessieren. Er sei auch Orchesterleiter und Historiker. „Es wird mir nicht langweilig.“