Nach Abschiebung: Aufregung um Fotos von georgischer Schule
Von Michael Hammerl
Im Fall der nach Georgien abgeschobenen Familie sorgt nun ein Bericht im Standard in sozialen Medien für Aufregung. Die Tageszeitung schrieb, dass die zwölfjährige Tina nun in eine "augenscheinlich heruntergekommene Dorfschule" gehen müsse. Vor ihrer Rückführung wurde das Mädchen im ersten Wiener Gemeindebezirk unterrichtet, im Realgymnasium Stubenbastei.
Zur Untermauerung der Feststellung, dass die neue Schule heruntergekommen sei, veröffentlichte der Standard Fotos, die diese Beschreibung zumindest nicht widerlegen. Zugespielt worden seien die Fotos der Zeitung von Anwalt Wilfried Embacher, der die Familie im Asylverfahren vertreten hatte. Dieser habe sie wiederum von der Familie selbst erhalten - und zwar von Tinas Großmutter, die an der Schule unterrichtet.
Bereits Dienstagabend wurden Zweifel an der Authentizität der Bilder laut. Ein Verdacht: Sie könnten nachbearbeitet worden sein - dazu später mehr. Ein weiterer: Es handelt sich tatsächlich nicht um Tinas Schule, sondern um ein Nebengebäude in der Gartenanlage. Zumindest ist das einem Posting der georgischen Botschafterin in Wien, Keti Tsikhelashvili, zu entnehmen. Sie beschreibt darin auch, dass sich im georgischen Schulwesen in den vergangenen Jahren viel getan habe und die Fotos die Realität verzerren würden. Zum Beleg postete Tsikhelashvili ihrerseits Fotos der Schule, die ein dreistöckiges Gebäude mit sauberen Gängen zeigen.
Aber handelt es sich dabei tatsächlich um Tinas neue Schule? Der KURIER hat die georgische Botschaft um Stellungnahme gebeten. Diese blieb bisher unbeantwortet, doch Embachers Büro bestätigte gegenüber dem KURIER: Es handelt sich bei dem von Tsikhelashvili gezeigten Gebäude um Tinas Schule.
Irreführend: Ist nur Hinterseite der Schule
Und um ein Gebäude in der Gartenanlage? Ein Videospaziergang von Tina, der dem KURIER zugespielt wurde, zeigt erstens, dass das Foto offensichtlich nicht nachbearbeitet wurde. Bei besagter Aufnahme handelt es sich um die Hinterseite eines zusammenhängenden Gebäudekomplexes. Ob und in welcher Form der hintere Teil in Verwendung ist, blieb unklar. Außer Frage steht, dass die hässlichsten Außenansichten des Gebäudes dem Anwalt übermittelt wurden und die Aufnahmen in Summe irreführend sind.
Der KURIER hat sich dagegen entschieden, das gesamte Gebäude zu zeigen, da sich damit Tinas Aufenthaltsort womöglich identifizieren lassen würde.
Ob in diesem Teil des Komplexes etwa unterrichtet wird, blieb also ebenso offen. Definitiv authentisch sei das Foto eines Klassenzimmers, das ebenfalls zuvor der Standard veröffentlicht hatte, heißt es von Embachers Seite. Dieses sei in Betrieb, dort werde unterrichtet - behauptet die georgische Familie. Insgesamt würden 50 Kinder die Schule besuchen. Nachteil für Tina: Laut Embacher beherrscht sie die georgische Schrift nicht, muss diese von Grund auf erlernen.
Die georgischen Behörden würden "massiven Druck" auf die Familie ausüben, hieß es jedenfalls aus dem Büro Embacher. Die Familie habe Angst, traue sich derzeit nicht mehr außer Haus.
Georgisches Sozialministerium meldet sich zu Wort
Erst Mittwochfrüh hat Georgien angesichts des österreichischen Abschiebungsstreits seinen Willen zur Aufnahme zurückgeschobener Bürger unterstrichen. "Reintegration" sei eine "Priorität der georgischen Regierung", teilte der Leiter der Flüchtlingsabteilung im Sozialministerium, Dawit Kaikazischwili, der APA auf Anfrage mit.
So gebe es in den Schulen etwa Bildungsprogramme, "die für nicht Georgisch Sprechende maßgeschneidert sind", sagte er in Anspielung auf die Wiener Gymnasiastin Tina. "Die Reintegration von zurückgewiesenen Migranten ist eine der Prioritäten der georgischen Regierung", betonte Kaikazischwili in der Stellungnahme.