Politik/Inland

Lockerungen bis auf Widerruf: Schulen und Handel dürfen wieder öffnen

In einer Woche ist es soweit. Am Montag, 8.2., soll es eine erste "sanften Lockerung" nach dem dritten Lockdown, der am 26. Dezember begonnen hat, geben.

Ab Montag werden Volksschüler wieder in den Schulen unterrichtet. Unterstufen- und Oberstufenschüler werden in einem Schichtbetrieb unterrichtet. Am Unterricht kann nur teilnehmen, wer sich regelmäßig testen lässt. 

Der heimische Handel kann ebenfalls ab Montag wieder öffnen, sofern pro Kunde 20 Quadratmeter zur Verfügung stehen und Kunden eine FFP2-Maske tragen.

Mit einem Eintritts-Test, also einem Covid-Test der nicht älter als 48 Stunden ist, darf ab Montag jeder wieder zum Friseur, zur Kosmetikerin oder dem Masseur. 

Galerien, Museen und Tiergärten öffnen ab kommenden Montag ebenfalls wieder ihre Pforten.

Wer sich nicht an den 2 Meter Abstand zum Nächsten hält (es sei denn, er lebt im selben Haushalt) oder keine FFP2-Maske trägt, der muss mit empfindlicheren Strafen rechnen. Derzeit muss bei Zuwiderhandeln mit einem Organstrafmandat von 25 Euro gerechnet werden.

Am 15. Februar wird die Regierung erneut beraten - über weitere Öffnungsschritte, sofern die Infektionslage es gebietet. Wenn nicht, werde es wieder zu Verschärfungen kommen müssen.

Man habe sich auf eine "gemeinsame Vorgehensweise geeinigt", wiewohl die Ausgangslage keine einfache sei, sagt Bundeskanzler Sebastian Kurz. 

Die gute Nachricht sei, Österreich liegt bei den 7-Tages-Inzidenzen im besten Drittel der EU-Staaten. Die schlechte Nachricht sei, dass die Virusmutationen diesen Vorsprung zunichte machen. "Es ist nur möglich, behutsame Öffnungsschritte zu setzen", so Kurz. "Der sicherste Weg aus epidemiologischer Sicht wäre, den Lockdown aufrecht zu erhalten."

Denn, die aktuellen Zahlen sprechen eigentlich gegen eine Öffnung. Die Regierung wollte auf höchstens 700 Neuinfektionen pro Tag, steht aber heute mit 1.124 knapp beim Doppelten.

Britisches Virus: Schon 40 Prozent der Covid-Infektionen in Wien

Der Vertreter der Wissenschaft, Oswald Wagner von der Universität Wien, gibt zu Bedenken, dass der Anteil der britischen Variante vor einer Woche noch zwischen 10 und 20 Prozent lag, in der Bundeshauptstadt Wien an diesem Wochenende schon bei 40 Prozent. Zudem besteht die Gefahr, dass die Virusmutationen eine erneute Ansteckung möglich machen.

In Südafrika und Brasilien grassieren derzeit, so Wagner, hoch infektiöse Virusvarianten. Daher spricht er sich sogar für ein Reiseverbot in diese Regionen aus. 

Körpernahe Dienstleistungen: "Lieber mit Test - als gar nicht aufsperren"

"Die Schule ist eine Herausforderung", so Kurz, "weil es eine Million Menschen betrifft, die wieder unterwegs sind". Körpernahe Dienstleister dürfen nur wieder arbeiten, sofern Kunden einen 48 Stunden alten Covid-Test beibringen. "Wer keine Maske trägt, bei einer Demonstration fremde Menschen anspuckt, der muss mit Strafen rechnen", so Kurz weiter. "Bei einer Gefährdung anderer Menschen gibt es keine Toleranz."

Wohnzimmer-Tests für Bevölkerung geplant

An der Idee der Wohnzimmer-Tests werde festgehalten. Die flapsig genannten "Nasenbohrer-Tests", die in den Schulen verwendet werden, sollen alsbald niederschwellig auch in der Bevölkerung angeboten werden können, sobald selbige vorrätig sind.

Nächster Tag der Entscheidung: 15. Februar

"Wir können froh sein, wenn sich die Zahl der Infektionen nicht verschlimmern", denn es handle sich vorerst noch um eine stabile Seitwärtsbewegung. "Wenn wir gleich bleiben oder nur langsam steigen, dann können wir zufrieden sein." Bei einer 7-Tages-Inzidenz von 200 müssten indes die "die Alarm-Glocken schrillen". Zum Vergleich: Im Bundesland Salzburg liegt die 7-Tages-Inzidenz derzeit in diesem Bereich (172). 

Am 15. Februar wird über weitere Öffnungsschritte entschieden, so der Regierungschef. Sollte sich die Situation verschlechtern, so werde dem gemäß auch über Verschärfungen beraten werden müssen. Mit einer "nicht unwesentlichen Wahrheit" schließt Kurz: "Ob die eine oder andere Branche offen oder zu ist, das hat natürlich Auswirkungen. Doch viel entscheidender ist: Wie verhält sich jeder einzelne privat?" Es mutet gleichsam wie eine Lockerung des Lockdowns auf Widerruf an.

Ob es einen weiteren Lockdown geben wird, wird Sebastian Kurz gen Ende gefragt. "Es ist im Moment unmöglich, Prognosen abzugeben", sagt Kurz. "Weder Experten noch wir in der Regierung können prognostizieren, wie die kommenden Wochen sein werden. Diese Öffnungsschritte per se werden nicht das Problem sein. Im Handel werden Sie sich mit FFP2-Masken nicht anstecken. Wenn Sie sich mit vielen Menschen zu Hause treffen, wird es ein hohes Infektionsrisiko geben." Portugal und Irland seien beispielgebend, wie schnell die Zahlen in die Höhe schnellen können. 

Anschobers Ziel: "Eine Million Geimpfte bis Ostern"

Nach Bundeskanzler Sebastian Kurz ist Gesundheitsminister Rudolf Anschober am Wort. Bis Ostern will Anschober zwei Millionen Dosen verimpft haben. Das heißt, dass eine Million Menschen in Österreich geimpft sein werde können,  so die Lieferungen - wie avisiert - vorhanden sind.

Für Wiens Bürgermeister Michael Ludwig habe man ein "gutes Mittelmaß" gefunden. Vor allem, was das Tragen von FFP2-Masken betrifft und die Öffnung der Schulen betrifft. 

Ludwig erinnert an die jüngst erschienen Studien, die die psychischen Belastungen der Jugend darlegen.  "Wir sind ein Staat, neun Bundesländer, über 2.000 Gemeinden - und wir haben eine freundschaftliche Zusammenarbeit gefunden", so Steiermarks-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, der zur Zeit der Landeshauptleute-Konferenz vorsteht.

"Was wir tun, das ist ein Ritt über die Rasierklinge", so Schützenhöfer. "Es ist ein vorsichtiger Weg in die Normalität des Lebens, wenn sich alle an die Regeln halten." Sein Appell gehe an alle, die "sich bisher nichts gepfiffen" haben. 

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