Arbeitslosigkeit: Rendi-Wagner und Kurz im Empathiewettstreit
Von Daniela Kittner
Es ist Wahlkampf in Wien, und wohl auch deswegen macht die SPÖ die Situation auf dem Arbeitsmarkt zum Thema einer Sondersitzung des Nationalrats.
Angriffsziel ist Kanzler Sebastian Kurz, an den SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner eine Dringliche Anfrage richtet.
Und bald wird klar, wie der Kanzler die Attacken abzufangen gedenkt – nicht mit Gegenattacken, sondern mit Umarmen, Rechtgeben und Kapern des Themas für sich selbst.
Und so gerät die Nationalratssitzung zu einem Empathiewettlauf.
Ein Auszug:
Rendi-Wagner begründet die Sondersitzung so: „Die Situation am Arbeitsmarkt spitzt sich zu, und die Bundesregierung schaut zu oder weg.“
Kurz beginnt seine Antwort mit ausdrücklichem Dank an die SPÖ, dass sie Arbeitslosigkeit zum Thema einer Sondersitzung mache, denn die Situation auf dem Arbeitsmarkt sei „tatsächlich zentrales Anliegen der Bundesregierung“.
Rendi-Wagner spricht von einer „verlorenen Generation“ an Jugendlichen, denen in der Krise der Berufseinstieg verwehrt ist. Sie fordert die Regierung auf, „Tag und Nacht zu arbeiten“, und „nicht nur Pressekonferenzen abzuhalten“.
Rendi: Verwalten reicht nicht
Kurz antwortet: „Sie haben vollkommen Recht, Frau Klubobfrau, es ist entscheidend, dass die Jugendlichen auch in der Krise in den Arbeitsmarkt vermittelt werden können.“ Die Ministerinnen Aschbacher und Schramböck hätten dafür über den Sommer das System des Lehrlingsbonus entwickelt.
Rendi-Wagner vermisst „Weitsicht“, zum Beispiel, über eine Vier-Tage-Woche zu diskutieren oder ein Paket für neue Arbeitsplätze zu schaffen: „Arbeitslosigkeit kann man nicht verwalten, die muss man bekämpfen.“ Die Regierung dürfe niemanden zurücklassen.
Kurz antwortet, noch die Hälfte der 50 Milliarden Corona-Hilfe, also noch rund 25 Milliarden, stünden für die zweite Hälfte des Jahres zur Krisenbekämpfung bereit.
Darüber hinaus verweist Kurz auf die Arbeitsstiftung in Höhe von 700 Millionen. Sie soll dazu dienen, dass arbeitslose Menschen, die keine Chance auf Rückkehr in ihren Beruf haben, umgeschult werden.
Kurz sagt, das AMS bekomme 350 Mitarbeiter mehr, um besser vermitteln zu können. Außerdem würden Steuern gesenkt, um den Konsum zu stützen. Es gebe 360 Euro zusätzlich pro Kind und 150 Euro zusätzlich für Arbeitslose – was ebenfalls die Nachfrage stütze.
Der Chef der SPÖ-Gewerkschafter, Rainer Wimmer, greift den Kanzler persönlich an: „Sie haben keine Ahnung, wie es Menschen geht, die den Arbeitsplatz verlieren. Sie haben in Ihrem ganzen Leben keine einzige Stunde in einem Betrieb gearbeitet. Die Arbeitslosen sind Ihnen egal.“
Das lässt Kurz nicht auf sich sitzen, er meldet sich erneut von der Regierungsbank zu Wort: „Was glauben Sie denn, woran wir die ganze Zeit arbeiten? Sie können sagen, dass ich noch nie etwas gearbeitet habe. Aber eines ist mir schon wichtig, was mich ein Stück weit emotionalisiert: Die Arbeitslosigkeit meines Vaters, als er mit 50 nicht wusste, ob er je wieder einen Job bekommen würde, war eine der prägendsten Phasen in meiner Jugend. Ich bin dankbar für jede Familie, der wir eine solche Phase ersparen können. Das ist das, was mich derzeit zeitlich am meisten beansprucht.“
Angriff von Kickl
FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl greift seinen türkisen Ex-Koalitionspartner frontal an: „Kurz ist der Sammler und Schredderer von Spenden von Großindustriellen. Er macht Millionen locker, wenn in Griechenland ein paar Asylwerbende ihr Lager abfackeln. Das ist ein einziges Im-Stich-Lassen der österreichischen Bevölkerung.“ Kickl an die Adresse von Kurz: „Ich würde mir wünschen, dass am Ende Sie Ihre Arbeit verlieren, nämlich die als Regierungschef.“
Neos-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger hält der Regierung vor: „Corona war ein Stresstest für die Leadership der Bundesregierung, und Sie sind durchgefallen. Schaffen Sie endlich Planbarkeit! Die Corona-Ampel ist ein Basar. Und man weiß nie, was der Bundeskanzler in zwei Tagen in der nächsten Pressekonferenz sagen wird.“
Zwischen ÖVP und Grünen hat sich der Streit der letzten Tage entschärft. Ein Antrag der Neos, Flüchtlinge aus Moria aufzunehmen, wird von den Grünen nicht unterstützt. Argument: Er hätte auch mit grüner Unterstützung keine Mehrheit, weil ihn ÖVP und FPÖ ablehnen.