Kopftuchverbot in der Volksschule kommt als einfaches Gesetz
Es wird nichts mit einem Kopftuchverbot im Verfassungsrang. Auch im dritten Anlauf haben SPÖ und Neos der Regierungskoalition am Mittwoch die nötige Zweidrittelmehrheit im Unterrichtsausschuss versagt. Kommen wird das Kopftuchverbot in Volksschulen trotzdem – als einfaches Gesetz.
Genau genommen geht es im Gesetz nicht nur um das islamische Kopftuch, sondern um jegliche „weltanschaulich oder religiös geprägter Bekleidung, mit der eine Verhüllung des Hauptes verbunden ist“. Bei Verstößen soll zuerst das Gespräch mit den Eltern gesucht werden, im Wiederholungsfall drohen Geldstrafen von bis zu 440 Euro.
Das betrifft also auch den sogenannten Patka, den die Buben bei den aus Indien stammenden Sikh tragen, bevor sie einen Turban bekommen. Allerdings wird schon in der Begründung des Gesetzesantrags deutlich, dass es um den Islam geht.
Kindeswohl vs. Religionsfreiheit
Die Koalition argumentiert ihren Vorstoß mit dem Kindeswohl - das Recht auf Religionsfreiheit überwiege. Das Kopftuch stehe "der sozialen Integration von Kindern gemäß den lokalen Gebräuchen und Sitten, der Wahrung der verfassungsrechtlichen Grundwerte und Bildungsziele der Bundesverfassung sowie der Gleichstellung von Mann und Frau" entgegen. Soll heißen: Durch ein Kopftuch würde ein Mädchen zur Außenseiterin und zudem auf eine bestimmte Geschlechterrolle reduziert.
„Das Verbot des Kopftuchs in der Schule ist ein entscheidender Schritt zur besseren Integration und zur Verminderung von Diskriminierungen. Wir sorgen damit dafür, dass die Integrationschancen von jungen Mädchen steigen“, so ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer.
Unter der österreichischen Bevölkerung findet ein Kopftuchverbot für Kinder bis zum Ende des Volksschulalters (10 Jahre) eine breite Zustimmung. Und auch SPÖ und Neos sind nicht wirklich dagegen. Sie fordern nur „mehr als eine Einzelmaßnahme“.
SPÖ: Der Koalition geht es nur um die Schlagzeile
SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid erklärte: "Es braucht weit mehr: Es geht um Integration, Sprachförderung, ganztägige Schulangebote, um Ressourcenausstattung mit mehr Lehrern, mehr Sozialpädagogen." Daher müsste zuerst die Streichung der Mittel für den Integrationstopf zurückgenommen werden. Der Regierung gehe es jedoch weder um die Kinder noch um Integration, "sondern nur um die Schlagzeile". Auch die Neos fordern ein Maßnahmenpaket. Dabei können sie sich sogar ein Kopftuchverbot bis 14 Jahre vorstellen, also bis zur Erreichung der Religionsmündigkeit.
Dürfte vor VfGH und EGMR halten
Durch die Weigerung der Opposition bleibt die Hoffnung von Bildungsminister Heinz Faßmann auf einen "parteiübergreifenden Konsens“ unerfüllt. Damit wird das Gesetz wohl einfachgesetzlich beschlossen – und ziemlich sicher beim Verfassungsgerichtshof landen.
Erst am Dienstag hat der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ), Ümit Vural, angekündigt, „alle rechtlichen Mittel auszuschöpfen, um dieses destruktive und desintegrative Gesetz zu Fall zu bringen“. Das Kopftuch stehe „als integraler Teil der Glaubenspraxis unter dem Schutz der Religionsfreiheit“. Ein Verbot sei daher „ein ausschließlich Musliminnen diskriminierendes Gesetz“.
Verfassungsrechtlich dürfte das Gesetz allerdings halten. Zum einen gibt es eine entsprechende Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), das ähnliche Bestimmungen in Frankreich oder der Schweiz bestätigt hat. Zum andern gibt es auch bereits eine entsprechende Gesetzgebung in Österreich: Im vergangenen Herbst wurde per 15a-Vereinbarung ein Kopftuchverbot im Kindergarten beschlossen.