Koglers Rat an Sobotka: Auf Vorsitz im U-Ausschuss verzichten
Von Daniela Kittner
Vizekanzler Werner Kogler ließ auf Puls 24 noch einmal die wilde Woche revue passieren, die am Samstag, 9. Oktober, mit dem Rücktritt von Sebastian Kurz als Bundeskanzler ihren Höhepunkt erreicht hatte.
Am Mittwoch, 6. Oktober, haben Kogler und Klubobfrau Sigrid Maurer jene 104 Seiten zu Gesicht bekommen, die die Justiz-Anordnung zur Hausdurchsuchung in Kanzleramt, Finanzministerium und ÖVP-Zentrale enthielten. Darin waren auch die bekannten Chats, unter anderem der Torpedo auf den Ausbau der Kinderbetreuung, enthalten. Kogler sagt in dem Puls24-Interview, dass für die Grünen bereits am Mittwoch am Abend nach der Lektüre festgestanden sei, dass Sebastian Kurz als Kanzler gehen müsse. Kogler: "Aus den Chats hat sich ein verheerendes Bild ergeben. Wir haben bereits am Mittwoch eine Überzeugungsentscheidung eingeleitet." Diese sei "vielleicht" bei der ÖVP nicht ganz rasch und deutlich angekommen. Daher habe es noch bis Samstag gedauert.
"Budget war Auftrag des Bundespräsidenten"
Mit den Oppositionsparteien haben die Grünen laut Kogler vor allem besprochen, ob es Mehrheiten für das Budget gibt, falls die Regierung platzt. Es sei "ein Auftrag des Bundespräsidenten" gewesen, ein Budgetprovisorium zu verhindern und ein ordentliches Budget zu beschließen. Ein Provisorium bedeutet, dass es Obergrenzen bei den Ausgaben gibt, und das könne man sich in einer Pandemie nicht leisten, habe Van der Bellen gesagt.
Die Entscheidung, dass Sebastian Kurz das Kanzleramt abgibt, sei "keinem der Beteiligten, weder den ÖVP-Landeshauptleuten noch Sebastian Kurz leicht gefallen", sagt Kogler. Das müsse man "anerkennen".
Die Alternativen
Wäre Kurz nicht zurückgetreten, hätte Kurz am Dienstag, 12. Oktober, vom Nationalrat das Misstrauen ausgesprochen bekommen. Dann hätte es zwei Szenarien gegeben: Die ÖVP-Minister wären, entgegen ihrer Ankündigung, mit Kurz zu demissionieren, doch im Amt geblieben, dann hätte es nur eines neuen Kanzlers bedurft; Wären die ÖVP-Minister wie angekündigt mit Kurz zurückgetreten, hätte der Bundespräsident eine Experten-Ministerliste parat gehabt. Kogler: "Es hätte in jedem Fall und zu jeder Zeit eine Regierung gegeben."
Kogler lässt durchblicken, dass er an den geschlossenen Abgang der ÖVP-Minister zweifelt. Schließlich hätten sie unterschrieben, dass sie nur mit Kurz in der Regierung bleiben. "Aber ich sehe sie immer noch, und ich sehe Kurz nicht mehr."
Über eine Koalition aus vier Parteien - SPÖ, FPÖ, Grüne und Neos - sei nicht gesprochen worden. "Daran war nicht gedacht."
Rat an Sobotka
Was die Zukunft betrifft, sagt Kogler. die Zusammenarbeit zwischen Grünen und Kanzler Alexander Schallenberg klappe "hervorragend". Man habe bereits "regelmäßige Arbeitsgespräche" aufgenommen.
Klar macht Kogler auch, dass die "Aufklärungsarbeit" der Grünen im ÖVP-Untersuchungsausschuss "vom Regierungsübereinkommen nicht geschmälert wird". Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka gibt Kogler den "Rat", den Vorsitz in dem neuen U-Ausschuss abzutreten. Gesetzlich steht der Vorsitz dem Nationalratspräsidenten zu, dieser kann ihn aber auch an den Zweiten oder Dritten Nationalratspräsidenten abgeben. Kolger empfiehlt dies, Sobotka würde damit "sich, der ÖVP und der Republik einen Dienst erweisen".
Ausbau der Kinderbetreuung nachholen
Den Ausbau der Kinderbetreuung, der vor vier Jahren im Zuge des Machtwechsels in der ÖVP verhindert wurde, möchte Kogler nachholen. Das Koalitionsabkommen zwischen ÖVP und Grünen lasse hier genügend Spielraum. Allerdings hält Kogler inzwischen Begleitmaßnahmen wie ein höhres Gehalt für Pädagoginnen und Pädagogen für nötig, denn "es wird der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung nicht eingelöst werden können", wenn es zuwenig Personal gebe.
Zu guter Lertzt kündigt Kogler noch an, dass die Kronzeugenregelung fortgesetzt werde. Die ÖVP hat sich zwar dagegen ausgesprochen, Kogler glaubt aber an eine Einigung mit der ÖVP. Die Grünen werden die Justiz weiter stärken und darauf achten, dass sie arbeiten kann, sagt Kogler.