Politik/Inland

Kickls Wurmmittel: Ivermectin-Schmuggel nach Österreich explodiert

Diese Bilanz des österreichischen Zolls irritiert: Bei Schwerpunktkontrollen wurden seit Jahresbeginn bei 428 Aufgriffen insgesamt 24.169 Stück Tabletten des Arzneimittels "Ivermectin" entdeckt.

Impfgegner und Verschwörungsgläubige schwören auf das Entwurmungsmittel im Kampf gegen Corona. FPÖ-Klubchef Herbert Kickl bewirbt es seit Wochen.

Die Faktenlage: Experten und auch der Hersteller warnen ausdrücklich vor einer Anwendung von Ivermectin gegen das Virus. Ebenso kam es bereits zu Vergiftungen bein Selbstversuchen, die auf der Intensivstation endeten.

Es gibt keinen wissenschaftlichen Nachweis darüber, dass das Medikament bei einer Corona-Infektion hilft. Vielmehr gibt es Warnungen davor, es gegen seine ursprüngliche Zulassung – hauptsächlich ist es ein Entwurmungsmittel für Pferde und Kühe – einzusetzen. Die Europäische Arzneimittelagentur EMA prüfte etwa Erkenntnisse aus zahlreichen Studien und kam zu dem Schluss, dass "die vorliegenden Daten die Verwendung von Ivermectin zur Behandlung von Covid-19 außerhalb klinischer Studien nicht unterstützen", heißt es auf der Website des Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG).

Zwar gibt es wenige Studien, die einen möglichen Nutzen zeigen, allerdings mit Einschränkungen. "Die Studien waren klein und wiesen zusätzliche Einschränkungen auf, wie z.B. unterschiedliche Dosierungen oder die Verwendung von weiteren Arzneimitteln." Für die gefundenen antiviralen Effekte bräuchte es zudem Dosierungen des rezeptpflichtigen Medikaments, die zu starken Nebenwirkungen führen können.

In Europa ist Ivermectin zur Behandlung von Krätzmilbe und parasitären Wurmbefällen zugelassen - nicht zur Behandlung von Covid-19.

Wirkungslos, verunreinigt, gefälscht

Vor allem seit September haben sich die Zoll-Aufgriffe illegaler Ivermectin-Sendungen gehäuft. "In den vergangenen Monaten haben wir eine regelrechte Kampagne zur Einnahme des Entwurmungsmittels Ivermectin als angebliches Covid-Heilmittel erlebt. Das hat zu einer wahren Flut an Sicherstellungen des Mittels durch den Zoll geführt. Anstatt sich gegen eine Corona-Erkrankung zu schützen, gefährden diese Menschen ihre Gesundheit", sagt Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP). 

Die geschmuggelten Medikamente würden meist aus Asien stammen. Es handle sich "oft um wirkungslose, verunreinigte oder gefälscht Präparate", so Blümel.

Das 50-fache

Gab es im ersten Halbjahr 2021 nur vereinzelt Ivermectin-Aufgriffe, so wurden demnach alleine im Oktober 7.640 Stück sichergestellt. Das sei im Vergleich zum Jänner mehr als das 50-fache. Zwischen September und Mitte November wurden insgesamt 15.844 Tabletten, die meist via Internet bestellt und auf dem Postweg verschickt wurden, vom Zoll beschlagnahmt.

Zwischen Oktober und November wurden in Österreich im EU-weiten Vergleich die zweitmeisten Ivermectin-Sendungen beschlagnahmt. Das Medikament wird unter verschiedensten Produktbezeichnungen hauptsächlich aus Singapur, Indien und Hongkong versendet. Bestimmt waren die Sendungen für Empfänger in ganz Österreich. Spitzenreiter waren Empfänger in Niederösterreich, gefolgt von Oberösterreich, Wien und der Steiermark.

Die Sendungen verstoßen gegen das Arzneiwareneinfuhrgesetzt. Wer illegal Medikamente schmuggelt, muss mit einer Geldstrafe in Höhe bis zu 7.260 Euro rechnen. Noch folgenreicher, auch tödlich, kann aber eine Einnahme der verunreinigten Präparate verlaufen.

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