Politik/Inland

Kalte Progression: Wie die Regierung 2025 zwei Milliarden Euro verteilt

Mit 2023 wurde die kalte Progression, eine schleichende Form der Steuererhöhung, in Österreich abgeschafft. Für 2025 ergibt sich daraus eine Gesamtentlastung von knapp zwei Milliarden Euro für die Steuerzahler. Zwei Drittel dieser Summe werden dafür verwendet, automatisch die Tarifgrenzen und Absetzbeträge zu erhöhen. 

Was mit dem verbleibenden Drittel, das 2025 voraussichtlich 651 Millionen Euro beträgt, geschieht, ist der Regierung überlassen. Bundeskanzler Karl Nehammer, Finanzminister Magnus Brunner (beide ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler und Sozialminister Johannes Rauch (beide Grüne) präsentierten Donnerstagfrüh die Details.

Löhne werden jährlich an die Inflation angepasst. Gleichzeitig hat Österreich ein progressives Steuersystem: Es gibt Tarifgrenzen, ab denen man jeweils höhere Lohnsteuersätze zahlen muss. Steigen diese Tarifgrenzen nicht im Ausmaß der Inflation, verdient man bei angepasstem Lohn zwar mehr, zahlt anteilsmäßig aber auch höhere Steuern als zuvor. Netto bleibt einem also, in Relation zur Teuerung, weniger Geld übrig als im Vorjahr. Die "kalte Progression" beschreibt diesen Effekt.

Wie sich die Tarifgrenzen verschieben

Die Entlastung der Steuerzahler werde von 2023 bis 2025 durch die Abschaffung der kalten Progression mehr als sieben Milliarden Euro betragen, so Nehammer. 

Wie wirkt sich das am Beispiel der Tarifstufen aus? 2022 waren Einkommen ab 11.000 Euro steuerpflichtig. Mit der Abschaffung der kalten Progression wurde diese Grenze jeweils an die Inflationsrate angepasst. 2023 waren 11.693 Euro steuerfrei, 2024 bereits 12.816 Euro. Und kommendes Jahr?

2025 sind 13.308 Euro Einkommen steuerfrei

Grundsätzlich werden alle Steuerstufen (abgesehen vom Höchststeuersatz von 55 % bei Einkommen ab einer Millionen Euro) werden um knapp 4 Prozent angehoben. Auf die Tarifstufen wirkt sich das ab 2025 folgendermaßen aus:

  • erste Tarifstufe: 13.308 Euro
  • zweite Tarifstufe: 21.617 Euro
  • dritte Tarifstufe: 35.836 Euro
  • vierte Tarifstufe: 69.166 Euro 
  • fünfte Tarifstufe: 103.072 Euro

Zudem werden die Absetzbeträge, samt der SV-Rückerstattung und des SV-Bonus, "zu 100 Prozent" an die Inflationsrate angepasst.

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Was mit dem variablen Drittel geschieht

Wie der KURIER vorab berichtete, soll das variable Drittel vor allem Leistungsträgern, Familien und Unternehmen zu gute kommen. Die Regierung setzt in diesem Zusammenhang folgende Maßnahmen:

  • Erwerbstätige Alleinerziehende mit geringem Einkommen erhalten einen Kinderzuschlag von 60 Euro pro Monat und Kind.
     
  • Die Tages- und Nächtigungsgelder werden angehoben: Tagesgelder für Inlandsdienstreisen dürfen dann bis zu 30 Euro betragen (bisher 26,40 Euro). Das Nächtigungsgeld wird von 15 auf 17 Euro angehoben. 
     
  • Das Kilometergeld für Pkw, Motorräder und Fahrräder wird mit einheitlich 50 Cent pro Kilometer festgesetzt. "Das hilft allen, die ihr privates Auto auch dienstlich nutzen", sagt Nehammer.
  • Wer mit den Öffis eine Dienstreise antritt, erhält ab 2025 einen Beförderungszuschuss von 50 Cent für die ersten 50 Kilometer.
     
  • Neuregelung beim Sachbezug für Dienstwohnungen: Die Regierung erhöht die sachbezugsfreie Wohnfläche auf 35 m². Gemeinschaftsräume sollen künftig nicht mehr jedem einzelnen Bewohner voll zugerechnet werden, sondern aliquot. 
     
  • Außerdem wird etwa die sogenannte Kleinunternehmergrenze auf 55.000 Euro (derzeit 35.000 Euro) ansteigen. Diese Grenze entscheidet darüber, ob man noch als Kleinunternehmer gilt oder der Regelbesteuerung unterliegt.

"Halten, was wir versprochen haben"

"Wir halten, was wir versprochen haben, den Menschen bis zum Ende dieser Legislaturperiode zu dienen", sagt Nehammer. Neben sozialer Gerechtigkeit brauche es auch Leistungsgerechtigkeit. Mit dem variablen Drittel "haben wir diesmal bewusst die oberen Steuerstufen entlastet, weil wir damit ein Zeichen für die Leistungsträger und für den Mittelstand setzen wollen", ergänzt Brunner.

Kogler hebt vor allem die Maßnahmen gegen Kinderarmut und für Alleinerzieherinnen hervor. "Kein Kind darf in Armut aufwachsen. Das ist eines meiner zentralen Anliegen als Sozialminister" betont auch Rauch.

Lob von Gewerkschaft, Neos-Kritik

Arbeiterkammer und ÖGB begrüßten Teile der Entlastungsmaßnahmen, etwa die Anhebung des Kilometergelds. Auch der Zuschuss für Familien mit geringem Einkommen und die stärkere Anhebung der Tarifstufen sehe man positiv, hieß es in einer Aussendung. Kritik übten sie etwa an der Anhebung der Kleinunternehmergrenze in der Umsatzsteuer auf 55.000 Euro, weil damit Selbstständige mit 55.000 Euro Betriebseinnahmen gegenüber Arbeitnehmern steuerlich bevorzugt würden. Erfreut über die Anhebung der Kleinunternehmergrenze zeigte sich hingegen die Wirtschaftskammer. WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf sah "notwendige Entlastungen für die Wirtschaft und Privatpersonen".

Kritik kam von den Neos: Die Regierung streue den Steuerzahlern Sand in die Augen, meinte Wirtschafts- und Sozialsprecher Gerald Loacker in einer Aussendung. "Die Abschaffung der Kalten Progression ist keine Entlastung, sondern nur der Verzicht auf eine Steuererhöhung. Die Steuerlast ist trotzdem auf einem Rekordhoch." Immerhin würden heuer aber die Tarifgrenzen bei allen Steuerstufen angepasst.