Rauch: "Nach der Legislaturperiode ist mein Job in der Politik getan“
Von Johanna Hager
Vor einem Jahr übernahm er die Agenden (Soziales, Gesundheit, Pflege, Konsumentenschutz) von Wolfgang Mückstein. Im Club 3 von KURIER, Kronen Zeitung und profil spricht der derzeit beliebteste grüne Minister über sein Polit-Aus, Streit-Kultur und Pflegenotstand.
Johannes Rauch über heimische Energieversorger:
"Ich sehe nicht ein, dass Energieversorgungsunternehmen sich gezwungen sehen – unter Anführungszeichen – die Preiserhöhungen, die sie über ihre Vertragskonstruktionen haben, 1:1 und in der Sekunde an die Haushalte weiterzugeben. Und ich sehe nicht ein, dass, wenn sich die Entwicklungen wieder einpendeln – wie beim Gas – die Weitergabe der positiven Effekte zeitverzögert passiert."
... über staatliche Eingriffe in die E-Wirtschaft:
"Energieversorgung ist derart essenziell, dass ich glaube, dass es eine öffentliche Verantwortung gibt, Landesenergieversorgungsunternehmen zu haben, um die Versorgung der Bevölkerung sicherstellen und damit auch auf die Preisgestaltung Einfluss nehmen zu können. Erhöhungen sollten gestaffelt weitergegeben werden."
... über teure Wohnkosten und die Mietpreisbremse:
"Man muss sich überlegen, wie man den Eingriff ins Mietrecht gestalten kann. Ich würde mich jetzt den Richtwertmieten annähern und dort die Preiserhöhung auf drei Jahre staffeln und nicht die 8 Prozent einfach einpreisen mit dem Monatsersten. Und ja, wir reden und verhandeln täglich darüber in der Koalition."
... über eine Veränderung beim Verbraucherpreisindex:
"Die Warenkörbe sind gewachsen, und man kann sich überlegen, ob diese anders gestaltet und bewertet werden sollen. Das ist eine schwierige Aufgabe."
... über Streitkultur und Gesprächsbasis in Koalition:
"Ich streite gerne für etwas und für jemanden. Also für Menschen in Not. Für eine gute Gesundheitsversorgung. Streit ist ja verpönt. Ich halte das Streiten und Ausdiskutieren von Standpunkten in einer Debattenkultur, die wertschätzend ist, aber für essenziell. Es müssen Meinungsverschiedenheiten und unterschiedliche Zugänge dargelegt und wahrnehmbar werden. Dabei kommen die produktiveren Lösungen heraus. Immer alles glattzubügeln, ohne jede Ecke und Kante sich durchzulavieren, das bringt keine guten Lösungen.
... über Regierungskollegen, mit denen er streiten kann:
"Man kann mit Arbeitsminister Martin Kocher sehr gut an einem Tisch sitzen und diskutieren. Er ist auch zugänglich für Argumente. Es ist auch mit dem Kanzler gut zu diskutieren, weil er in der Lage ist, zuzuhören. Also da würde ich jetzt nicht die Lanze oder den Stab über jemanden brechen wollen."
... über die Anwerbung von Pflegekräften im Ausland:
"Es darf nicht in eine Art Neo-Kolonialismus münden. Das wird auch auf europäischer Ebene gerade diskutiert, um die Anwerbung an EU-Standards zu knüpfen. Es muss klar sein, dass es sich um ordentliche Beschäftigungsverhältnisse handelt, die Menschen gut informiert und fair bezahlt werden. Und das alles muss auf Augenhöhe passieren."
... über den Fachkräftemangel und Arbeitsmigration:
"Die Debattenkultur über dieses Thema ist vergiftet und in einer Schwarz-Weiß-Welt verankert, in der in der Sekunde der Reflex kommt: „Zuwanderung in jedweder denkbaren Form wollen wir nicht haben und ist gefährlich.“ Das ist ein kulturelles Problem, das wir als Österreicher mittlerweile haben. Ich habe Unternehmer erlebt, die haben Jobbörsen ausgerichtet im Ausland und schildern, dass an allen anderen Ständen sich Menschen anstellen – nur nicht beim österreichischen. Wir haben inzwischen den Ruf: „Da musst du gar nicht hin, da will man dich gar nicht haben.“ Dieses Bild haben wir über die letzten 15, 20 Jahre aufgebaut."
... über sein Alter (63) und Pläne nach der nächsten Wahl:
"Nach der Legislaturperiode ist mein Job in der Politik getan. Ich höre aber nicht auf, zu arbeiten, wenn das die Frage ist. Dafür bin ich zu jung."
... über seine steigenden Beliebtheitswerte:
"Die sind so vergänglich wie Schnee in der Sonne."