Integration als "Kraftakt": Ministerin will keine zusätzliche Aufnahme
Die Integration von Geflüchteten, die Österreich seit 2015 aufgenommen hat, sei immer noch ein "gesellschaftlicher Kraftakt“, sagte ÖVP-Ministerin Susanne Raab am Donnerstag. "Österreich hat die Folgen von 2015 noch nicht überstanden“, sagt sie und warnt davor, dass die Migrationskrise schnell zur Integrationskrise werden könne.
Der Kern der Botschaft ist klar: Österreich werde auch angesichts der prekären Lage an der türkisch-griechischen Grenze und auf den griechischen Inseln keine zusätzlichen Flüchtlinge aufnehmen. Das sagten vor Raab schon Kanzler Sebastian Kurz und Innenminister Karl Nehammer.
Um den Regierungskurs zu untermauern, hatte Ministerin Raab nun einige Zahlen parat:
In Österreich hätten seit 2015 rund 200.000 Menschen um Asyl angesucht, 110.000 hätten einen positiven Asylbescheid erhalten, erläuterte die Integrationsministerin: "Das ist in der Größenordnung der Stadt Klagenfurt.“
Die Unterbringung in den Asylquartieren habe mehr als zwei Milliarden gekostet, insgesamt habe man 70.000 Deutschkurse und 100.000 Wertekurse sowie mehr als eine halbe Million Beratungen durchgeführt.
32.000 als arbeitslos gemeldet
Österreich habe zahlreiche Maßnahmen zur Integration gesetzt, auch ehrenamtlich wurde "enorm“ viel geleistet, betonte Raab. Es gebe aber weiterhin "viel zu tun“.
Aktuell befinden sich 30.000 Asylwerber in der Grundversorgung, rund 100.0000 Flüchtlinge hätten 2018 Mindestsicherung bezogen.
Eine der größten Herausforderung ist zudem die Integration der rund 32.000 als arbeitslos gemeldeten Asylsuchenden. Die Qualifikationen der Zugewanderten seien unterschiedlich, zum Teil müssten manche aber erst alphabetisiert werden, ehe eine Integration in den Arbeitsmarkt möglich sei.
Internationalen Erfahrungen zufolge brauche es ungefähr zehn Jahre bis sich die Arbeitslosenquote der Flüchtlinge jener der heimischen Bevölkerung angleicht, sagt Ministerin Raab, die zuvor einige Jahre als Spitzenbeamtin im Integrations- bzw. Außenministerium tätig war.
Nachbarländer gefordert
"Primär“ sollten Nachbarländer Schutz bieten, meinte Raab und zog für ihre Argumentation die Jugoslawienkrise der 90er-Jahre hervor. Österreich habe damals 90.000 Menschen aufgenommen.
Daher habe sich die Bundesregierung auch dazu bekannt, Griechenland zu unterstützen und die Hilfe vor Ort auszubauen, bzw. humanitäre Hilfe in Krisenregionen zu leisten. Freilich strebe man ein Folgeabkommen mit der Türkei an, „wir lassen uns aber auch nicht erpressen“, betonte die ÖVP-Ministerin.
Einer Aufnahme von Frauen und Kindern aus griechischen Lagern erteilte Raab eine Absage und verwies darauf, dass Österreich laufend Menschen nehme. Allein heuer waren es bis dato 2.600 Asylanträge, davon 1.000 Frauen und Kinder. Die Integrationsministerin erinnerte in diesem Zusammenhang an das Recht auf Familiennachzug: „Wenn Frauen und Kinder kommen, kommen auch die Männer nach.“
"Nicht die falschen Signale setzen"
Die Menschen müssten langfristig integriert werden, schließlich seien diese gekommen, „um ein Leben lang zu bleiben“. Europa dürfe nicht die Fehler von 2015 wiederholen und falsche Signale setzen, so Raab: „Wir dürfen nicht vermitteln, dass wenn man es nach Griechenland schafft, schafft man es auch nach Österreich, Deutschland oder Schweden.“ Österreich sei EU-weit nach Zypern und Luxemburg das Land mit dem höchsten Migrantenanteil, so Raab: „Jeder Vierte in Österreich hat einen Migrationshintergrund.“
Der Auftritt Raabs wurde von mehreren Aktivisten gestört, die ein Transparenz mit dem Slogan „Grenzen schließen heißt Menschen erschießen“ entrollten und dabei unter anderem skandierten: „Asyl ist Menschenrecht“ und "Ihr seid Mörder, an euren Händen klebt Blut."
Wie diese im Anschluss erklärten, waren sie Vertreter der Sozialistischen Jugend (SJ), des Verbandes Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) und der Jungen Generation der SPÖ. Die Aktion sei Teil eines Aktionstages gewesen. Vor der ÖVP-Zentrale in der Lichtenfelsgasse gab es zeitgleich eine Kundgebung.