Politik/Inland

Hofburg-Wahl: So urteilen die Experten

Wer schafft den Sprung in die Stichwahl? So knapp wie in diesem Jahr war es noch nie, sagen die Demoskopen. Noch nie zuvor hat ein Präsidentschaftswahlkampf ähnlich viele neue Fernsehformate hervorgebracht wie der laufende. Neun Tage vor der Hofburg-Wahl am 24. April ist noch gut ein Viertel der Wähler unentschlossen. Die kurzweiligen Konfrontationen lieferten da neue Entscheidungshilfen. Aber wer gewann, wer verlor bei den Duellen?

Die besten Sager der Kandidaten beim Speed-Dating finden Sie hier
Den Liveticker zum Nachlesen finden Sie hier

Für den KURIER analysierten der PR-Experte Stefan Sengl und der OGM-Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer die zehn TV-Duelle im ORF.

Norbert Hofer: Der „Wolf“, der kurz aber zielsicher biss

Alle Inhalte anzeigen

Auftreten: „Hofer hat dem Volk klug nach dem Mund geredet.“ (Bachmayer)

„Angesprochen auf seine Burschenschaft wurde er fast zickig, entging der Fragebeantwortung durch einen heftigen Konter. Sowohl gegen Hundstorfer als auch gegen Van der Bellen war der Spagat zwischen Wolf und Schafspelz spürbar.“ (Sengl)

Bester Moment: „Als er sagte: In Österreich ist nicht der Präsident Nummer eins, sondern das Volk. Das mag populistisch sein, kommt aber gut an.“ (Bachmayer)
„Er hat Hundstorfer als unauthentischen Kandidaten vorgeführt. Das kostete gleichzeitig Sympathien.“ (Sengl)

>Gesamteindruck: „Hofer hat geschickt das Register der Regierungsverdrossenheit durchlaufen lassen. Nach Griss die zweitbeste Performance.“ (Bachmayer)
Hofer schaffte es zwar, getreu seiner Linie als, freundliches Gesicht der FPÖ höflich zu bleiben. Doch er wirkte weniger entspannt als bei früheren Auftritten.“ (Sengl)

Irmgard Griss: Die Quereinsteigerin als heimliche Siegerin

Alle Inhalte anzeigen

Auftreten: „Griss wurde in jeder Runde dynamischer, obwohl sie von allen rasch angegriffen wurde. Die meisten Attacken hat sie lächelnd hingenommen. Damit war sie ,optische Siegerin’. Ihr größtes Manko, aber gleichzeitig nicht unsympathisch: Sie konzentrierte sich nicht darauf, ihre Botschaft zu vermitteln, sondern ging auf Kritik ein.“ (Sengl)

„Ihre Körpersprache war grundsätzlich aufrecht, fit und kräftig – mit einer guten Körperspannung. Das hat bei allen Auftritten sehr positiv gewirkt.“ (Bachmayer)

Bester Moment: „Als sie sagte, sie könne als Bundespräsidentin völlig frei von allen Parteien entscheiden. Das kommt gut an.“ (Bachmayer)

Gesamteindruck: „Griss hat mit ihrer Botschaft einer starken, unabhängigen Frau wiederholt punkten können. Sie war an diesem Abend für mich am überzeugendsten.“ (Bachmayer)
„Sie hatte die entspannteste Körpersprache, wirkte so, als hätte sie von allen den größten Spaß an diesen Diskussionen – im Fernsehen eine smarte Strategie.“ (Sengl)

Alexander Van der Bellen: Professor ohne Risiko und Experimente

Alle Inhalte anzeigen

Auftreten :„Van der Bellen blieb seinem Stil treu, die Debatten-Quickies waren letztlich kein Format, das seiner bedächtigen Diskussionsweise entgegenkommt. Er konnte aber in allen Duellen einen moralisch starken und emotional glaubwürdigen Punkt setzen.“ (Sengl)

„Nicht nur beim Flüchtlingsthema hat er die grüne Linie halten müssen. Ob es ihm damit gelingt, neue Wähler anzusprechen, wage ich zu bezweifeln.“ (Bachmayer)

Bester Moment: „Im Duell gegen Hundstorfer verwies er auf Kreisky – ein Anzeichen dafür, dass er gezielt im SPÖ-Lager Stimmen fischt. Gegen Hofer konnte er sich im Schlagabtausch zum Thema ,Heimat’ behaupten.“ (Sengl)

Gesamteindruck: „Insgesamt ein sehr präsidentieller Auftritt. Lächeln sah man ihn selten, hier gibt es Luft nach oben – schließlich ist Fernsehen ein Bildmedium.“(Sengl)

„Der Professor war als bisheriger Frontrunner der Umfragen offensichtlich eher darauf aus, nichts zu riskieren und nicht zu experimentieren. “ (Bachmayer)

Andreas Khol: Der Dozent, der zu wenig Emotion lieferte

Alle Inhalte anzeigen

Auftreten: „Er dozierte immer wieder langatmig und sprach vor allem mit dem Moderator, anstatt mit dem Publikum.“(Bachmayer)
Khol hat gezeigt, dass er ein guter Rhetoriker ist. Debattenerfahren und streitlustig, hat er bei jeder Wortmeldung seine ,Talking Points’ untergebracht.“ (Sengl)

Bester Moment: „Mit 50 Jahren Ehe wächst man zusammen und gehört auch zusammen. Da hat Khol kurzzeitig sogar sympathisch gewirkt.“ (Bachmayer)

Gesamteindruck: „Für mich an diesem Abend der schwächste der fünf Kandidaten.“ (Bachmayer)

„Trotz aller Eloquenz ist es ihm nicht gelungen, bei den Kurz-Duellen auch auf einer emotionalen Ebene zu punkten. Khols größtes Problem: Sein Wahlkampfleiter hat ihm die Latte hochgelegt, weil er seit Wochen argumentiert, dass die ORF-Debatten eine Wende im Wahlkampfgeschehen bringen werden. Diese Hoffnung dürfte er eher nicht erfüllt haben. (Sengl)

Rudolf Hundstorfer: Der Ex-Minister, der sich nicht wohl fühlte

Alle Inhalte anzeigen

Auftreten: „Er hat seinen alten Berufsrock, den des Sozialministers, noch immer nicht ablegen können.“ (Bachmayer)
„Bei ihm war spürbar, dass er sich in seiner Rolle noch nicht wohl fühlt. Er ist bemüht, sich staatsmännisch zu präsentieren – was zu Lasten seiner Lockerheit geht.“ (Sengl)

Bester Moment: „Als er sagte: Wenn ich lächle, schau ich ja sehr fesch aus. Das wäre die richtige Richtung gewesen.“ (Bachmayer)
„Definitiv der „Lächle“-Sager: Hier blitzte eine Spur Selbstironie heraus. So locker war er sonst selten.“ (Sengl)

Gesamteindruck: „Er hat zu wenig ausgespielt, dass er volksnah und freundlich ist. Seine Strategie, sich als erfahrener Politiker zu präsentieren, ging kaum auf. Insgesamt sehr schwach.“ (Bachmayer)

„Anstatt als jovialer Gewerkschafter die SPÖ-Basis abzuholen, versucht er präsidentiell zu wirken. Prinzipiell nicht falsch, aber er wirkte schaumgebremst. Von seinen eigenen Attacken schien er nicht überzeugt.“ (Sengl)