Politik/Inland

Ibiza-Aufdecker: "Gibt allerhand Verdachtsmomente"

Die absurden Notfallpläne von Heinz-Christian Strache und die Sporttaschen voller Geld, über die die Süddeutsche Zeitung und Spiegel am Wochenende berichteten, haben für den nächsten Höhepunkt gesorgt.

Demnach existieren "gestochen scharfe Aufnahmen mit Taschen voller Bargeld“. Hunderter- und Fünfziger-Bündel wurden im Kofferraum deponiert. Die Fotos soll der Ex-Leibwächter Straches aus Rache gemacht haben.

Doch wie überprüft man so ein Foto auf seine Authentizität? Der deutsche Aufdeckerjournalist Frederik Obermaier, der im Mai die Ibiza-Affäre aufdeckte, erklärt wie die Fotos geprüft wurden.

Alle Inhalte anzeigen

KURIER: Herr Obermaier, eine Sporttasche mit Geld in einem Kofferraum zu fotografieren, lässt sich leicht arrangieren. Wie können Sie sicher sein, dass diese Fotos nicht manipuliert sind?

Frederik Obermaier: Deswegen hat die Überprüfung auch etwas gedauert. Wir wollten uns absolut sicher sein. Wir engagierten zwei Gutachter. Jedes Foto speichert die Aufnahmeinformationen ab. Das sind die sogenannten EXIF-Daten. Hier lassen sich Aufnahmeort, Datum, Uhrzeit, mit welchem Handytyp wurde das Foto gemacht, ablesen. Diese Daten kann man zwar manipulieren, aber das hinterlässt in der Regel Spuren. Deswegen ließen wir das prüfen.

Wie kommen Sie zum Schluss, dass die Sporttasche Strache gehört?

Bei der Tasche erkannte man charakteristische rote Streifen und den Taschentyp. Es handelt sich um die Schweizer Bally-Taschen. Dann haben wir nach Fotos von Strache mit Taschen gesucht. Da sind wir im ORF-Archiv auf Videomaterial gestoßen, wo Strache mit genau diesem Taschen-Modell zu sehen ist. Das ist kein Beleg, aber ein weiteres Indiz in einer langen Indizienkette.

Und wie können Sie sicher sein, dass das Geld in Straches Auto fotografiert wurde?

Wir haben Experten gefragt, um welchen Autotyp es sich hier handelt. Sie sagten uns, dass am Foto der Kofferraum eines BMW X6 zu sehen ist. Strache wurde zu der fraglichen Zeit in diesem Zeitraum in einem Auto diesen Typs chauffiert. Auch die Polsterung des Autos passt, soweit wir das überprüfen konnten, zu Straches Dienstauto. Wir konfrontierten auch die Anwälte von Strache und dem Bodyguard. Das ist Verdachtsberichterstattung. Die Indizien zeichnen jedenfalls das Bild von Vorgängen, für die sich die Behörden interessieren dürften.

Strache arbeitet weiter an seiner Opferrolle. Leben die Populisten wie Strache oder Donald Trump in einer eigenen Welt?

Ich weiß nicht, ob es wirklich Realitätsverweigerung ist. Daheim im stillen Kämmerchen wissen Strache und Donald Trump vielleicht sehr wohl, was da passiert ist. Sie wollen es in der Öffentlichkeit womöglich nur überspielen und gehen mit einer sehr scharfen Rhetorik gegen jene vor, die brisante Vorgänge recherchieren, die sie betreffen. Deswegen müssen wir Journalisten um die Glaubwürdigkeit kämpfen und transparent unsere Recherchemethoden und den langen Prüfprozess offen legen.

Das Ibiza-Video war moralisch verwerflich. Die Spesen-Causa ist auch strafrechtlich sehr brisant. Hätten Sie im Mai mit so einem Domino-Effekt gerechnet?

Dass ein Politiker stundenlang sitzen bleibt, wenn es um Korruption und Geld aus dubiosen Quellen geht, ist schon bemerkenswert. Jetzt ist es Sache der Behörden, zu prüfen, was davon strafrechtlich relevant ist. Mich würde es nicht wundern, wenn die Ermittler Herrn Strache zu einem Gespräch bitten. Das wäre sicherlich kein einfaches Gespräch. Verdachtsmomente gibt es ja allerhand.