Politik/Inland

"Genossen bei der Justiz": Jarolim wehrt sich mit offenem Brief

In einem offenen Brief an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gibt der frühere Justizsprecher der SPÖ, Hannes Jarolim, eine ausführliche Stellungnahme zum so genannten "Lansky-Papier" ab - jenes Papier aus dem Jahr 1997, das zeigt, wie die SPÖ überlegte, ihren Einfluss in der Justiz auszuweiten.

Bei dem Papier handelt es sich um eine Aktennotiz der Kanzlei des Wiener Anwalts Gabriel Lansky, auch Jarolim ist genannt. Zum Ursprung erklärt der frühere SPÖ-Mandatar nun Folgendes: Im Sommer 1997 habe Lansky einer größeren Anzahl an Gästen aus verschiedenen Bereichen der Gesellschaft seine Kanzlei vorgestellt.

Im Nachhinein sei offenbar von Mitarbeitern der Kanzlei ein "Protokoll" erstellt und an mehrere Personen übermittelt worden. "Das Papier war mir davor nicht bekannt und dessen Inhalt wurde auch in keiner Weise von mir oder sonst wem freigegeben oder bestätigt", schreibt Jarolim.

"PR-Aktion" der Kanzlei

Darin wurden Personen als "Gäste" bezeichnet, die nachweislich nicht dabei gewesen seien - etwa die jetzige Chefin der Staatsanwaltschaft Wien, Maria-Luise Nittel. Jarolim vermutet dahinter eine "PR-Aktion" der Kanzlei, die damit "ihre 'Vernetzung' auf besondere Weise bewerben wollte".

Das Papier sorgte schon 2011, als es erstmals auftauchte, für Wirbel - und war auch Gegenstand von parlamentarischen Diskussionen.

Am Freitag tauchte das Papier wieder auf, Jarolim wurde als damals Anwesender in der ZIB 1 am Sonntag befragt. Ein unglücklicher Auftritt, würde er wohl rückblickend sagen.

Der Ex-SPÖ-Mandatar erklärte, dass die ÖVP damals "eine sehr durchgehende Strategie" gehabt habe, "ihre Leute in der Justiz unterzubringen - dem war entgegenzutreten". Es sei darum gegangen, eine "Ausgeglichenheit in der Ausbildung" zu bekommen.

Diese Sager wurden von vielen Medien als Geständnis interpretiert. Und die ÖVP fühlte sich in ihrer Kritik, dass es in der Justiz rote Netzwerke gebe, bestätigt.

Diesen Vorwurf hatte Kanzler Kurz ja bei einem Hintergrundgespräch vor Journalisten geäußert. Als das publik wurde, gab es einen Sturm der Entrüstung. Nicht nur das 1997er-Papier, sondern auch Jarolims Erklärung dazu spielten der ÖVP in der anschließenden Debatte freilich in die Hände.

"Ärgernis über Personalpolitik der ÖVP"

Und so zog Kanzler Kurz auch am Montag in der ZIB 2 das vermeintliche Jarolim-Geständnis hervor. Jarolim, derzeit Anwalt, dürfte nun der Kragen geplatzt sein.

In seinem offenen Brief aus seiner Anwaltskanzlei schreibt er, dass seine Ausführungen am Sonntag in der ZIB 1 verkürzt wiedergegeben worden seien.

Er habe in seinem Interview erklärt, wie es zu der Aktennotiz kam, und vom "Ärgernis über die rücksichtslose Personalpolitik der ÖVP berichtet". Es sei damals "selbst der Justiz" nicht gelungen, "sich dieser Einflussnahme durch Ihre (Kurz; Anm.) Partei zu entziehen", so Jarolim.

"Daher sollten auch Andersdenkende aufgefordert werden, sich zur Ausbildung zum Richter/Staatsanwalt zu melden." Und: "Die Justiz darf kein Spielball der ÖVP sein." Damit erklärt Jarolim, wie es zu der vielzitierten Passage in der Aktennotiz kam, dass "Genossinnen und Genossen" ermutigt werden sollten, in den Richterdienst zu gehen.

Was aber offen bleibt, ist, was mit dem Satz "Die Löwelstraße (Parteizentrale der SPÖ; Anm.) sollte als Zentrale für die Weiterleitung von Infos dienen" gemeint war.

Jarolim ersucht Kurz jedenfalls, die "wahrheitswidrige" Unterstellung zu unterlassen, dass er, Jarolim, einen Einfluss auf die Justiz zugegeben habe.