Politik/Inland

FPÖ will eine "Festung der Freiheit" bauen, Kickl "ein guter Familienvater" sein

Im Wiener Palmenhaus skizziert die FPÖ über eineinhalb Stunden lang ihr Wahlprogramm, wie aus Österreich eine "Insel der Seligen, mehr noch eine Insel der Glücklichen" werden soll, wie FPÖ-Chef Herbert Kickl eingangs sagt. 

Das 114 Seiten umfassende Wahlprogramm "Festung Österreich, Festung der Freiheit", dessen "Architekt und Bauherr" FPÖ-Klubdirektor Norbert Nemeth ist, lege das "Menschen- und Gesellschaftsbild" dar, für das die Freiheitlichen einstehen, so Kickl. 

Anders als sonst ist nicht "Volkskanzler" auf der Rückwand des Podiums zu lesen, sondern schemenhaft das Parlament zu sehen, davor sitzen Nemeth, Kickl, die FPÖ-Mandatarinnen Dagmar Belakowitsch, Susanne Fürst und Arnold Schiefer (Ex-ÖBB-Finanzvorstand, kandidiert auf NR-Liste), um der FPÖ gleichsam eine Erzählung zu geben - für die Zukunft und als Versprechen für die Wähler.

Die FPÖ will, wird Fürst später sagen, Dietrich Mateschitz' Wunsch nachkommen, nach einem "Österreich, in dem es mehr Ideen als Verbote gibt, mehr Chancen statt Bewunderung" für andere. Doch ehe es soweit ist, spricht Kickl knapp eine halbe Stunde lang über sein Österreich-, Welt- und Menschenbild, das auf vier Grundprinzipien basiere wie die "Festung Österreich": 

  • Individualität (gemeint u.a.. Maß an Selbstbestimmung von Corona über direkte Demokratie bis hin zu freier Meinungsäußerung)
  • Souveränität (u.a. weniger Kompetenzen der EU, WHO, EZB; Neutralität, eigene Energieressourcen nutzen)
  • Homogenität (u.a. "Remigration uneingeladener Fremder", Recht auch Leistungsorientierte Bildung")
  • Solidarität (u.a. "Respekt für ältere Generation, "traditionelles Familienbild verteidigen"

Über alldem steht der Begriff der "Freiheit", den alle am Podium nicht müde werden zu betonen und anhand ihrer Spezialgebiete zu deklinieren. An der Freiheit lasse sich alles ableiten und definieren. "Ohne Freiheit ist alles nichts", sagt Kickl. Und: "Freiheit ist die Seele des Programms". 

Die Festung sei gleich einer Heimat "ein Ort, an dem man sich nicht erklären muss", Kickl selbst setzt die "Einheimischen in Stadt und Land" einer "Familie Österreich" gleich, er selbst will "wie ein guter Familienvater sein". 

An diesem freiheitlichen Festungsort werde es "keine neuen Steuern geben", würden Menschen selbst bestimmt leben können - von klein auf bis ins hohe Alter. Kickl, Fürst, Belakowitsch, Schiefer und Nemeth führen hernach taxativ aus, was konkret darunter zu verstehen ist. 

"Zuwanderung muss nutzen und nicht schaden"

In punkto Asyl heißt dies beispielsweise: "Zuwanderung muss nutzen und nicht schaden." Es gelte, die "Remigration" voranzutreiben, den "Import des Islamismus" zu unterbinden und das Asylrecht grundlegend zu reformieren. Geht es nach der FPÖ, sollte es in Österreich de facto gar keinen Asylantrag geben, weil die Menschen über sichere Drittstaaten einreisen. Sozialhilfe sollte Österreichern vorbehalten und Asyl auf drei Jahre zeitlich begrenzt sein, so die blaue Idee.

"Die Party ist vorbei"

Um den Wirtschaftsstandort Österreich wettbewerbsfähig zu halten, werde es, das betont Schiefer erneut, "keine neuen Steuern geben. Wir werden das Geld anderswo finden." Alle Indikatoren würden auf schwaches Wachstum bis 2025 hinweisen, Brüssel habe signalisiert, "dass die Party vorbei ist und wir so etwas wie Stabilitätskriterien haben", diese zu erreichen sei allerdings auch ohne Einsparungen möglich. Vorerst. Denn das Wirtschaftsprogramm der FPÖ verstehe sich als "Rahmen einer vier- bis fünfjährige Phase".  Nebst dem Steuerversprechen gelte es die "Kapitalflucht" von Unternehmen und die "Überbürokratisierung" zu stoppen, das Wohlstandsniveau zu erhalten.

Gelingen soll das u.a., wie bereits berichtet, durch die Senkung von Körperschafts- und Kapitalertragssteuer und eine Entlastung bei Steuern auf nicht entnommene Gewinne. "Wir brauchen einen sorgsamen Umgang mit Steuergeld", so Schiefer, "und vielleicht auch eine Strukturreform" - und zwar im System selbst. Für Jungfamilien sollten Wohnkredite leichter möglich werden, für Lehrlinge eine Prämie (5.000 Euro) und für Menschen ab 60 Jahren ein Altersbonus eingeführt werden. 

"Wo war der Aufschrei?"

Das Milliardendefizit sei der türkis-grünen Regierung zuzuschreiben, sagt Schiefer. Bei dieser habe niemand gefragt, wie die Refinanzierung aussehen könnte. "Wo war da der Aufschrei?" Ziel der FPÖ sei langfristig ein Nulldefizit.

Nicht mit Kritik an der Regierung spart auch Klubdirektor Nemeth, der selbige an der Zahl der Volksbegehren festmacht und sich damit gleichzeitig für direkte Demokratie stark macht. Laut Nemeth habe es in der Zweiten Republik rund 100 Volksbegehren gegeben, die letzten 50 in der türkis-grünen Bundesregierung. Dies zeuge von "einer hohen Unzufriedenheit". 

Geht es nach ihm und den FPÖ-Vorstellungen in punkto direkter Demokratie, soll es der Bevölkerung möglich sein, "völlig unfähige Regierungen abzuwählen". Zudem soll es zu einer Liberalisierung der Postenvergabe im öffentlichen Dienst kommen und Gesetze mit einer Ablaufzeit versehen werden. 

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Die Frage nach "roten Linien" bei etwaigen Koalitionsgesprächen beantwortet Kickl mit einer Frage. "Warum ist das Land in dem desaströsen Zustand", diese Frage gelte es der ÖVP zu stellen. Er sieht die Politik "entkoppelt vom Souverän" - dies gelte es zu verändern. Mit "Systemwechsel" meint der FPÖ-Chef auf Nachfrage "die Hinwendung der Politik zur Bevölkerung, dem Souverän".