Politik/Inland

Regierung einigt sich: Finanzminister Magnus Brunner als EU-Kommissar nominiert

Bei der Eröffnung der Salzburger Festspiele sitzen sie in einer Reihe, gleichsam neben einander - EU-Kommissar Johannes "Gio" Hahn - und ÖVP-Finanzminister Magnus Brunner. Nun soll der Vorarlberger Brunner Hahn nach Brüssel folgen. Darauf hat sich die türkis-grüne Koalition knapp zwei Monate nach der EU-Wahl (9. Juni 2024) endlich geeinigt. 

Endlich deshalb, weil die Kandidaten-Kür teils zum unwürdigen Schauspiel gereichte und offenbarte, wie tief die Gräben zwischen den Koalitionspartnern - ÖVP und Grünen - gen Ende der Legislaturperiode sind. Zeit gegeben hat die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bis Ende August. Sie wollte auch einen Zweiervorschlag mit einem Mann und einer Frau, doch daraus wird nun nichts. 

"Die Nominierung von Magnus Brunner ist ein klares Bekenntnis für Österreichs Engagement in Europa und für ein starkes Europa mit nachhaltigem Wachstum", so Kanzler Karl Nehammer in einer entsprechenden Aussendung. Brunner kenne die Herausforderungen auf europäischer Ebene und werde sicherstellen, "dass sowohl österreichische Interessen als auch europäische Werte in der Kommission gleichermaßen vertreten sind“.

Auch der grüne Vizekanzler Werner Kogler  lobt den Finanzminister. Er sei in "Europa anerkannt, über die Grenzen Österreichs hinweg gut vernetzt und bringt mehrere Kompetenzen mit." In den vergangenen Jahren hätten die Grünen und er "sehr konstruktiv zusammengearbeitet und so auch vieles für Österreich weitergebracht." 

Und der Nominierte selbst lässt wissen, er fühle sich "sehr geehrt". Für Brunner muss es  "oberstes Ziel der neuen Kommission sein, die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu stärken und Arbeitsplätze und Wohlstand zu erhalten. Davon profitiert gerade eine exportorientierte Volkswirtschaft wie Österreich besonders.“

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Grünen fordern Maßnahmen im Energiebereich

Der 52-Jährige steht in Österreich derzeit wegen schlechte Budgetdaten in der Kritik, wiewohl die Inflation gerade rückläufig ist. In Brüssel soll Brunner für Ressorts wie Binnenmarkt, Wirtschaft, Finanzdienstleistungen, Stabilität und Kapitalmarktunion infrage kommen. 

Was der grüne Koalitionspartner für das "Ja zu Brunner" im Gegenzug erhält, das ist noch offen. Nehammer bestand auf einer Nominierung Brunners, die Grünen gaben letztendlich nach - weil es um Inhalte und nicht um Posten gehe, lautet die grüne Erzählung. Dementsprechend erwarten sich die Grünen nun Bewegung in einigen stockenden Projekten, etwa der neuen Sicherheitsstrategie beziehungsweise einem Ausstieg aus russischem Gas, aber auch beim Zankapfel Nationaler Energie- und Klimaplan (NEKP) oder beim Grüngasgesetz.

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Entschieden werden muss noch die Nachfolge am Europäischen Gerichtshof. Andreas Kumins Mandat läuft dort aus. Die Grünen wollen einen der Ihren dort besetzt wissen. Kumin gilt als Europarechtsexperte, der in der ÖVP-FPÖ-Koalition ins Amt gelangte. 

Auch für andere ausstehende Postenentscheidungen sollte der Knoten nun gelöst sein, hofft man im grünen Lager. Dabei geht es etwa um die Besetzung des Direktoriums der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) und Besetzungen am Bundesverwaltungsgericht (BVwG). Zur Neubesetzung des Vorstands der Finanzmarktaufsicht - hier galt WKÖ-Generalsekretär-Stellvertreterin Mariana Kühnel als Favoritin - soll es laut den Grünen allerdings nicht mehr kommen.

Der Nominierung gingen Querelen voraus. Nach der EU-Wahl beginnt die öffentliche Diskussion darüber, wer Hahn, dem EU-Kommissar für Haushalt und Verwaltung, nachfolgen soll.  Laut Volkspartei und einem Sideletter, der zu Beginn der türkis-grünen Regierung von Kanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Werner Kogler unterfertigt wurde, hat die ÖVP das Vorschlagsrecht. Grünen-Chef Werner Kogler aber fühlt sich an selbigen nicht mehr gebunden, wie er in einem Presse-Interview vor wenigen Wochen ausrichten lässt. 

Dem nicht genug, beginnen die anderen Parteien eigene Vorschläge zu unterbreiten und damit die Besetzungsdiskussion wie - dispute darum weiter anzuheizen. Die Grünen und die Neos sehen Othmar Karas, Vizepräsident des EU-Parlaments als geeignet an. Die FPÖ führt ob des EU-Wahlerfolges gar ihre Mandatarin Susanne Fürst ins Treffen. Parallel dazu sorgt eine andere Postenausschreibung für Schlagzeilen und koalitionsinterne Querelen. 

Die Oesterreichische Nationalbank und die Finanzmarktaufsicht wird vorzeitig ausgeschrieben, um "Chaos" nach der kommenden Nationalratswahl (29. September 2024) zu verhindern, wie WKÖ-Präsident Harald Mahrer im KURIER-Interview argumentiert.   

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Die einzige Kandidatin, die ihr Interesse öffentlich bekundet, ist EU- und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP). Doch sie soll nicht zuletzt nach ihrer Absage als EU-Spitzenkandidatin für die EU bei Nehammer in Ungnade gefallen sein. 

Brunner hat sich öffentlich nie zu seinem Brüssel-Wunsch bekannt, selbiges aber auch nie dementiert. Ganz im Gegensatz zu Außenminister Alexander Schallenberg, der Nehammers erste Wahl gewesen sein soll.