Politik/Inland

Entschädigung für Homosexuelle, die wie Verbrecher behandelt wurden

„Ich stehe heute hier, weil ich vor 25 Jahren Sex hatte.“

Die Begrüßungsworte von Michael Woditschka bei einer Pressekonferenz am Montag im Justizministerium haben es in sich: Woditschka ist einer von rund 11.000 Menschen in Österreich, die bis Anfang der 2000er-Jahre wegen ihrer Homosexualität strafrechtlich verfolgt wurden. Nach Plan von Ministerin Alma Zadić sollen sie nun rehabilitiert und entschädigt werden.

Woditschkas Geschichte beginnt im Jahr 1999 – einer eigentlich „progressiven Zeit“, in der er endlich den Mut gefunden habe, sich zu outen und „sich auszuprobieren“, wie er erzählt. Der Wiener arbeite damals in einer Diskothek, lernte einen 17-Jährigen kennen und traf sich einige Male mit ihm.

Dieser wurde später von der Polizei erwischt – und gestand im Verhör auch die Beziehung zu Woditschka, damals 19 Jahre alt. 

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Ein Scherz?

„Die Ladung als Beschuldigter habe ich erst für einen Scherz gehalten“, schildert Woditschka im KURIER-Gespräch – nicht zuletzt, weil das Schreiben der Polizei in der Schriftart „Comic Sans“ verfasst gewesen sei. Schnell aber musste er feststellen: Es ist bitterer Ernst.

Woditschka wurde wegen „gleichgeschlechtlicher Unzucht mit Minderjährigen“ zur Mindeststrafe von 3.500 Schilling (heute ca. 255 Euro, nicht inflationsbereinigt) verurteilt – und wehrte sich dagegen. 

2003 war sein Fall einer von zehn, die vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) zu einer Verurteilung Österreichs geführt haben.

Der Paragraf 209, der bis zu fünf Jahre Haft vorsah, wenn ein über 19-jähriger Mann Sex mit einem Mann im Alter von 14 bis 18 Jahren hatte, war bereits 2002 vom Verfassungsgerichtshof beseitigt worden.

"Großes Unrecht“

„Die strafrechtliche Verfolgung homosexueller Menschen war ein dunkles Kapitel der Zweiten Republik und ein großes Unrecht“, sagt Justizministerin Zadić. Die nun geplante Rehabilitation und die Entschädigung könnten das „ihnen zugefügte Leid zwar nicht wieder gut machen, aber wir übernehmen als Staat damit Verantwortung für unsere Geschichte“. 

Das entsprechende Gesetz soll Ende November im Plenum beschlossen werden. An Budget stehen 33 Millionen Euro zur Verfügung.

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3.000 Euro für Verurteilung

Um eine Entschädigung zu erhalten, sollen sich die Betroffenen bei den Landesgerichten oder beim Justizministerium melden. 

Für jedes Urteil, das durch das neue Gesetz aufgehoben wird, soll es 3.000 Euro geben, für jedes angefangene Jahr in Haft zusätzlich 1.500 Euro und für jedes eingeleitete Ermittlungsverfahren 500 Euro. Zusätzlich sollen Betroffene, wenn sie durch die Verfahren wirtschaftlich, beruflich oder gesundheitlich benachteiligt waren, einmalig 1.500 Euro bekommen.

Für Woditschka sendet diese Maßnahme eine klare Botschaft aus, wie er sagt: „Gleichberechtigung ist unverhandelbar, und Liebe triumphiert über Intoleranz.“

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