Politik/Inland

Die Oberösterreich-Wahl als Stimmungstest für den Bund

Aus Landtagswahlen lassen sich oft keine allgemeinen Trends ablesen. Bei der Oberösterreich-Wahl am 26. September wird das anders sein. Man kann sie guten Gewissens als Stimmungstest betrachten.

Ein Grund ist, dass es im laufenden Wahlkampf bisher kein alles überlagerndes Landesthema gibt. Nicht einmal Positives wie die Kulturhauptstadt Bad Ischl 2024 spielt eine Rolle. Der Wahlkampf entspinnt sich vielmehr vor einer allgemeinen Themenkulisse: Corona, Afghanistan, Klimawandel, türkis-grüne Scharmützel.

Was wäre für die einzelnen Parteien ein Erfolg oder ein Misserfolg?

Die ÖVP und der erstmals zur Wahl antretende Landeshauptmann Thomas Stelzer starten von einem historisch schlechten Wahlergebnis. Ein Plus am 26. September ist sicher.

Allerdings: Gewohnt ist die Landes-ÖVP an gut gepolsterte 40 Prozent, und angesichts zu erwartender Verluste der FPÖ hoffen viele Türkise auf die Rückkehr zu ihrer alten Stärke. Diese hohe Erwartungshaltung könnte dazu führen, dass am Wahlabend trotz Zugewinns Enttäuschung ausbricht. Wie viel die ÖVP zulegen wird, hängt nämlich wesentlich von den FPÖ-Verlusten ab.

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Die FPÖ hatte 2015 unter dem Eindruck der Flüchtlingskrise einen Megaerfolg errungen. Von diesen 30,4 Prozent wird sie diesmal wieder runterplumpsen, aber wie weit, ist die große Unbekannte. Die Kombination aus dem sich moderat präsentierenden Vizelandeshauptmann Manfred Haimbuchner, dem populistischen Herbert Kickl sowie dem – auch von der Bundes-ÖVP hochgespielten – Afghanistan-Thema könnte der FPÖ passable 23 Prozent erhalten. Dann hätte sie wohl auch ihre Regierungsbeteiligung im Land an der Seite der ÖVP gesichert.

Es gibt aber auch Umfragen, die einen FPÖ-Verlust von zehn, elf Prozentpunkten zeigen. Tatsächlich könnte das blaue Wählerpotenzial von einer radikalen Impfgegner-Partei angeknabbert werden, die in Oberösterreich zur Wahl antritt.

Das Abschneiden der SPÖ hat ebenfalls eine bundespolitische Tangente. Die SPÖ geht von einem historischen Tiefstand in diese Wahl. Wenn sie trotz MAN-Diskussion und Oppositionsrolle im Bund in einem Industriekernland wie Oberösterreich nicht vom Fleck kommt, könnten die Debatten über Kurs oder Personen an der Bundesspitze – Pamela Rendi-Wagner, Christian Deutsch – wieder losbrechen.

Auch für die Grünen ist es eine heikle Wahl. Bleibt das erwartete Plus vor dem Ergebnis aus, wird es in der Bundeskoalition ungemütlich. Dann wird der Druck auf Werner Kogler steigen, der ÖVP herzeigbare Erfolge abzuringen. Die Grünen haben zum Jahreswechsel einen Bundeskongress, auf dem sich Kogler der Wiederwahl als Parteichef stellen muss. Diesen Kongress muss er gut überstehen, denn Kogler ist das einzige funktionierende Scharnier zwischen Grünen und Kanzler Sebastian Kurz. Falls der Bundes-Rucksack der Grünen beginnt, Wahlergebnisse zu dämpfen, könnten bald wieder Existenzängste ausbrechen, denn das letzte Trauma ist noch nicht lange her.

Für Neos geht es darum, in einem weiteren Bundesland in den Landtag einzuziehen.

Für Kurz ist die Oberösterreich-Wahl noch relativ gemütlich, denn sie wird den neunten Landtagswahlerfolg unter seiner Obmannschaft bringen. Damit ist es aber mit den leicht errungenen Siegen vorbei. Ab 2023 gilt es dann, ÖVP-Ergebnisse zu verteidigen, die schon mithilfe des Kurz-Effekts errungen wurden.