Politik/Inland

Kickl: Vorwurf des Amtsmissbrauchs "absolut letztklassig“

Der erste Teil des Untersuchungsausschusses um die BVT-Affäre geht heute mit zwei prominenten Auskunftspersonen zu Ende. Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) steht am Vormittag den Abgeordneten Rede und Antwort, ab 14 Uhr dann die Generaldirektorin für öffentliche Sicherheit, Michaela Kardeis. KURIER.at tickert live aus dem Parlamentsausweichquartier in der Wiener Hofburg.

Kickl blieb seiner Linie treu und betonte zur umstrittenen Razzia im BVT und dem folgenden Imageschaden: "Es ist auf jeden Fall kein Verschulden, das mein Haus betrifft."

Kickl wies jede Verantwortung für die Verfassungsschutz-Affäre zurück. Weder habe er seinen Generalsekretär Peter Goldgruber zur Staatsanwaltschaft geschickt, noch im Vorfeld Details der Razzia beim BVT gekannt. Für problematisch hält Kickl ohnehin eher die "überbordende Berichterstattung" der Medien zur Causa.

Auf eine einleitende Stellungnahme verzichtete Kickl, der sich während der Befragung durch Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl ruhig und sachlich gab. Das umstrittene Konvolut mit Vorwürfen gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) habe er im Sommer 2017 erhalten, wie er dazu gekommen sei, wisse er nicht mehr, sagte Kickl. Es sei ihm aber klar gewesen, dass es wohl im Zusammenhang mit seiner damaligen Funktion als Wahlkampfleiter stand, dass das Konvolut den Weg zu ihm gefunden hat. Er habe darin den Versuch gesehen, "einen Anstoß in Richtung Dirty Campaigning" zu geben.

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Später, als Innenminister, habe ihm dann wiederum sein Generalsekretär Peter Goldgruber das Konvolut vorgelegt. Es sei etwas anderes, ob man es als Minister oder als "Privatperson" bekomme, argumentierte Kickl, warum er dann aktiv wurde. Er habe auf eine rechtlich korrekte Vorgangsweise bestanden, betonte er.

Dass er seinem Generalsekretär den Auftrag erteilt habe, im BVT "aufzuräumen", bestritt Kickl. Es sei bereits mehrmals richtiggestellt worden, "dass das so nicht gesagt wurde".

Missstände sind dem Minister auch von BVT-Mitarbeiterin Ria-Ursula P. persönlich geschildert worden. "Ich stehe ja für Bürger gerne zur Verfügung, soweit es mein Terminkalender zulässt." Es habe sich um ein relativ kurzes Gespräch gehandelt, weil er die Vorwürfe zu Reisepässen und sexuellen Belästigungen schon gekannt und einen anderen Termin gehabt habe, erklärte Kickl.

Der Verfahrensrichter befragte den Minister auch zu dem ungewöhnlichen Umstand, dass ein Kabinettsmitarbeiter Zeugen zur Korruptionsstaatsanwaltschaft begleitet hat. Für ihn sei es "kein Problem" gewesen, dass Udo Lett, ein Mitarbeiter Goldgrubers, Vertrauensperson bei einer Aussage war, denn es entscheide ja die Staatsanwaltschaft, ob jemand als Vertrauensperson akzeptiert wird, meinte Kickl. Ob so ein Vorgangsweise üblich sei, "das kann ich nicht beurteilen, weil mir die Erfahrung diesbezüglich fehlt". Es sei insgesamt eine außergewöhnliche Situation, rechtfertigte sich Kickl.

Aufgrund der vom Innenministerium zur Verfügung gestellten Zeugen kam es am 28. Februar zu einer Hausdurchsuchung im BVT, die mittlerweile als rechtswidrig beurteilt worden ist. Durchgeführt wurde sie ungewöhnlicherweise von der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität, der mit Wolfgang Preiszler ein FPÖ-Politiker vorsteht. Er habe nicht gewusst, dass Preiszler freiheitlicher Gemeinderat ist, beteuerte Kickl. Überhaupt sah er sich nicht in der Verantwortung, welche Polizeitruppe engagiert wurde: "Ich war gar nicht in diese Entscheidung involviert."

Razzia "diskret abgelaufen"

Generell kann Kickl kein Problem mit der Razzia an sich erkennen: Es habe einige Zeit gedauert, bis die ersten Medienberichte zur Hausdurchsuchung aufgeschlagen seien - dies zeige, dass die Hausdurchsuchung selbst "eigentlich sehr diskret abgelaufen" sei und keinen Schaden angerichtet habe - die Frage sei vielmehr, was wegen der Medienberichte dazu passiert sei, findet der Minister.

Einmal mehr Thema war auch der Fall eines Neonazi-Sicherheitsmannes im Ausschuss, der jüngst aufgeflogen war. Ausschuss-Vorsitzende Doris Bures (SPÖ) betonte zu Beginn der Sitzung, dass seit heute ausschließlich sicherheitsgeprüftes Personal des Parlaments eingesetzt sei, um für Ordnung zu sorgen. Bures entschuldigte sich zudem bei den anwesenden Journalisten "ausdrücklich für die Sicherheitslücke und die entstandene Verunsicherung" wegen der Causa. Die Ergebnisse der weiterführenden Prüfungen würden der Öffentlichkeit mitgeteilt, versicherte Bures.

Vorwurf falscher Informationen im Parlament

Sowohl SP-Mandatar Kai Jan Krainer als auch Stephanie Krisper von den NEOS versuchten Kickl nachzuweisen, Parlament und Öffentlichkeit falsch über die Affäre informiert zu haben. So kritisierte Krisper, dass Kickl sein Treffen mit einer Belastungszeugin in den ersten Anfragebeantwortungen zur Causa verschwiegen hatte. Und Krainer verwies darauf, dass Kickl noch am Abend des 26. Juni Vertrauensprobleme mit internationalen Partnerdiensten in Abrede gestellt hatte - obwohl er zuvor von der möglichen Suspendierung aus dem "Berner Club" der Geheimdienste informiert worden war.

"Für mich ist immer der entscheidende Punkt gewesen, ob wir tatsächlich von internationalen Informationen abgeschnitten worden sind", rechtfertigte sich der Minister. Und das sei laut Auskunft seiner internationalen Gesprächspartner nicht der Fall gewesen. Und im Übrigen machte Kickl für die Vertrauensprobleme ohnehin die "überbordende Berichterstattung" über die BVT-Affäre verantwortlich - sowie bereits länger zurückliegende Ermittlungen rund um ein Datenleck im Verfassungsschutz, wie er seinem Parteikollegen Hans-Jörg Jenewein sagte.

Auch dass das "Konvolut" eines anonymen Autors über angebliche Missstände im BVT von seinem Generalsekretär zur Korruptionsstaatsanwaltschaft gebracht wurde, will Kickl nicht veranlasst haben: "Ich habe Peter Goldgruber nicht zur WKStA geschickt." Er sei damals nämlich neu im Ministerium gewesen und habe anderes zu tun gehabt: "Da halte ich das ehrlich gesagt für ein bisserl weltfremd, wenn man glaubt, dass das der Hauptfokus der Beschäftigung ist." Und vom "Ermittlungsdruck", den Goldgruber-Mitarbeiter Udo Lett angeblich aufgebaut habe, sei ihm nichts bekannt.

Im Vorfeld der Razzia wurde Kickl laut seiner Darstellung nur punktuell und meist im Nachhinein über das Vorgehen Goldgrubers informiert. So habe er erfahren, dass der Generalsekretär das "Konvolut" mit Vorwürfen vom SP-nahen Anwalt Gabriel Lansky erhalten und es der Staatsanwaltschaft übergeben habe. Von der später für illegal erklärten Hausdurchsuchung wurde er am Vortag informiert. Eine Warnung, keine sensiblen Dokumente zu beschlagnahmen, habe er bei so einem erfahrenen Beamten wie Goldgruber aber nicht für nötig gehalten.

Kickl kritisiert "realitätsfremde Annahmen"

Die Annahme, er würde sämtliche Aktivitäten seiner Mitarbeiter überprüfen, wäre "völlig realitätsfremd", meinte Kickl: "Ich kann davon ausgehen, dass ich über alle wesentlichen Schritte informiert werde. Ich kann aber auch davon ausgehen, dass alle nachgeordneten Beamten tun was gesetzlich vorgeschrieben ist."

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Schlagabtausch mit Pilz

Im Laufe der Befragung durch die Abgeordneten im BVT-U-Ausschuss ist Innenminister Herbert Kickl ( FPÖ) dann doch noch emotional geworden. Der Abgeordnete Peter Pilz warf ihm vor, Amtsmissbrauch begangen und das Leben verdeckter Ermittler gefährdet zu haben - was Kickl erbost als "letztklassig" zurückwies.

Nach einem sachlichen und ruhigen Start klang der Innenminister im Laufe der Befragungen zunehmend verärgert - vor allem Pilz brachte ihn auf die Palme. Der Mandatar konzentrierte sich auf die Frage, ob Kickls Generalsekretär Peter Goldgruber von BVT-Direktor Peter Gridling Auskünfte wollte, wo genau verdeckte Ermittler im rechtsextremen Bereich eingesetzt werden und sogar, wer sie sind. Das Ministerumfeld wollte entsprechende Anfragen bisher nur im Zusammenhang mit einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats sehen, dass er nach Namen gefragt habe, hat Goldgruber bestritten.

Details zu diesem Treffen des Nationalen Sicherheitsrates konnte Kickl nicht mehr nennen, ob verdeckte Ermittler dann dort Thema waren, konnte er sich auch nicht erinnern. Für Kickl geht es auch nicht automatisch um Burschenschaften, wenn vom rechtsextremen Bereich die Rede ist - das könnten auch "Fußball-Hooligans" oder "Identitäre" sein, hielt er fest.

Pilz stellte die Frage in den Raum, ob nun der Innenminister selbst oder sein Generalsekretär durch "den geplanten Verrat" von verdeckten Ermittlern, der für diese lebensgefährlich gewesen wäre, Amtsmissbrauch begangen habe. Dies sei ein "wirkliche Unterstellung", ihm vorzuwerfen, "zum Amtsmissbrauch zu greifen und das Leben von Ermittlern zu gefährden, um Rechtsradikale zu schützen", empörte sich Kickl. "Ich weise das auf das allerschärfste zurück." Wenn es um demokratiegefährdende extremistische Aktivitäten gehe, "wird kein Unterschied gemacht, ob das von Rechts kommt oder von Links kommt oder aus dem Bereich des Islamismus", diese seien alle "Feinde", versicherte der Minister.

Er sei bei dem Gespräch zwischen Goldgruber und Gridling nicht dabei gewesen, vielleicht gebe es "unterschiedliche Wahrnehmungen" davon. "Ist es so, dass es für einen Minister oder einen Generalsekretär quasi verboten ist, eine solche Auskunft zu bekommen oder nicht?", fragte Kickl Pilz aber. Der Mandatar warf Kickl vor, bei diesem Thema herumzueiern. "Ich rede mich nicht raus", erwiderte Kickl.

Pilz: "Systematisch belogen"

Letztlich gipfelte der Schlagabtausch zwischen Pilz und Kickl sogar in einer Sitzungsunterbrechung: Der "Jetzt"-Abgeordnete warf dem Innenminister vor, den Nationalen Sicherheitsrat über damals schon bestehende Probleme mit internationalen Partnerdiensten falsch informiert zu haben. "Wir sind systematisch belogen worden", wetterte Pilz - woraufhin Kickl den Vorwurf zurückwies und Ausschuss-Vorsitzende Doris Bures (SPÖ) die Sitzung unterbrach. Kickl hatte zuvor gemeint, vom Rückzug des BVT aus einigen Arbeitsgruppen des "Berner Clubs" selbst erst im November erfahren zu haben.

Für die ÖVP befragte zunächst wie angekündigt ungewöhnlicherweise nicht Fraktionsführer Werner Amon, sondern Gaby Schwarz den Innenminister. Sie stellte infrage, ob der Minister tatsächlich von so einer sensiblen Sache wie der Hausdurchsuchung im BVT nicht vorher im Detail informiert wird. "Ich weiß nicht, was Sie glauben, dass man dann einen Einsatzplan vorgelegt bekommt", konterte Kickl. "Ich bin ja kein Einsatztaktiker." Ganz durchgezogen hat es Amon freilich nicht: Ganz zum Schluss wollte er von Kickl wissen, ob er sich von seinen Mitarbeitern immer ausreichend informiert gefühlt habe - was dieser bejahte.

SPÖ und NEOS legten das Augenmerk weiterhin auf unterschiedliche Angaben in parlamentarischen Anfragebeantwortungen des Ministers. Der verwies diesbezüglich auf seine Mitarbeiter, die für die Beantwortung zuständig seien. "Glauben Sie, ich fülle das alles persönlich aus?" Er weise es zurück, dass er mit dem Parlament "unehrlich" umgehe.

Die Zweite Nationalratspräsidentin Bures wies Kickl sodann zurecht, dass die Letztverantwortung für Anfragebeantwortungen selbstverständlich der jeweilige Minister trage. In der aufheizten Stimmung kam es sogar zu einem Ordnungsruf im U-Ausschuss: SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer wurde für den Vorwurf der "Lüge" an die Freiheitlichen gerügt.

Amon stellte doch eine Frage

Keine Fragen an Kickl wollte eigentlich ÖVP-Fraktionsführer Werner Amon stellen, aus "taktischen Gründen", wie Amon verlauten ließ. Diesen Part übernahm zunächst tatsächlich die Abgeordnete Gaby Schwarz.

Amon (ÖVP) meldet sich am Ende der Befragung überraschend doch noch zu Wort. Er habe aufmerksam zugehört und wolle nur festhalten, dass ausschließlich Kickl dem GS Goldgruber eine Weisung erteilen könne. Dann stellte er seine einzige Frage, nämlich ob sich der Innenminister von Goldgruber ausreichend informiert gefühlt hat? Kickl antwortete, dass er alle relevanten Infos erhalten habe. 

Die Generaldirektorin für die Öffentliche Sicherheit Michaela   hat bei ihrer Befragung im BVT-Untersuchungsausschuss Fehler sowohl des Bundesamts als auch von ihr selbst zugestanden. Wie sie der Leiterin des Referats für Extremismus die Pensionierung nahe gelegt hatte, war "eher die Holzhammermethode".

Sibylle G. soll ja vom Ministerbüro mit Misstrauen beäugt worden sein, was freilich Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) vehement bestreitet. Kardeis wiederum erklärte, von Generalsekretär Peter Goldgruber beauftragt worden zu sein, Missstände bei G. zu beheben. Auch Kabinettsmitarbeiter Udo Lett habe sie mit der Angelegenheit befasst.

Die Generaldirektorin hat nun laut eigener Aussage im heutigen Ausschuss der Referatsleiterin gesagt, dass man sie aus dem BVT weghaben wolle. Grund dafür, dass man G. abziehen wollte, sei einerseits die Liederbuch-Affäre gewesen. Nach Meinung von Kardeishat das Generalsekretariat G. in der Liederbuch-Affäre misstraut. Da war ja vor allem von Freiheitlichen der Verdacht gekommen, dass jenes Liederbuch mit antisemitischen Texten aus der Burschenschaft des FPÖ-Politikers Udo Landbauer durch eine Indiskretion des Extremismusreferats an die Öffentlichkeit gekommen war. Zudem soll die Referatsleiterin Unterlagen gehortet haben zu einer Rechtsradikalen, obwohl das Verfahren bereits seit zwei Jahren beendet war.

 

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Kardeis habe sie dann mit dem Vorwurf eines "Saustalls" in ihrem Büro konfrontiert. Zudem habe sie ihr geraten, in den Ruhestand zu wechseln. Zweite Option sei ein Wechsel an die Spitze der Sportabteilung gewesen. Dass das nicht geschickt war, sieht Kardeis, der ein gutes Verhältnis zu G. nachgesagt wird, nun ein: "Gut gemeint ist nicht gut gemacht." Vor dem Gespräch hatte der stellvertretende BVT-Leiter Dominik Fasching zu Kardeis gemeint, wenn man eine verdiente Mitarbeiterin loswerden wolle, ob man das nicht mit Stil machen könne.

Distanziert äußerte sich die Generaldirektorin zu den Suspendierungen, die im BVT vorgenommen und etwa im Fall von Direktor Peter Gridling zurückgenommen wurden. Sie sei eher kein Freund von vorläufigen Suspendierungen.

Dem BVT insgesamt stellte Kardeis kein allzu gutes Zeugnis aus. Es sei schwierig zu argumentieren, dass es sich bei Missständen um Einzelfälle handle, bei denen "unsere Werte" ignoriert und korrekte Wege verlassen worden seien, wenn die Zahl der schwarzen Schafe zwei oder drei übersteige.

Tatsächlich sehe sie Verfehlungen und es gebe Verbesserungsbedarf - bei Schulung, Personalauswahl, Fachaufsicht, interner Kommunikation und Kommunikation nach außen. Andererseits hätten aber 200 bis 300 BVT-Mitarbeiter die Vorbereitung des EU-Vorsitzes und die ersten fünf Monate der Präsidentschaft bravourös gemeistert. Wenn Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) das Bundesamt zu einem "Schmuckkästchen" machen wolle, könne sie sagen, dass es im BVT viele Perlen und Rohdiamanten gebe.

Wie es weitergeht: Schmudermayer, Moser und Lansky

Bei der vorigen Sitzung hat sich der U-Ausschuss auf die weiteren Auskunftspersonen zum Kapitel rund um die Hausdurchsuchung im BVT verständigt. Demnach werden morgen Justizminister Josef Moser (ÖVP) und Staatsanwältin Ursula Schmudermayer vor die Abgeordneten gebeten.

Die neue etwa 14 Auskunftspersonen umfassende Liste umfasst zum größten Teil weniger bekannte Beamte aus dem Bereich des Innenressorts und der Staatsanwaltschaft, die den Ausschuss wohl noch bis Ende Jänner beschäftigen werden. Damit dürfte das Kapitel um vermutete Missstände unter den ÖVP-Innenministern nicht vor den Semesterferien beginnen.

Frage nach verdeckten Ermittlern: Kardeis verneint

In einer heiklen Frage des BVT-Untersuchungsausschusses hat der Generalsekretär des Innenministeriums Peter Goldgruber Unterstützung von der Generaldirektorin für Öffentliche Sicherheit bekommen. Michaela Kardeis konnte sich nicht daran erinnern, dass dieser die Namen verdeckter Ermittler angefordert hatte.

Entsprechende Wünsche hatte ja BVT-Direktor Peter Gridling behauptet. Kardeis kann sich nicht daran erinnern, sondern nur daran, dass der Generalsekretär gefragt habe, wo verdeckte Ermittler im Rechtsextremismus-Bereich eingesetzt gewesen seien. Sie selbst habe das kritisch gesehen wegen einer möglichen Gefährdung der Ermittler. Goldgruber habe sich dann aber auch mit eher allgemein gehaltenen Informationen zufriedengegeben.

Anders als die Erinnerung Goldgrubers war jene von Kardeis hingegen in der Liederbuch-Affäre. Der Generalsekretär hatte im Ausschuss ausgesagt, mit der Generaldirektorin nicht darüber gesprochen zu haben. Kardeis erinnerte sich dagegen, dass Goldgruber ihr gegenüber erwähnt habe, dass man im Extremismus-Referat des BVT schon seit zwei Jahren über die antisemitischen Lieberbücher Bescheid gewusst habe.

Was die angepeilte Ab- oder Versetzung der Abteilungsleiterin Sibylle G. angeht, nahm Kardeis Kabinettsmitarbeiter Udo Lett in Verantwortung. Sie glaubt, dass die entsprechenden Überlegungen letztlich von ihm in die Wege geleitet wurden.

"Wenig Fleisch"

Runtergespielt wurde von der Generaldirektorin, dass sie laut Akten zu wenig Fleisch für Suspendierungen in der Affäre gesehen habe. Damit habe sie nicht gemeint, dass die Suppe zu dünn sei. Vielmehr hätten einfach noch Informationen gefehlt. Sie habe dann auch über eine Mitarbeiterin weitere Unterlagen von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft angefordert.

Verständnis äußerte Kardeis dafür, dass BMI-Generalsekretär Goldgruber die Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität für die Razzia im BVT herangezogen habe. Diese komme im Belastungskonvolut nicht vor, habe die nötige Mannzahl und es sei nicht deren erste Hausdurchsuchung gewesen. Sie selbst sei in die Razzia nicht eingebunden gewesen, was sie "sauer" gemacht habe. Warum sie als Spitzenpolizistin nicht eingebunden wurde, wisse sie nicht.

Zusammenhängen könnte das damit, dass Kardeis in eher unappetitlicher verleumderischer Weise im anonymen Belastungskonvolut vorkommt. Sie hatte schon in ihrer Einleitung im Ausschuss bezüglich ihrer Berufung festgestellt: "Es gab bei Ausschreibungen keine Besetzungscouch, sondern eine Begutachtungskommission."

Dass es im Ausland nach der BVT-Affäre bei Partnerdiensten Gesprächsbedarf gab, bestätigte Kardeis: "Vertrauen ist ein Thema." Aber wegen eines Spionagefalls aus dem Jahr 2017, den Hausdurchsuchungen mit der Mitnahme von Unterlagen von Partnerdiensten und vermeintlich problematischen Verbindungen der FPÖ habe es immer wieder Auskunftsbedarf gegeben. Grundsätzlich sei man aber nie abgeschnitten gewesen: "Kooperation gab es immer." Über weitere Details will die Generaldirektorin nur in vertraulicher Sitzung sprechen. So schweigsam war sie ansonsten nicht, sondern antwortete meist ausladend: "Ich hoffe, ich erscheine nicht als Plaudertasche."

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Viele Fragen zum Konvolut

Gehörig durchgekaut wurde bei der Befragung der Generaldirektorin für die öffentliche Sicherheit Michaela Kardeis das Belastungsdossier, das als Basis für alle weiteren Schritte in der BVT-Affäre diente. Kardeis hält es für möglich, dass es mehrere Verfasser gab und diese von Frust, Hass und Verzweiflung geleitet worden seien.

Als ein möglicher Autor des Konvoluts gilt ja Belastungszeuge W., auch wenn der das bestreitet. Mit diesem hatten sich ja BMI-Generalsekretär Peter Goldgruber und sein engster Mitarbeiter Udo Lett für mehrere Stunden getroffen. Da soll das BVT nur Randthema gewesen sein, vielmehr soll sich alles um dessen Karenzwunsch gedreht haben - so weit die Aussagen der drei Beteiligten.

Kardeis hält dies für "nicht ganz nachvollziehbar". Denn zu diesem Zeitpunkt habe sie mit W. die Karenzierung eigentlich schon abgehandelt gehabt. W. habe da auch auf einen würdigen Abschied und einen Orden gedrängt.

Was die Razzia im BVT angeht, berichtete die Generaldirektorin, darüber von der Leiterin der Rechtsabteilung des Bundesamts erfahren zu haben. Als sie dann Goldgruber angerufen habe, habe dieser so getan, als wüsste er von nichts. Als sie draufgekommen sei, dass das nicht gestimmt habe, sei sie "sauer" gewesen. Goldgrubers Vorgangsweise sei nicht ok, aber zumindest rechtlich nicht falsch gewesen, da er als Generalsekretär nicht gezwungen sei, sie als dem BVT übergeordnete Beamtin zu informieren.

Bezüglich der Unordnung im Büro der Referatsleiterin Sibylle G. will Kardeis noch einmal nachschauen lassen. Ob sie in ihrem Amt bleibt, wird wohl erst nach dem U-Ausschuss entschieden. Dessen Ergebnisse abzuwarten sei nicht schlecht.

Vertrauliches Ende

Abgeschlossen wird Kardeis' Befragung vertraulich, also ohne Medien. Fortgesetzt wird der öffentliche Teil des Ausschusses am Mittwochvormittag mit Justizminister Josef Moser (ÖVP). Nach ihm ist zum bereits dritten Mal die leitende Staatsanwältin Ursula Schmudermayer als Auskunftsperson geladen.

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