Aufgetaucht: Die Ibiza-SMS zwischen Kurz und Strache
Noch bevor ab Mittwoch im Ibiza-Untersuchungsausschuss politisch die Wogen hoch gehen dürften - Kanzler Sebastian Kurz, Ex-Finanzminister Hartwig Löger und ÖBAG-Chef Thomas Schmid sind als Zeugen geladen - gab es schon am Dienstag einige Aufregung. Grund dafür ist ein nun aufgetauchter SMS-Verkehr des Kanzlers mit Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache. Demnach hat Strache das Ibiza-Video in einer SMS kurz vor der Veröffentlichung noch als "halb so wild" bezeichnet, wie die Tageszeitung Österreich berichtet.
Wie der KURIER berichtete, wird Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper einen Antrag stellen, mit dem sie einen Offenbarungseid des Kanzlers erzwingen will. Dadurch soll der Kanzler verpflichtet werden, dem Ausschuss Terminkalender, SMS, Mails und Whatsapp-Nachrichten vorzulegen.
Worum es rund um den Ibiza-Skandal in der SMS-Kommunikation zwischen Kurz und Strache ging, darüber geben aber jetzt bereits die SMS Auskunft.
Demnach soll es acht Kurznachrichten zum Ibiza-Video zwischen Donnerstag, 16. Mai 2019, 21.08 Uhr und Samstag, 18. Mai, 3.09 Uhr zwischen Kurz und Strache gegeben haben, die der Zeitung vorliegen.
"Halb so wild"
Der Beginn, noch vor der Veröffentlichung des Videos, klingt harmlos und amikal: „Bitte um Rückruf! Habe jetzt auch Anfragen und will nochmal kurz mit dir reden! Danke“, schreibt Kurz dem Vizekanzler. Dieser antwortet: „Heute geht nichts mehr. Aber B. (Anm.: ein Mitarbeiter von Kurz) kann morgen die Fragen und Antworten lesen. Hoffe, deiner Oma geht es besser? LG.“
Mit „Fragen und Antworten“ dürfte Strache die schriftliche Anfrage der Redakteure der Süddeutschen Zeitung und des Spiegels zum Ibiza-Video meinen.
Kurz ist mit dieser Antwort scheinbar nicht zufrieden. Wie es seiner Großmutter geht, lässt er unbeantwortet, schreibt stattdessen: „Na ja, mal schauen, aber danke! Was meinst du mit heute geht nichts mehr. Was kommt da genau?“
Daraufhin gibt Strache, wie sich später zeigen wird, eine grobe Fehleinschätzung ab: „Halb so wild. Viele falsche Vorwürfe, welche so nicht stattgefunden haben …aber die Frage ist der Auftraggeber … da haben wir zurzeit ein paar Informanten. LG“, schreibt er.
Kurz will daraufhin wissen: „Wer steckt dahinter? Silberstein?“
„Wenn es so einfach wäre, dann wäre es schön!“, antwortet Strache.
An jenem folgenschweren Freitag, an dem das Video veröffentlicht werden kann, schreibt der Kanzler Strache um 13.10 Uhr: „Bitte um dringenden Rückruf!“
Die laut Österreich letzte SMS von Strache an Kurz folgte um 3.09 Uhr „Wir brauchen mit unserer Entscheidung bis in der Früh. Um 9 Uhr teilen wir sie Dir mit. Um 11 Uhr unser Gespräch, dann um 12 Uhr meine Erklärung. LG.“
Wie es ab hier weiterging, ist Geschichte.
Koalitionsalltag
Freilich gab es offenkundig viel mehr SMS-Nachrichten zwischen Kurz und Strache, die den Koalitionsalltag näher beleuchten:
So setzt sich Strache per SMS für eine höhere Mindestpension (1.200 Euro netto), für die Ablehnung des Migrationspakts und auch für die Abschaffung der ORF-GIS-Gebühr ein: "Hallo Sebastian! Danke für deine Zeilen. Du musst bitte verstehen, dass wir dem Gesamtpaket (KöSt-Senkung) nur dann zustimmen können, wenn die für uns so wichtigen Punkte (ORF-GIS, LV-Budget, Mindestpension) schriftlich zugesichert werden. Wir können da nicht im luftleeren Raum bleiben! Lg HC“, schreibt er.
Im April 2019 gibt es daraufhin Streit: "Was soll das? Du hast zu mir gesagt, wir können eine Pensionsreform machen, die 1,5 Milliarden bringt, wenn wir die Mindestpension so machen, wie du willst. Jetzt bin ich dazu bereit und du regst dich auf über Vorschläge, die einen Bruchteil davon bringen. Du vergisst leider immer deine Teile der Vereinbarungen. Lg Sebastian“, schreibt Kurz.
Strache antwortet nun vorwurfsvoll: "Du weißt, dass dies falsch ist und du hier unehrlich spielst. Nehme dies mit Bedauern zur Kenntnis!"
Darauf Kurz: "Das gibt es ja nicht. Das hast du am Sonntag bei mir zu Hause gesagt. Stefan, Herbert und Norbert waren dabei.“
Weitergabe "unwürdig"
Für das Kanzleramt zeigen die SMS, "dass selbstverständlich eine völlig übliche und keine rechtlich bedenkliche Kommunikation des Bundeskanzlers stattgefunden hat". Die Weitergabe an die Medien sei aber widerrechtlich erfolgt und einem Rechtsstaat unwürdig, sagte ein Sprecher auf APA-Anfrage. Für Straches nunmehrigen Parteimanager Christian Höbart zeigen die SMS dagegen, "wie standhaft Strache stets original freiheitliche Themen und Schwerpunkte vertreten hat". Und FP-Fraktionsführer Christian Hafenecker möchte die SMS nun auch im U-Ausschuss haben, denn ihre "abstrakte Relevanz" für dessen Thema sei mit der Veröffentlichung nicht mehr zu bestreiten.