Politik/Inland

Van der Bellen: "Das Schöne im Schiachen finden"

Es ist der zweite Freitag in Folge, an dem das Staatsoberhaupt Alexander Van der Bellen vor Festspiel-Publikum und Fernsehkameras das Wort ergreift. 

Den Eröffnungsworten bei den Bregenzer Festspielen folgt die Eröffnungsrede bei den Salzburger Festspielhaus. Am Bodensee gibt sich der Bundespräsident noch endgenervt - an der Salzach nachgerade milde. 

Der Bundespräsident ist nach der Rede von Nina Chruschtschowa, Politologin und Enkelin des ehemaligen sowjetischen KP-Chefs, an der Reihe. Er bedankt sich eingangs für die musikalische Darbietung und ausdrücklich bei Chruschtschowa. 

"Machen Sie die Augen zu"

Der Reden-Routinier Van der Bellen beginnt mit einer Aufforderung an das Publikum - in der in der ersten Reihe die Spitzenpolitik sitzt (mit Ausnahme von Kanzler Karl Nehammer der derzeit in Paris weilt) - die Augen zu schließen, sich auf ein  "Gedankenexperiment" einlassen.

Was immer einem in den Sinn komme - ob Fiaker auf Kopfsteinpflaster, Falco mit Mozartperücke, Lederhosen oder Berge - "Sind das wirklich wir?", fragt der Bundespräsident, oder sei Österreich nicht mehr als das und die Klischees, die Besucher gerne sehen?

Wie in Bregenz zitiert der Bundespräsident sich selbst und den historischen Satz nach Bekanntwerden des Ibiza-Videos: "So sind wir nicht". Diesmal jedoch mahnt er nicht, weniger in Schubladen zu denken, sondern umzudenken: "Wie sind wir denn? Wie wollen wir sein?"

Neugier oder Apfelstrudel?

Österreich sei natürlich Alphorn und Apfelstrudel, doch auch Neugier - ohne die es auch keine Nobelpreisträgerinnen gäbe, referenziert Van der Bellen auf Physiker Anton Zeilinger und Schriftstellerin Elfriede Jelinek.

Das Land und seine Bevölkerung besteche nicht nur durch die "Freunderlwirtschaft", sondern auch durch "Geselligkeit. Ob beim Fußballverein oder bei den Festspielen. Wir wissen, zusammen bringen wir mehr weiter. Und lustiger ist es auch".

Was man in Österreich "durchwurschteln" nennt, das könne man auch als "Pragmatismus" begreifen. In Österreich sei man Lösungsorientiert, nicht regelorientiert, sagt Van der Bellen. "Schönheit rettet die Welt, sagt Dostojewski."

"Das Schöne auch im Schiachen finden", auf den Grant ebenso stolz sein wie auf Gastfreundschaft.

Alexander Van der Bellen will "den Blick schärfen" auf das Gute, Menschen, die bei Unwettern helfen, ehrenamtlich Menschen, die es brauchen - egal ob die Kleinsten oder Fremde. Vor seinen Augen sieht er bei seinem eigenen Gedankenexperiment Menschen, die "füreinander da sind, einspringen und einstehen", die "Extraschichten schieben". Österreich stehe vor vielen "großen Entscheidungen. Und da meine ich nicht nur die Nationalratswahl im September". Er nennt die Themen

  • Klima
  • Energie
  • Migration
  • Sicherheit
  • Friede
  • Freiheit

Man möge nicht "voll Angst entscheiden, sondern voll Zuversicht", appelliert der Bundespräsident.

Österreich brauche sich nicht zu fürchten, so Van der Bellen gen Ende. "Die Zukunft ist für uns ein schöner Ort, weil wir so viel mitbringen". Man müsse sich auch vor Europa nicht fürchten, viel mehr sei es überlebenswichtig für kleine Staaten.

Man könne sich auf die Zukunft freuen, denn "wir sind Österreich. Wir machen das schon", so  Van der Bellen, der mit einem berühmten Grillparzer-Zitat schließt - "Es ist ein gutes Land" - und die Festspiele für eröffnet erklärt.