Feuer frei auf den Wolf: Das Jagdverbot in der EU wird aufgehoben
Von Konrad Kramar
Eigentlich schien die aufgeregte Debatte allmählich im Sand zu verlaufen. Zwei Jahre sind vergangen, seit die EU auf Forderungen aus mehreren Mitgliedsstaaten, darunter auch Österreich, reagierte und in Brüssel den Vorschlag vorlegte, den Schutzstatus des Wolfes in der ganzen EU von "streng geschützt" auf "geschützt" herabzusetzen. Damit wäre erstmals eine Bejagung des Raubtieres, das gerade im Alpenraum ein Comeback erlebt, möglich. Doch unter den 27 EU-Mitgliedsländern fand sich bisher keine Mehrheit dafür.
Luxemburg schwenkt um
Bis Anfang dieser Woche. Da kündigte nämlich Luxemburgs konservative Regierung eine 180-Grad-Wende an: War man bisher für die Beibehaltung des Schutzstatus eingetreten, kündigte die zuständige Landwirtschaftsministerin Martine Hansen an, diesen jetzt doch absenken zu wollen. Weder hat Luxemburg eine Wolfspopulation noch mit Wölfen ein Problem, aber das das kleine Land jetzt doch ja zum Vorschlag der EU-Kommission sagt, ist eine Mehrheit von 15 der 27 Länder erreicht worden. Die EU-Botschafter des Mitgliedsländer haben am Mittwoch in Brüssel den Vorschlag, den Schutzstatus des Wolfes EU-weit herabzusetzen, beschlossen. Die Abstimmung der Umweltminister in zwei Wochen ist damit üblicherweise eine Formsache.
Entscheidung EU-weit gültig
Österreich ist dort durch Leonore Gewessler vertreten und die hat sich bisher den immer lauteren Forderungen ihres Kollegen, Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig, widersetzt und sich für den Erhalt des "strengen Schutzes" stark gemacht. Totschnig jubelt jetzt über die Entscheidung in Brüssel: "Heute haben wir einen Meilenstein erreicht. Der Sachverstand hat über Ideologie gesiegt".
Zuletzt wurde die Debatte immer heftiger. Vertreter der Landwirtschaft erklärten, der Verlust durch Wolfsrisse sei vor allem für Schafzüchter nicht mehr tragbar, es brauche eine Freigabe der Abschüsse von Wölfen in Problemzonen. Umweltschützer verwiesen dagegen auf die Bedeutung des Wolfes, der ja über Jahrzehnte gerade im Alpenraum als ausgestorben galt, für die Artenvielfalt.
Auch Deutschland schwenkt um
Doch der politische Wind hat sich gedreht. Auch in Deutschland, das bisher auch am Schutz des Wolfes festgehalten hat, wurden die Forderungen nach einer neuen Regelung zuletzt immer lauter. So macht sich etwa der prominente EU-Parlamentarier David McAllister, ehemals Ministerpräsident von Niedersachsen, dafür stark. Die Lage etwa in seinem Bundesland, sei "unerträglich". Jetzt hat auch die Bundesregierung in Berlin reagiert: Auch Deutschland stimmte mit "Ja" für die Herabsetzung des Schutzstatus.
Umweltschützer sind alarmiert
Die EU-Umweltminister kommen in zwei Wochen wieder in Brüssel zusammen. Die für das Thema zuständigen EU-Botschafter, die ja die entscheidende Vorarbeit für alle Beschlüsse der Minister leisten, haben aber mit ihrer Entscheidung die Richtung klar vorgegeben. Der Vorstoß aus Luxemburg hat tatsächlich die Mehrheit endgültig ins Kippen gebracht. Umweltschützer sind jedenfalls alarmiert. Sie haben sich ja schon im Mai in einem offenen Brief an die EU-Botschafter gewandt. Für die Entscheidung, den Wolf zum Abschuss freizugeben, gebe es keinerlei wissenschaftliche Grundlage.
Das letzte Wort wird im Dezember gesprochen
Hat sich die EU einmal tatsächlich auf die Absenkung des Schutzstatus geeinigt, muss zuletzt die sogenannte "Berner Konvention" zur Erhaltung der wildlebenden Tiere und Pflanzen in Europa geändert werden. Die dafür zuständige Kommission tagt das nächste Mal im Dezember. Bis dahin also hat der Wolf auf jeden Fall noch Schonfrist in der EU.
"Der heutige Beschluss in Brüssel ist ein Meilenstein für die Sicherheit der österreichischen Landwirtschaft. Auf österreichischen Druck hin haben die EU-Mitgliedstaaten heute den Weg für die Herabsetzung des Schutzstatus des Wolfs frei gemacht. Ein wichtiger Schritt, um Weidetiere und die Existenz unserer Landwirte besser zu schützen. Österreich hat sich seit Jahren für eine Änderung der Regelung eingesetzt. Ich bin froh, dass nun dieser wichtige Schritt gelungen ist", kommentierte Europaministerin Karoline Edtstadler.