Die französische Bettwanzenplage soll von Russland hochgeschaukelt worden sein
Von Armin Arbeiter
Die steigende Verbreitung von gemeldeten Bettwanzenfällen in Frankreich ist real. Zwischen 2017 und 2022 waren laut französischen Behörden geschätzte elf Prozent aller französischen Haushalte von Bettwanzen betroffen. Der Unmut über diesen Missstand schlug in der französischen Bevölkerung Ende vergangenen Sommer und Anfang Herbst in Wut und Hysterie um. Aus öffentlichen Verkehrsmitteln, Kinos, Kindergärten, meldeten Menschen verstärkt die Anwesenheit vermeintlicher oder tatsächlicher Bettwanzen - oft begleitet von entsprechenden Fotos der Parasiten. Schulen wurden geschlossen, Abgeordnete stritten, nahmen Bettwanzen in Einmachgläsern mit. Es dürfte nicht viel gefehlt haben, dass wütende Demonstranten auf die Straßen Frankreichs gegangen wären, um kostenlose staatliche Insektenbeseitigung zu fordern.
Die französische Regierung will nun den Schuldigen für die "Nationale Psychose", wie französische Medien den Aufschrei nannten, gefunden haben: Russland.
„Einige Beispiele: die Kontroverse um Bettwanzen, die in den sozialen Netzwerken von Konten, die nachweislich russisch inspiriert oder russischer Herkunft sind, künstlich verstärkt wurde, wobei sogar ein falscher Zusammenhang zwischen der Ankunft ukrainischer Flüchtlinge und der Verbreitung von Bettwanzen hergestellt wurde“, sagte Frankreichs Europaminister Jean-Noël Barrot. „Das wurde sehr stark von Konten verstärkt, die mit dem Kreml verbunden sind."
Das mag eigenartig klingen, doch passt es in Russlands Teilstrategie des hybriden Krieges, "Chaos im Ausland" zu stiften. Die Lehrbücher kennen vier Phasen der hybriden Kriegsführung: Voraussetzungen für Einfluss schaffen, dann diesen ausüben, später Destabilisierung und schließlich das Niederringen des Gegners.
Die Destabilisierung funktioniert unter anderem über eine verstärktes "Aufblasen" eines Themas, wie eben jenem der Bettwanzenplage. Französische Spezialisten haben zwischen September und Dezember des vergangenen Jahres 193 Plattformen identifiziert., deren Zielpublikum zunächst die russisch besetzten Gebiete der Ukraine waren, aber darüber hinaus Polen, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Spanien und die USA.
Der Hauptzweck der untereinander verbundenen Plattformen besteht laut Frankreich darin, Inhalte weiterzuverbreiten, um so Fake News oder Kommentaren Gewicht zu geben, die der russischen Aussenpolitik dienen oder die westliche Position schwächen können.
Als weiteres Beispiel eines russischen Destabilisierungsversuchs nannte der Minister das Besprühen von Pariser Gebäuden mit Davidsternen kurz nach dem Start des Gaza-Kriegs, wovon Fotos über die sozialen Netzwerke verbreitet wurden. Mitte Februar vereinbarte Frankreich mit Deutschland und Polen ein gemeinsames Vorgehen gegen russische Trollkampagnen und Cyberattacken. Die drei Länder seien Opfer der gleichen russischen Destabilisierungsstrategie geworden und wollten sich gemeinsam wehren, hieß es.