Warum mit Trumps Wahlsieg alle Verfahren gegen ihn eingestellt werden
Von Johannes Arends
Donald Trump hat mit seinem Wahlsieg Geschichte geschrieben. Er wird der erste verurteilte Straftäter sein, der das Weiße Haus übernimmt und der erste US-Präsident, der sich zum Zeitpunkt des Amtsantritts als Angeklagter verantworten muss.
Damit betritt auch die amerikanische Justiz Neuland - schließlich ist ein US-Präsident für die Dauer seiner Amtszeit vor dem Gesetz immun. Seit einem umstrittenen Höchstgerichtsurteil vom Juli steht fest, dass Präsidenten auch nachträglich nicht für Tätigkeiten in ihrer Funktion als Regierungschef belangt werden können.
Aktuell muss sich Trump noch in drei Verfahren verantworten, in einem weiteren wurde er bereits verurteilt, ging aber in Berufung; auch hier steht eine endgültige Entscheidung noch aus. Vieles deutet jedoch bereits einen Tag nach der Wahl darauf hin, dass Trump mit seinem Sieg jeglicher juristischen Verfolgung entgehen könnte.
Die Gründe dafür sind je nach Verfahren unterschiedlich, ein Überblick:
Machtmissbrauch und Verschwörung zum Betrug (bundesweit)
Die mit Abstand schwerwiegendsten Vorwürfe, denen sich Trump ausgesetzt sieht, sind Machtmissbrauch und Verschwörung zum Betrug an den Vereinigten Staaten. Hier ist er in zwei Verfahren auf Bundesebene angeklagt:
- Einmal wegen seiner Verantwortung rund um den Sturm auf das Kapitol am 6. Jänner 2021, bei der Machtübergabe an Trumps Nachfolger Joe Biden.
- Im zweiten Verfahren geht es um eigentlich streng geheime Regierungsdokumente, die in Trumps Privatanwesen in Mar-a-Lago gefunden wurden.
Um politische Interventionen in diesen beiden höchst brisanten Verfahren zu verhindern, hatte das US-Justizministerium einen externen Sonderermittler ernannt: Jack Smith, der einst für den internationalen Gerichtshof die Aufarbeitung der Kriegsverbrechen im Kosovokrieg führte.
Erst im August hatte Smith Trump neuerlich in beiden Fällen angeklagt.
Der erklärte daraufhin im Wahlkampf mehrfach, er werde Smith "innerhalb von zwei Sekunden feuern", sollte er wieder Präsident werden. Dazu wäre Trump als Präsident eigentlich nicht in der Lage; er könnte aber einen Justizminister ernennen und diesem die Weisung erteilen, Smith von seinen Aufgaben zu entbinden.
So weit wird es jedoch gar nicht kommen: Am heutigen Donnerstag berichteten mehrere US-Medien, dass Sonderermittler Smith gegenüber dem Justizministerium bereits erklärt hatte, beide Verfahren einstellen zu wollen.
Die Zeit sei schlicht zu knapp, die Erfolgsaussichten zu gering. Sobald Trump am 20. Jänner Präsident ist, wäre er schließlich wieder immun.
Wahlmanipulation (Georgia)
Auch das laufende Verfahren im Bundesstaat Georgia hat mit Trumps Umgang mit seiner Wahlniederlage 2020 zu tun: Telefonisch soll Trump damals die dortige Wahlkommission unter Druck gesetzt und den zuständigen Wahlleiter aufgefordert haben, fast 12.000 Stimmen "zu finden", die er für den Sieg gebraucht hätte.
Ein Geschworenengericht entschied schließlich, Trump anzuklagen - als ersten ehemaligen US-Präsidenten. Der Moment war besonders demütigend für Trump, weil er zur Verlesung der Anklageschrift am 24. August 2023 persönlich im Gefängnis von Atlanta erscheinen und sich für ein offizielles Polizeifoto ablichten lassen musste.
Das Verfahren hängt seither in der Luft, weil Trumps Anwälte die zuständige Richterin wegen eines früheren Verhältnisses mit einem Staatsanwalt für befangen erklärten. Die Aufarbeitung läuft seither.
Formell kann Trump als US-Präsident einen Gerichtsprozess auf Ebene eines einzelnen Bundesstaats nicht stoppen. Ob seine Immunität, die er als Präsident genießen wird, auch auf dieser Ebene greift, ist zudem unklar - es gab so einen Fall schlicht noch nie. US-Rechtsexperten gehen jedoch davon aus, dass das Verfahren für die Dauer seiner Amtszeit pausiert wird.
Schweigegeld-Prozess (New York)
Im Prozess um Schweigegeld-Zahlungen an die ehemalige Porno-Darstellerin Stormy Daniels wurde Trump im Mai schuldig gesprochen und schrieb damit Geschichte.
Zur Erinnerung: Daniels behauptet, eine Affäre mit Trump gehabt zu haben, was er leugnet. Trotzdem soll er ihr über seinen Anwalt ein Schweigegeld in Höhe von 130.000 Dollar aus der Wahlkampfkasse bezahlt und diese Ausgabe durch gefälschte Geschäftsunterlagen vertuscht haben.
Dafür wurde er vom New Yorker Richter Juan Merchan schuldig gesprochen. Nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom Juli beriefen Trumps Anwälte jedoch gegen das Urteil.
Richter Merchan erklärte daraufhin, erst die Präsidentschaftswahl abwarten zu wollen, bevor er über den Berufungsantrag entscheidet - alles andere würde den Wahlkampf beeinflussen. Mit Trumps Wiederwahl gilt es nun als gesichert, dass Merchan der Berufung stattgeben und das Verfahren einstellen muss.