Politik/Ausland

USA: Generalstaatsanwalt im Fall Floyd im Visier der Republikaner

Als der Demokrat Keith Ellison im vergangenen Jahr den US-Kongress verließ und Generalstaatsanwalt von Minnesota wurde, trat er erst einmal von der großen politischen Bühne. Jetzt steht der 56-Jährige plötzlich wieder im Rampenlicht: Als oberster Staatsanwalt des US-Staates leitet Ellison nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd in Minneapolis die Ermittlungen gegen vier Polizisten.

Der Druck ist gewaltig: Das ganze Land schaut auf die Großstadt im Norden der USA. Doch die Ermittlungen dürften lange dauern, und Prozesse gegen Polizisten sind höchst kompliziert.

Ellison mahnte deswegen Geduld an - und dämpfte die Erwartungen: "Diesen Fall vor Gericht zu bringen wird nicht leicht", sagte der Generalstaatsanwalt, selbst ein Afroamerikaner, in dieser Woche. "Es wird schwierig, einen Schuldspruch zu erzielen." Zugleich betonte der in Detroit geborene Jurist: "Wir arbeiten an diesem Fall mit einem Ziel zusammen: Gerechtigkeit für George Floyd."

Floyds Tod bei seiner Festnahme in Minneapolis hat das ganze Land in Aufruhr versetzt. Genau acht Minuten und 46 Sekunden kniete der weiße Polizist Derek Chauvin auf dem Nacken des Afroamerikaners, der wegen Falschgeld-Verdachts festgenommen worden war. "Ich kann nicht atmen", klagte Floyd wiederholt - Worte, die sich auf immer in das Gedächtnis der Nation einprägen dürften -, bevor er verstummte und starb.

Nachdem er den Fall übernahm, verschärfte Generalstaatsanwalt Ellison die Vorwürfe gegen Chauvin: Nicht mehr nur eine "Tötung dritten Grades", sondern eine "Tötung zweiten Grades" wird dem Polizisten zur Last gelegt. Dabei handelt es sich um eine Tötung ohne Vorsatz, aber mit Tötungsabsicht im Augenblick der Tat. Darauf stehen bis zu 40 Jahre Haft. Ellison ließ auch die drei anderen an Floyds Festnahme beteiligten Polizisten wegen Beihilfe zu einem Tötungsdelikt festnehmen.

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Ellison hat in der Vergangenheit wiederholt für Furore gesorgt: 2006 wurde der linksgerichtete Demokrat der erste Muslim, der in das US-Repräsentantenhaus gewählt wurde, und gleichzeitig der erste Afroamerikaner, der Minnesota im Kongress vertritt. Zwölf Jahre später schrieb der vierfache Familienvater erneut Geschichte, als er zum Generalstaatsanwalt von Minnesota gewählt wurde. Erstmals errang damit ein Muslim bei einer Bundesstaat-weiten Wahl ein Amt.

Vorwürfe gegen Ellison

Unumstritten ist der einstige Bürgerrechtsanwalt nicht: So unterstützte er die Organisation Nation of Islam, die von Kritikern als antisemitisch eingestuft wird. Das Thema flammte auf, als der Vertreter des linken Parteiflügels sich 2017 um die Parteispitze der Demokraten bewarb. Ellison unterlag damals Tom Perez, wurde aber zum Stellvertreter gewählt.

Im Wahlkampf für das Amt des Generalstaatsanwalts wurden dann Vorwürfe der häuslichen Gewalt von einer Ex-Freundin bekannt. Ellisons republikanischer Rivale versuchte das auszuschlachten, Ellison gewann die Wahl dennoch.

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Für Schlagzeilen sorgte zuletzt sein erwachsener Sohn Jeremiah, als er der linksradikalen Antifa seine Unterstützung bekundete. Konservative machen Antifa-Aktivisten für Gewalt am Rande der nach Floyds Tod ausgebrochenen Proteste gegen Polizeigewalt und Rassismus mitverantwortlich. Ellison nahm seinen Sohn aber in Schutz: Dieser habe lediglich auf die "Absurdität" reagiert, dass Präsident Donald Trump die Antifa als Terrororganisation einstufen wolle.

Die Republikaner in Minnesota kritisieren, dass Ellison die Ermittlungen im Fall Floyd leitet. Sie argumentieren, er sei eine zu politische Figur. Doch Minnesotas Gouverneur Tim Walz, ein Demokrat, hat dem Generalstaatsanwalt sein Vertrauen ausgesprochen: Floyds Familie wolle volle Transparenz und Gerechtigkeit. Und dafür werde Ellison sorgen.