Ukraine-Krieg: Hälfte der Haushalte in Kiew noch ohne Strom
Zwei Tage nach den schweren russischen Raketenangriffen auf die ukrainische Strom- und Wasserversorgung hat die Hälfte der Verbraucher in der Hauptstadt Kiew noch keinen Strom. Landesweit lag die Stromproduktion am Freitag rund 30 Prozent unter der Nachfrage, teilte der staatliche Energieversorger Ukrenerho mit. Immerhin konnten alle vier Atomkraftwerke des Landes wieder ans Stromnetz angeschlossen werden.
Nach Angaben der Militärverwaltung der Hauptstadt war die Wasserversorgung in Kiew inzwischen vollständig wiederhergestellt. Die Wärmeversorgung in der Stadt werde ebenfalls wiederhergestellt. Ein Drittel der Häuser sei bereits wieder beheizt, teilte Bürgermeister Vitali Klitschko im Nachrichtenkanal Telegram mit. Notfallteams seien im Reparatureinsatz. Sobald sich das Stromnetz stabilisiert habe, werde auch das Mobilfunknetz in allen Bezirken Kiews wieder funktionieren.
Massive russische Angriffe als Ursache
Am Mittwoch war nach massiven russischen Raketenangriffen auf die ukrainische Energieinfrastruktur landesweit die Stromversorgung ausgefallen. Techniker reparierten rund um die Uhr zerstörte Netze. Am Donnerstagabend konnte nach Angaben des Netzbetreibers Ukrenerho die Hälfte des Strombedarfs wieder gedeckt werden. Die meisten Wärme- und Wasserkraftwerke produzierten wieder Strom. Russland greift seit mehreren Wochen gezielt die Energieinfrastruktur an.
Die Atomkraftwerke Riwne, Piwdennoukrainsk und Chmelnyzkyj konnten am Freitag wieder ans Stromnetz angeschlossen werden, teilte die UNO-Atombehörde IAEA mit. Damit waren sie nicht mehr auf eine Versorgung mit Dieselgeneratoren angewiesen. Nach den heftigen Raketenangriffen durch Russland waren die Anlagen in dieser Woche vom Netz genommen worden. Das AKW Saporischschja wurde bereits am Donnerstag wieder angeschlossen.
Wegen "anhaltender russischer Bombardierungen" evakuierte die Ukraine die Krankenhäuser in der vor kurzem zurückeroberten Stadt Cherson. Das erklärte Jaroslaw Januschewitsch, der Leiter der Militärverwaltung der gleichnamigen Region, am Freitag.
Immer mehr Menschen flüchten
Die anhaltenden russischen Angriffe auf die Infrastruktur der Ukraine vertreiben immer mehr Menschen. "Wir erwarten weitere Bevölkerungsbewegungen in den nächsten Monaten. Wir sehen dies schon in Kiew, die Stadt leert sich", sagte die Einsatzleiterin der Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC), Violaine des Rosier, am Freitag per Videolink aus Kiew zu Journalisten in Genf. Die Föderation sei in allen Nachbarländern im Einsatz, um Ankömmlingen zu helfen. Auch die Zahl der Vertriebenen innerhalb des Landes nehme zu, sagte sie.
Nach Angaben des UNO-Nothilfebüros (OCHA) war am Freitag in der Früh die halbe Stadt Kiew ohne Strom. Weil der Wasserdruck niedrig sei, hätten vor allem in den oberen Etagen von Wohnhäusern viele kein Wasser mehr, sagte ein OCHA-Sprecher in Genf. Insgesamt seien 15 von 24 ukrainischen Regionen in ähnlicher Lage. Insgesamt seien seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf das Nachbarland im Februar knapp 400 Generatoren geliefert worden, vor allem, um Krankenhäuser und Schulen zu versorgen. Tausende weitere würden in den nächsten Wochen bereitgestellt.