Trump feiert sich als Klimaretter und Algenfeind
Von Dirk Hautkapp
Wähler-Analysen liefern den Beweis: Umweltpolitisch steht Donald Trump 16 Monate vor der angestrebten Wiederwahl mit nackten Händen da. Fast 70 Prozent der Amerikaner halten den Umgang des US-Präsidenten mit dem Klimawandel, den Trump entweder leugnet oder für eine Erfindung der Chinesen hält, um Amerika zu schwächen, für unzureichend.
Der Rückzug der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen und das Zurückdrehen von fast 100 Beschlüssen zur Reduzierung von Abgas-Emissionen aus der Ära von Vorgänger Barack Obama hat den Präsidenten bei Jüngeren und Frauen, zwei relevanten Wähler-Segmenten, in Misskredit gebracht.
"Alternative Fakten"
Mit einer Rede, die laut Experten in Wissenschaft und Umweltgruppen von "alternativen Fakten" durchsetzt war und an George Orwells "1984" erinnerte, setzte Trump im Weißen Haus jetzt den Kontrapunkt. Er feierte sich als erfolgreichen Umweltschützer, der – anders als weltweit praktiziert – den Treibhausgas-Ausstoß dadurch reduzieren und perspektivisch für "sauberstes Wasser und klarste Luft" sorgen will, indem er "teure und nicht effektive" Auflagen aufhebt, die die US-Industrie strangulierten.
Ohne in Details zu gehen, spielte Trump darauf an, dass Kohlekraftwerke künftig länger schädliches ausstoßen dürfen als nach dem 2015 von Obama verabschiedeten Clean Power Plan (Saubere-Energie-Plan) vorgesehen war.
Ähnliches gilt für Autoabgase. Hier will Trump gegen den Rat der heimischen Auto-Industrie, die globale Wettbewerbsnachteile befürchtet, strenge Auflagen streichen. Dabei spielt die Umweltbehörde EPA die Schlüsselrolle. Ihr Chef, Andrew Wheeler, ein ehemaliger Lobbyist der Kohle-Industrie, sagte sinngemäß, dass Amerikas ökologische Bilanz schon heute besser sei als in der Zeit vor Trump.
Umweltgruppen halten dem entgegen, dass es "intellektuell unredlich" sei, den Rückgang von -Emissionen zu feiern und zeitgleich fossile Energieträger wie Öl und Kohle zu fördern.
Kalifornien als Vorbild?
Ähnlich gelagert sind die Vorwürfe, wenn Trump behauptet, seine Regierung sei der "beste Interessenwahrer" für die Erhaltung staatlicher Ländereien. Trump hat zahlreiche Naturschutz- und Küstengebiete für Bergbau, Öl- und Gasförderung geöffnet, den Einsatz von Agrar-Giften gelockert und Grenzwerte für Industrieabgase aufgeweicht, kontern Experten.
Sie erinnerten daran, dass die USA nach einer aktuellen Untersuchung unter 195 Ländern weltweit bei der Belastung durch Smog, Ozon und Rußpartikeln an 123. Stelle liegen.
Die Demokraten warfen Trump "Etikettenschwindel" beim Abbau von Treibhausgasen vor. Richtig sei, dass vor allem der Boom bei der Gasförderung die Emissionen binnen eines Jahrzehnt um rund zehn Prozent gesenkt hätte. "In Europa ist der Rückgang im gleichen Zeitraum teilweise mehr als doppelt so hoch", sagen kalifornische Abgeordnete.
Sie betonen, dass der Westküstenstaat mit scharfer Gesetzgebung und Förderung Erneuerbarer Energien bereits vor drei Jahren den Ausstoß von unter das Niveau von 1990 gedrückt habe – bei unverändert hoher Wirtschaftsleistung. Letzteres ist Trump wichtig. Er hob mehrfach hervor, dass die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens Umweltsünder wie China begünstigten und amerikanische Arbeiter bestrafen würden.
Angler für Trump
US-Kommentatoren zeigten sich verblüfft, dass Trump nicht ein einziges Mal von Wissenschaftlern mit der globalen Erderwärmung in Verbindung gebrachte Phänomene wie Polareis-Schmelze, Hitze-Rekorde oder katastrophale Regenfälle erwähnte. Das Wort Klimawandel kam bei ihm schlicht nicht vor. Stattdessen ließ sich der Präsident am Mikrofon des Weißen Hauses ausgiebig von Bruce Hroback feiern.
Er ist Betreiber eines Ladens für Angler-Bedarf in Port St. Lucie (Florida). Ein Bundesstaat, der bei der Wahl 2020 von enormer Wichtigkeit ist. Trump hat Millionensummen aus Washington in den Kampf gegen die "rote Flut" gelenkt: Die Algenplage hat in Florida massives Fischsterben ausgelöst. Und beinahe Hrobacks Geschäft ausgetrocknet.