Politik/Ausland

Was Trump jetzt droht

Militante Trump-Anhänger stürmen das Kapitol um zu verhindern, dass die Abgeordneten und Senatoren den Wahlsieg Joe Bidens formell bestätigen können. Ein direkter Angriff auf die Demokratie. Wie konnte es überhaupt soweit kommen und wie geht es jetzt mit Trump und Amerika weiter? Antworten auf diese Fragen gibt's auch in der heutigen Daily Podcast Spezialausgabe. Gleich hier reinhören: 

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In beiden Häusern des US-Kongresses bemühte man sich unterdessen nach den Schreckensszenen im Kapitol um Dienst nach Vorschrift. Doch während die Sitzungen im Senat und im Repräsentantenhaus Donnerstagfrüh betont friedlich und unaufgeregt weiterliefen, gehen immer mehr Abgeordnete beider Parteien an die Öffentlichkeit mit der Forderung, Trump sofort aus dem Amt zu entfernen. So meinte etwa der demokratische Kongressabgeordnete Tim Ryan im Nachrichtensender MSNBC: "Trump muss weg. Es kann nicht sein, dass dieser Mann als quasi mächtigster Mann der Welt im Amt bleibt." Ein Kongressabgeordneter der Republikaner, der anonym bleiben wollte, meinte gegenüber CNN: "Mann muss ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn einleiten und ihn entfernen."

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Regierungsvertreter sollen über Absetzung beraten

Laut CNN sind auch mehrere Vertreter von Trumps-Regierungsteam bereits zu Beratungen zusammengetreten, um über die Absetzung des Präsidenten zu beraten. Nach US-Recht gibt es dafür zwei Möglichkeiten: Ein Amtsenthebungsverfahren, also ein sogenanntes Impeachment, wie es Trump ohnehin schon einmal durchgemacht hat. Dieses kann von einer einfachen Mehrheit im Repräsentantenhaus eingeleitet werden. Die Demokraten besitzen diese Mehrheit. Die Mehrheit im Senat allerdings, die dafür ebenfalls notwendig wäre, wird wohl wie beim ersten Mal im Vorjahr nur schwer zu bekommen  sein. In Anbetracht der Ausnahmesituation nach dem Sturm auf das Kapitol wäre allerdings ein radikaler Schwenk bei den Abgeordneten beider Parteien durchaus denkbar. Sind die Mehrheiten einmal da, könnte das Ganze innerhalb weniger Stunden ablaufen, meinen Verfassungsexperten. Auch im Senat soll die Fraktion der Republikaner bereits über entscheidende Schritte in diese Richtung beraten.

Amtsunfähigkeit

Die zweite Möglichkeit wurde 1967 in der Folge der Ermordung von Präsident John F. Kennedy geschaffen: Die Erklärung der Amtsunfähigkeit des Präsidenten nach dem 25. Zusatzartikel zur US-Verfassung. Sie existiert eigentlich für Situationen, in denen der Präsident etwa aus Krankheitsgründen sein Amt nicht mehr ausüben kann. Dies müssen der Vizepräsident und die Mehrheit des Kabinetts formell bezeugen.

Brief an den Vizepräsidenten

Die Demokraten im Repräsentantenhaus forderten in einem Brief an Pence exakt diese vorzeitige Entmachtung Trumps durch die eigenen Regierung. Der abgewählte Präsident habe zum Aufruhr angestachelt und “unsere Demokratie zu untergraben versucht„, schrieben die demokratischen Mitglieder des Justizausschusses. Trump sei “mental nicht gesund„ und unfähig, das Wahlergebnis “zu verarbeiten und zu akzeptieren„.

Experten zufolge ist die Regelung eindeutig für Gebrechen gedacht, eine Anwendung bei Trump sei wenig vorstellbar. Ohnehin dürfte Vize-Präsident Mike Pence Vorbehalte gegen diesen Schritt haben. Außerdem könnte der Präsident sich selbst in einer Gegenreaktion wieder ins Amt setzen. Trotzdem sprechen Kommentatoren in liberalen US-Fernsehsendern offen diese Möglichkeit an. Chris Hayes auf MSNBC etwa meinte: "Der US-Präsident ist eine Gefahr für diese Republik. Er muss mit allen Mitteln und so rasch wie möglich entfernt werden."