Politik/Ausland

Trump gegen die Zeit: Anklage gegen Ex-Präsidenten dürfte kurz bevor stehen

Im Laufe des Abends unserer Zeit könnte heute eine wesentliche Entscheidung in der Frage fallen, ob Ex-Präsident Donald Trump wegen seiner Zahlung von 130.000 Dollar Schweigegeld an Pornodarstellerin Stormy Daniels und der illegalen Verbuchung als Wahlkampfgeld angeklagt wird oder nicht. Die New Yorker Grand Jury kommt am Nachmittag (Ortszeit) zusammen; wann und ob abgestimmt wird, bleibt bis zum Ende des Treffens geheim.

In aller Kürze: Trump ist aktuell Gegenstand mehrerer großer Ermittlungen, die in den kommenden Tagen alle besonders heikel werden könnten für ihn: So ermittelt neben  der Schweigegeldcausa das Justizministeriums im Fall der von ihm illegal in Mar-a-Lago versteckten Geheimdokumente, die das FBI in einer Razzia bei ihm gefunden hat.

Trumps Anwalt Evan Corcoran muss Unterlagen zu seiner Arbeit mit Trump bereitstellen und am Freitag ebenfalls vor einer "Grand Jury" unter Eid aussagen. Der Verdacht steht im Raum, dass Trump seinen Anwalt belogen haben könnte. 

Corcoran ist angehalten, die Abschriften von Tonaufahmen vorzulegen, die Trump einer Straftat überführen könnten. Die würde Trump entschieden mehr kosten als die buchhalterisch unsachgemäße Abrechnung von Schweigegeldzahlungen an Daniels.

So oder so wäre jede Anklage gegen Trump beispiellos, da kein amtierender oder ehemaliger Präsident jemals eines Verbrechens angeklagt wurde.

Antworten auf die wichtigsten Fragen in der Schweigegeldcausa, ausführlich erklärt:

Warum geht es in der Affäre Daniels nochmal genau?

Vor der Präsidentschaftswahl 2016 zahlte Trumps damaliger Privatanwalt Michael Cohen 130.000 Dollar (rund 122.000 Euro) an Stormy Daniels, die nach eigenen Angaben 2006 Sex mit Trump hatte, was dieser bestreitet. Mit der Zahlung sollte verhindert werden, dass diese an die Öffentlichkeit geht und Trump damit im Wahlkampf schadet. Das Geld bekam Cohen später von Trumps Familienholding, der Trump Organization, zurückgezahlt. Bekannt wurde die Affäre erst Anfang 2018.

Was wirft die Staatsanwaltschaft Trump vor?

Die Zahlung an Stormy Daniels an sich ist nicht illegal. Die Rückerstattung an Michael Cohen wurde aber von der Trump Organization als Anwaltskosten deklariert. Sollte dies als Fälschung von Unternehmensdokumenten ausgelegt werden, wäre dies ein Vergehen. Die Staatsanwaltschaft könnte auch argumentieren, dass die Fälschung begangen wurde, um eine andere Straftat - etwa eine illegale Wahlkampfspende - zu vertuschen. Dann würde es sich um ein Verbrechen handeln.

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Wer leitet die Ermittlungen gegen Trump?

Zuständig ist der Staatsanwalt von Manhattan, der seit Anfang 2022 amtierende Alvin Bragg. Anders als in Österreich werden viele Staatsanwälte in den USA gewählt. Bragg gehört der Demokratischen Partei an.

Bei den Ermittlungen spielt die sogenannte Grand Jury eine zentrale Rolle: Das aus normalen Bürgern besetzte Gremium befragt in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Zeugen und entscheidet letztlich über eine Anklageerhebung. Das Pendant während eines Gerichtsprozesses ist die Jury aus Geschworenen, die über Schuld oder Unschuld des Angeklagten entscheiden.

Wie würde eine Anklageerhebung ablaufen?

Trump selbst erklärte am Wochenende, er solle am Dienstag festgenommen werden. Bisher ließ die Anklage aber auf sich warten. Trump müsste dann jedenfalls vor der New Yorker Justiz erscheinen.

Erwartet wird, dass Trumps Anwälte und die New Yorker Staatsanwaltschaft sich für ein Erscheinen des Ex-Präsidenten absprechen. Der für den Schutz von Präsidenten und Ex-Präsidenten zuständige Secret Service dürfte sich dann eng mit den örtlichen Polizeibehörden abstimmen, um einen möglichst reibungslosen Ablauf der Prozeduren zu ermöglichen.

Rein theoretisch ist es natürlich möglich, dass Trump sich weigert, vor der Justiz zu erscheinen. Er könnte damit versuchen, seine Festnahme zu erzwingen, um sich als Opfer politischer Verfolgung darzustellen.

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Wie geht Trump vor?

Der Rechtspopulist, der bei der Präsidentschaftswahl 2024 erneut antreten will, ging am Wochenende selbst mit einer Online-Botschaft über seine angeblich am Dienstag bevorstehende Festnahme in die Offensive. Er hat Staatsanwalt Bragg wiederholt attackiert, bezeichnet sich als Opfer einer politisch motivierten "Hexenjagd" und hat seine Anhänger zu Protesten aufgerufen. Das weckt Befürchtungen vor möglichen Ausschreitungen radikaler Trump-Anhänger - selbst Erinnerungen an die Kapitol-Erstürmung am 6. Jänner 2021 werden wach.

Welche Auswirkungen hätten eine Anklage?

Eine Anklage gegen einen früheren Präsidenten hat es in der US-Geschichte noch nie gegeben. Auf juristischer Ebene würde es vor einem Prozess noch eine Reihe rechtlicher Zwischenschritte geben. Ob Trump in einem Prozess schuldig gesprochen würde, ist völlig offen.

Auf politischer Ebene hat Trump klargestellt, dass er trotz einer Anklage an seiner Präsidentschaftsbewerbung festhalten würde. Eine Anklage wäre zwar ein schwerer Image-Schaden; der Republikaner dürfte aber versuchen, das Vorgehen der New Yorker Justiz zu nutzen, um seine Anhänger mit Blick auf die Präsidentschaftsvorwahlen der Republikaner im kommenden Jahr zu mobilisieren.

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Was sagt die Bevölkerung zur Anklage?

Gut die Hälfte der US-Bürger geht einer Umfrage davon aus, dass die Ermittlungen politisch motiviert sind. Die am Dienstag veröffentlichte Erhebung von Reuters/Ipsos beziffert den Anteil auf 54 Prozent, unter Parteifreunden des Republikaners liegt er bei 80 Prozent. Allerdings erklärten 70 Prozent der Befragten, es sei glaubwürdig, dass während des Wahlkampfs 2016 Geld an die Pornodarstellerin Daniels geflossen sei.

Seit Tagen herrschen vor dem Gerichtsgebäude in Downtown Manhattan erhöhte Sicherheitsvorkehrungen, Metallzäune wurden aufgebaut und die Polizeipräsenz erhöht. Bisher gab es kleinere Proteste, gröbere Ausschreitungen blieben aber aus.