Weißes Haus bestätigt: Selenskij heute in Washington
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij wird am Mittwoch zu seiner ersten Auslandsreise seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der US-Hauptstadt Washington erwartet. Die US-Regierung bestätigte in der Nacht auf Mittwoch entsprechende Berichte.
Selenskij werde in Washington unter anderem von US-Präsident Joe Biden im Weißen Haus empfangen und vor dem US-Kongress sprechen. Er sei bereits auf dem Weg, teilte Selenskij seinerseits mit.
„Ich bin in die USA abgeflogen, um die Stabilität und Verteidigungsfähigkeit der Ukraine zu stärken“, twitterte er.
Biden will den Angaben zufolge im Zuge des Treffens mit seinem ukrainischen Kollegen auch bekannt geben, dass die USA der Ukraine das Patriot-Flugabwehrsystem liefern werden.
Seit Kriegsbeginn am 24. Februar hat Selenskij sein Land nicht verlassen. Für Auftritte auf der politischen Weltbühne ließ er sich stets digital aus der Ukraine zuschalten. Ins Kampfgebiet reiste der ukrainische Präsident bereits mehrmals - im Gegensatz zum russischen Präsidenten Wladimir Putin, der bisher kein einziges Mal an der Front gewesen ist.
Kreml: "Verheißt nichts Gutes für Ukraine"
Wie zu erwarten war, kritisierte der Kreml am Mittwoch Selenskijs Besuch in den USA und die Waffenlieferungen. „Das alles führt zweifellos zu einer Verschärfung des Konflikts und verheißt an sich nichts Gutes für die Ukraine“, sagte Sprecher Dmitri Peskow. Er erwarte nicht, dass Selenskyj nach seiner Reise verhandlungsbereiter gegenüber Moskau sein werde.
Dem Weißen Haus zufolge haben Biden und Selenskij während eines Telefonats Mitte Dezember erstmals über einen möglichen Besuch gesprochen. Später sei dann eine offizielle Einladung erfolgt.
Flugabwehr als Mitbringsel
Die USA haben die Ukraine seit Beginn des Krieges mit milliardenschweren Militärhilfen unterstützt. Biden werde am Mittwoch ein weiteres Militärhilfe-Paket in Höhe von knapp zwei Milliarden US-Dollar ankündigen, teilte ein hochrangiger Vertreter der US-Regierung mit. Dieses werde auch das Patriot-Flugabwehrsystem enthalten.
Die Ankündigung kommt nicht überraschend. Zuletzt gab es Berichte, wonach die US-Regierung eine solche Lieferung in Erwägung zieht.
Das Luftverteidigungssystem Patriot dürfte die Karten in der von Russland angegriffenen Ukraine Experten zufolge neu mischen. Es kann Flugzeuge, Marschflugkörper, Drohnen oder Raketen auch in größerer Entfernung abwehren.
Der hochrangige US-Regierungsvertreter sagte, die ukrainischen Streitkräfte würden in einem Drittland ausgebildet. Er machte dazu keine weiteren Angaben. Naheliegend und wahrscheinlich ist, dass Ukrainer - wie auch bei anderen Waffensystemen schon praktiziert - in Deutschland ausgebildet werden, beispielsweise auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr in Bayern.
Moskau hatte Washington zuletzt vor einer Patriot-Lieferung gewarnt. Wie andere schwere Waffen auch würden diese Komplexe für die russischen Streitkräfte zu "rechtmäßigen vorrangigen Zielen", sagte die Sprecherin des Außenministeriums in Moskau, Maria Sacharowa, vergangene Woche. Die US-Regierung liefert bereits Mehrfachraketenwerfer vom Typ HIMARS oder das Flugabwehrsystem NASAMS in die Ukraine.
"Wir sind nicht auf einen direkten Krieg mit Russland aus", sagte der US-Regierungsvertreter. Und daran werde sich auch mit Selenskjjs Besuch und der Lieferung der Patriot-Batterie nichts ändern. "Es geht darum, eine Botschaft an Putin und an die Welt zu senden, dass Amerika für die Ukraine da sein wird, so lange es nötig ist."
Der Besuch sei auch eine gute Möglichkeit für den ukrainischen Präsidenten, sich an das amerikanische Volk zu wenden.
44,9 Milliarden Dollar für Ukraine
Am Dienstag hatten sich Republikaner und Demokraten im US-Kongress auf einen Haushaltsentwurf geeinigt, der auch milliardenschwere Militärhilfen enthält. Das Paket mit einem Volumen von 1,7 Billionen US-Dollar (1,6 Billionen Euro) sieht unter anderem 44,9 Milliarden US-Dollar (42,3 Milliarden Euro) Hilfen für die Ukraine vor. Über den Entwurf müssen allerdings noch der Senat und das Repräsentantenhaus abstimmen.
Es ist nun Selenskijs zweiter Besuch im Weißen Haus seit dem Amtsantritt von Biden. Zuletzt hatte Biden seinen ukrainischen Kollegen Selenskij im Sommer 2021 in Washington empfangen.
Bidens Regierung hatte früh öffentlich vor einem Angriffs Russlands auf die Ukraine gewarnt und sich dabei auf Geheimdienstinformationen berufen. Seit dem Einmarsch in die Ukraine haben die USA und ihre Verbündeten Russland mit harten Sanktionen belegt.