Politik/Ausland

Putins Rede zur Lage der Nation: "Der Westen hat den Krieg losgetreten"

Kurz vor dem ersten Jahrestag des Kriegs gegen die Ukraine hat Russlands Präsident Wladimir Putin seine bereits 18. Rede zur Lage der Nation gegeben.

Putin sprach im Veranstaltungszentrum Gostiny Dwor in Moskau vor Vertretern der Föderalen Versammlung - diese setzt sich aus Staatsduma und Föderationsrat zusammen -  und vermittelte dabei seine, altbekannte, Sicht der Dinge auf den Krieg. Von Russland immer noch "Spezialoperation" genannt.

Die Verantwortung für den Ukraine-Krieg schiebt er, wie schon öfter zuvor, dem Westen zu. "Sie haben den Krieg losgetreten."

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"Nicht unser Krieg"

Die USA seien einseitig aus Verträgen ausgestiegen. Russland habe sich bemüht, das Problem im Donbass friedlich zu lösen. Aber der Westen habe ein anderes Szenario vorbereitet. "Sie haben den Krieg begonnen. Wir haben alles getan, um ihn zu stoppen."

Schon vor Beginn des von Putin so bezeichneten militärischen Sondereinsatzes in der Ukraine habe die Regierung in Kiew mit dem Westen über Waffenlieferungen gesprochen. Der Westen habe in zynischer Weise die eigene Bevölkerung betrogen.

"Wir haben alles getan, um dieses Problem friedlich zu lösen und einen friedlichen Weg aus diesem schwierigen Konflikt auszuhandeln, aber hinter unserem Rücken wurde ein ganz anderes Szenario vorbereitet", sagt Putin mit Blick auf den Donbass.

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Neonazi-Regime in der Ukraine

In der Ukraine sei nach wie vor ein "Neonazi-Regime" an der Macht, so der Präsident. Die "militärische Spezialoperation" werde fortgesetzt.

"Schritt für Schritt, sorgfältig und konsequent, werden wir die vor uns liegenden Aufgaben lösen", sagte der 70-Jährige.

Russlands Truppen in der Ukraine würden für die Zukunft und die Wiederherstellung der historischen Gerechtigkeit kämpfen, so der Kreml-Chef. "Wir werden alles dafür tun, damit der Frieden wieder in unser Land einkehrt.“

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Westen greift nach "grenzenloser Macht"

Dem Westen wirft Putin vor, nach "grenzenloser Macht" zu streben. "Die Geldflüsse aus dem Westen in den Krieg nehmen nicht ab", sagt er vor dem Parlament in Moskau. Für den Westen stünden Billionen Dollar auf dem Spiel.

Die westlichen Länder hätten schon vor langer Zeit damit begonnen, die Ukraine zu einer Art "Anti-Russland" zu machen. "Der Westen hat den Geist aus der Flasche gelassen", sagt Putin. "Die Verantwortung für die Eskalation in der Ukraine liegt bei den westlichen Eliten."

Existenz Russlands auf dem Spiel

Putin sieht die Existenz Russlands auf dem Spiel. Der Westen versuche, einen lokalen Konflikt in einen globalen zu verwandeln, sagt er vor dem Parlament. Zugleich versichert Putin: "Es ist unmöglich, unser Land auf dem Schlachtfeld zu besiegen."

Er zeigt sich überzeugt, dass die Mehrheit der russischen Bevölkerung das Vorgehen der Regierung bei der Verteidigung des Donbass unterstütze. "Ich möchte den russischen Menschen für die Entschlossenheit und den Mut danken."

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Modernisierung der Armee

Putin kündigte eine Modernisierung der russischen Armee an. "Der Ausstattungsgrad der nuklearen Abschreckungskräfte Russlands mit neuesten Systemen beträgt jetzt 91,3 Prozent", sagte Putin.

"Nun - unter Berücksichtigung unserer gesammelten Erfahrungen - müssen wir ein solch hohes Qualitätsniveau in allen Teilen der Streitkräfte erreichen", fügte er hinzu.

 

Russische Wirtschaft stabil

Die russische Wirtschaft hat sich gemäß Putin als weitaus stärker erwiesen als vom Westen erwartet. "Der Westen bekämpft uns an der Wirtschaftsfront", sagt er vor dem Parlament. Er werde aber keinen Erfolg haben. Der Westen habe Preiserhöhungen und Arbeitsplatzverluste provoziert, er habe Sanktionen verhängt, um das russische Volk leiden zu lassen.

2022 sei die russische Wirtschaft um 2,1 Prozent geschrumpft, räumt Putin ein. Aber die Arbeitslosigkeit sei auf einem historisch niedrigem Niveau, russische Firmen hätten ihre Lieferketten wieder aufgebaut. Nach dem Rückzug westlicher Firmen aus Russland habe man neue Nischen gefunden. 

"Der Westen hat unser Gold und unsere Devisenreserven gestohlen", sagt Putin mit Blick auf Sanktionen, die westliche Staaten wegen des russischen Angriffes auf die Ukraine verhängt haben. "Aber ihre Rechnung ist nicht aufgegangen. Die russische Wirtschaft und das Management haben sich als viel stärker erwiesen als sie dachten."

Wirtschaftlicher Strukturwandel

Der Strukturwandel in der russischen Wirtschaft infolge des Krieges ist nach Putins Darstellung längst überfällig. Er begrüßt, das Ende der Abhängigkeit russischer Unternehmen vom Westen. Eine solche Abhängigkeit sei gefährlich, sagt er in seiner Rede zur Lage der Nation. Die Firmen sollten mehr zu Hause in Russland investieren. Kein einfacher Russe bedauere es, dass die Zeiten, in denen reiche Russen Yachten und Paläste im Westen als sichere Häfen gekauft hätten, vorbei seien, fügt Putin hinzu.

Der Westen hat seine Wirtschaftsbeziehungen zu Russland wegen des Ukraine-Kriegs weitgehend gekappt und umfangreiche Sanktionen verhängt. Russland hat im Zuge dessen angekündigt, seine Wirtschaft unter anderem stärker nach Asien auszurichten.

Unterstützung für Familien

Es sei laut Putin die Pflicht des Staates, die Familien zu unterstützen, die Angehörige im Krieg verloren hätten. Den Familien gefallener Soldaten und Kriegsveteranen verspricht Putin daher finanzielle Unterstützung und kündigt zu diesem Zweck einen staatlichen Sonderfonds an.

In den neuen Gebieten werde es mehr soziale Hilfsprogramme geben, sagt Putin mit Blick auf die annektierten vier ukrainischen Regionen.

Diese Gebiete hätten die Wahl getroffen, bei Russland zu sein - trotz der Drohungen von Nazis. Als Nazis hat Putin wiederholt die ukrainische Führung bezeichnet.

Putin verspricht faire Wahlen

Die Präsidentenwahl im kommenden Jahr wird laut Putin fair ablaufen. Sie werde „in strikter Übereinstimmung mit dem Gesetz und unter Einhaltung aller demokratischen Verfassungsverfahren abgehalten“ werden, sagt er vor dem Parlament.

„Wir alle müssen unsere Anstrengungen, unsere Verantwortung und unsere Rechte bündeln, um ein historisches höchstes Recht zu wahren: das Recht Russlands, stark zu sein.“ Dafür spenden ihm die Abgeordneten stehend Beifall.

Internetseiten russischer Staatsmedien ausgefallen

Unterdessen sind Internetseiten russischer Staatsmedien während der Live-Übertragung zusammengebrochen. Reuters-Journalisten an mehreren Standorten konnten während der Rede zeitweise nicht auf die Website der Staatlichen Fernseh- und Rundfunkgesellschaft (VGTRK) und die Live-Streaming-Plattform Smotrim zugreifen.

In einer Meldung auf der VGTRK-Website hieß es, dass "technische Arbeiten durchgeführt werden", während die Smotrim-Website nicht geladen werden konnte. Der staatlichen Nachrichtenagentur RIA Novosti zufolge war der Ausfall das Ergebnis eines sogenannten DDoS-Angriffs (Distributed Denial of Service), bei dem eine Website binnen kurzer mit Anfragen überflutet wird, so dass sie wegen Überlastung zusammenbricht.

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