Politik/Ausland

Porno-Dienst-Gründer erwägt Kandidatur gegen Orbán

Mit einem Vermögen von 280 Milliarden Forint (umgerechnet 760 Millionen Euro) belegt György Gattyán auf der Liste der 100 reichsten Ungarn aktuell den dritten Platz, sein Geld verdiente er mit der Gründung eines Porno-Streamingdienstes. Zudem ist er Inhaber der Budapester János Kodolányi Universität, Finanzier der bekannten Filmreihe "Ungarische Volksmärchen" und Eigentümer des einzigen globalen IT-Unternehmens, das sich vollständig in ungarischem Besitz befindet, der Docler Holding mit Sitz in Luxemburg.

Nun möchte der 51-Jährige scheinbar auch Politiker werden. Und zwar nicht irgendeiner, sondern Premierminister von Ungarn.

Alle Inhalte anzeigen

Mit einem Facebook-Video sorgt Gattyán für Aufsehen: Darin erwägt er die Gründung einer eigenen Bewegung sowie eine Kandidatur bei den Parlamentswahlen im April 2022.

"Die Ungarn wollen Veränderung"

Er plane den Bau eines eigenen "Wissenszentrums" und wolle sein Netzwerk nutzen, um in jedem der 106 ungarischen Wahlkreise einen Kandidaten aufzustellen. Sein Ziel: eine – wie er es nennt – "digitale Transformation" des Gesundheits-, Bildungs- und Staatssystems, schreibt das Wirtschaftsmagazin Bloomberg. Seine "Bewegung" nennt er "Digitalize Hungary". Noch bleibe genügend Zeit bis zur Wahl, um jederzeit eine vollwertige Partei gründen zu können, so der Geschäftsmann in dem Video: "Die Ungarn wollen Veränderung", man werde sich im April "nicht nur zwischen den beiden Vergangenheiten entscheiden können", kündigt er an. Gemeint sind damit wohl die aktuell regierende Fidesz und die geschlossen zur Wahl antretenden Oppositionsparteien.

Der Spitzenkandidat der Oppositionsparteien, Péter Márki-Zay, ortet hinter der möglichen Kandidatur Gattyáns einen Plan der Fidesz: Es sei durchaus möglich, dass die Partei Premier Viktor Orbáns hinter der Kandidatur stecke, um die Chancen eines Sieges der Opposition zu mindern, sagte Márki-Zay gegenüber RTL Híradó.

Alle Inhalte anzeigen

Die Fidesz reagierte bis dato nicht auf die Anschuldigungen. Stattdessen warnte Ungarns Außenminister Péter Szijjártó am Donnerstag vor einer Einmischung der USA in die Wahl zugunsten Márki-Zays.

Ablenkungsmanöver?

Washington hege einen besonderen Groll gegen Orbán aufgrund seiner „besonderen Beziehung“ zu Ex-Präsident Donald Trump, wird Szijjárt in der Financial Times zitiert. Man gehe davon aus, dass die Vereinigten Staaten in den kommenden Monaten Sanktionen und andere Mittel gegen in den USA lebende Ungarn verhängen würden.

Die verbalen Anschuldigungen Richtung USA könnten aber auch eine Antwort auf Präsident Joe Bidens Demokratiegipfel sein, zu der Ungarn nicht eingeladen wurde: 110 Staaten hat der US-Präsident zu einem virtuellen Gipfeltreffen im Dezember geladen, Ungarn ist neben China und der Türkei nicht willkommen.