Politik/Ausland

Polen streitet mit Netflix über den Holocaust

Wenn es um den Holocaust geht und Konzentrationslager versteht Polens rechtskonservative Pis-Regierung keinen Spaß. Jede Bemerkung eines ausländischen Politikers, die das Land auch nur in die Nähe der Nazi-Verbrechen rückt, wird umgehend mit einer diplomatischen Breitseite beantwortet. Ein eigenes Gesetz stellt solche historischen Unschärfen unter Strafe. Selbst Israel zog sich den Unmut Polens zu, als es dieses Gesetz auch als Strategie kritisierte, um die Geschichte des Antisemitismus in Polen zu tabuisieren und zu verschweigen. Diesmal aber geht es um kein Land, keine Politiker und auch keinen Historiker, sondern um den US-Streaming-Giganten Netflix. Der hat nämlich aus dem Holocaust-Thema einen neuen Zuschauerhit gebastelt. Es geht um den Ukrainer John Demjanjuk.

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Der wurde als Kriegsgefangener der Wehrmacht in den Konzentrationslagern Treblinka und Sobibor als Wächter und Helfer der SS eingesetzt. In dieser Funktion wurde der Ukrainer zum Folterknecht und Mörder und soll an Tausenden Toden zumindest mitverantwortlich sein. Nach dem Krieg emigrierte er in die USA, wo er über Jahrzehnte ein unauffälliges Leben führte, bis ihn schließlich der israelische Geheimdienst aufspürte und ihn in Israel vor Gericht stellte. Die Serie, die übrigens auch von Kritikern eher mäßig beurteilt wurde, erzählt vor allem die Geschichte dieser Jagd nach dem ukrainischen Folterknecht.

Falsche Grenzen  

Was aber die polnische Regierung und Ministerpräsident Mateusz Morawiecki persönlich auf den Plan treten ließ, waren die Karten, die in der Serie gezeigt wurden. Die zeigen nämlich Polen als eigenständigen Staat, und das in den Grenzen von nach 1945. Eine grobe historische Unschärfe, schließlich waren nicht nur große Teile des heutigen Polen vor 1945 deutsches Gebiet, das Land reichte auch um Hunderte Kilometer weiter nach Osten. Außerdem wurde der Name Polen nach der deutschen Besetzung 1939 durch den Begriff "Generalgouvernement" ersetzt. Für den polnischen Regierungschef waren diese Fehler Grund genug, um seinen Ärger über Netflix öffentlich zu machen. In einem mehrseitigen Brief, den Morawiecki auch auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte, kritisiert er diese historischen Fehler und kündigt an, dass seine Regierung entschlossen und in aller Eile dagegen vorgehen werde.

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Auch das polnische Außenministerium meldet sich über Twitter mit einer ähnlichen Kritik zu Wort. Es werde mit keinem Wort erwähnt, dass all diese Orte des Verbrechens von Deutschen betrieben worden seien. Die Zuschauer würden so fälschlicherweise den Eindruck bekommen, dass Polen am Holocaust beteiligt oder mitschuld gewesen sei.