Politik/Ausland

EU kämpft mit Stacheldraht und Papierkram gegen Migration aus Belarus

Im Konflikt mit Belarus um mutmaßlich gesteuerte Migration Richtung EU hat die EU-Kommission neue Maßnahmen beschlossen: Die Brüsseler Behörde schlug am Mittwoch vor, das erst im Juli 2020 in Kraft getretene Abkommen über Visa-Erleichterungen mit Belarus in Teilen wieder auszusetzen.

Betroffen sein sollen Mitglieder offizieller Delegationen und Behörden: Ihnen drohen mehr Papierkram und höhere Kosten. Normale Bürger sollen keine Nachteile haben.

Plan des Diktators

Die EU-Kommission, aber auch mehrere EU-Staaten, werfen dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, in organisierter Form Flüchtlinge aus Krisenregionen an die EU-Außengrenze zu bringen und nach Europa zu schleusen  zur Destabilisierung der europäischen Gemeinschaft und als Reaktion auf verschärfte westliche Sanktionen gegen die ehemalige Sowjetrepublik.

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Laut EU-Innenkommissarin Ylva Johansson geht Lukaschenko folgendermaßen vor: Migranten, die 10.000 Euro zahlen könnten, würden eingeladen und zunächst in Hotels untergebracht, ehe sie an die EU-Grenze gebracht würden. Wenn die EU-Staaten sie dann nicht ins Land ließen, versperre Belarus ihnen den Rückweg und sie seien gefangen.

Lukaschenko leide wirtschaftlich unter den EU-Sanktionen. Mit dem Vorgehen schlage er mehrere Fliegen mit einer Klappe: Er käme an Geld, übe Druck aus auf die EU und lege die Verantwortung für das Überleben der Migranten in Brüssels Hände.

Vier Meter hoher Zaun geplant

Die Zahl versuchter Grenzübertritte aus Belarus in die EU-Staaten Polen, Litauen und Lettland ist in den vergangenen Monaten in die Höhe geschnellt. Von dem großen Zuzug während der Fluchtbewegung 2015 und 2016 ist die EU aber noch weit entfernt. 

Polen, Litauen und Lettland haben bereits eigene Maßnahmen gesetzt. Diese richten sich allerdings nicht gegen weißrussische Diplomaten, sondern die Migranten selber: Neben einer Verstärkung des Grenzschutzes hat Litauen an seiner Grenze mit dem Bau eines 508 Kilometer langen Zauns begonnen, Stacheldrahtrollen wurden bereits ausgelegt. Nun soll bis 2022 ein etwa vier Meter hoher Zaun errichtet werden. 152 Millionen Euro kostet dieser.

Auch Lettland baut einen Zaun, in der Zwischenzeit liegt auch dort Stacheldraht auf.

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Im sumpfigen Grenzgebiet kamen bereits mehrere Migranten um. Warschau will den Ausnahmezustand in einem drei Kilometer breiten Streifen entlang der Grenze zu Belarus um 60 Tage verlängern. Journalisten und Helfer haben dort keinen Zutritt. Johansson will an diesem Donnerstag nach Warschau reisen und sich ein Bild von der Situation vor Ort machen.

Uneinigkeit innerhalb EU

In der EU-Kommission ist man sich in der Zwischenzeit noch uneinig, wie weiter vorgegangen werden soll: Polen warnte am Mittwoch vor einem weiter anhaltenden Migrationsdruck. Der freiheitliche Delegationsleiter im Europaparlament, Harald Vilimsky, forderte in einer Aussendung: "Die EU muss mehr Druck auf Drittländer ausüben, damit diese einerseits Schlepper bestrafen. Andererseits brauchen wir mehr Druck, damit Herkunftsländer ihre Staatsangehörigen auch zurücknehmen."

Die Delegationsleiterin der Grünen im EU-Parlament, Monika Vana, forderte hingegen "legale Einwanderungs- und sichere Fluchtwege nach Europa". Das alleinige Vorgehen gegen Schlepperbanden und Schwarzarbeit von Migranten sei "wirkungslose Symptombekämpfung, die am Kern der Sache vorbeigeht".