Politik/Ausland

Macron zwischen „gelber“ Revolte und Terror-Alarm

Es war vorauszusehen, aber es ist trotzdem niederschmetternd: Der Mord-Ritt des islamistischen Schwerverbrechers Cherif Chekatt in Straßburg hat im Web eine Welle von Meldungen ausgelöst, die sinngemäß besagen, der Terrorangriff sei von der Staatsführung um Präsident Emmanuel Macron „aufgebauscht“, wenn nicht gar „inszeniert“ worden. Das Ziel dieser Machenschaft sei die Schwächung der „Gelbwesten“-Revolte. Dieser Unsinn fand bei einem Teil der „Gelbwesten“ Resonanz.

Jenseits dieser Verschwörungstheorien ist freilich klar geworden, dass sich sowohl die Situation der „ Gelbwesten“ als auch der Staatsführung geändert hat. Das war bereits spürbar nach dem TV-Auftritt von Macron am Montag, bei dem er Abgabensenkungen von zehn Milliarden Euro für Arbeitnehmer und Rentner ankündigt hatte. Die, laut Umfragen, ursprünglich überwältigende Mehrheit der Franzosen, die die „Gelbwesten“ mit Sympathie betrachteten, sackte ab. Die Verwüstungen in Paris und die Notlage der Wirtschaft in der Provinz durch die Straßenblockaden haben das Umdenken beschleunigt.

Wegen des Terroralarms haben inzwischen Regierung, Teile der Opposition und Polizei-Gewerkschaften die „Gelbwesten“ dazu aufgerufen, ihre Aktionen zu verschieben – aus Rücksicht auf die Sicherheitskräfte, die am Limit seien. Ein harter Kern der „Gelbwesten“ will trotzdem Samstag wieder in Paris demonstrieren und obendrein durch die Blockade des Lebensmittel-Großmarkts Rungis die Versorgung der Hauptstadt abschneiden. Aber andere Teile der Bewegung dringen auf ein Ende der Aktionen und wollen sich an den von Macron angekündigten landesweiten Diskussionen beteiligen.

Druck von rechts

Diese neue Konstellation kommt zwar Macron gegenüber den „Gelbwesten“ zupass. Er hat aber nun wiederum mit dem Vorwurf zu kämpfen, nicht hart genug gegen potenzielle Dschihadisten vorzugehen. Wie bei 18 vorhergehenden Attentätern seit 2012 in Frankreich stand auch der 29-jährige multiple Straftäter Cherif Chekatt als Dschihad-Sympathisant bereits unter Polizei-Beobachtung. Die Rechtsopposition will vorausgreifende Zwangsmaßnahmen gegen diese vorgemerkten Personen, die Regierung hält das für verfassungswidrig.

Der weiter schwelende Zorn der Gelbwesten-Anhänger tritt oft in Kombination mit dem Vorwurf auf, Macron sei „zu schwach“ gegenüber der Terrorgefahr und (so die Fortsetzung des Gedankens) „zu nachgiebig“ gegenüber der Migration. Umgekehrt verweisen diejenigen, die sich gegen Verallgemeinerungen wehren, darauf, dass das soeben verstorbene, bisher dritte Todesopfer von Straßburg ein afghanischer Firmengründer war, der diese Woche seine Einbürgerung feiern hätte sollen.