Kommunist aus Österreich überrascht EU-Elefantenrunde
Von Konrad Kramar
Ob er das Hemd wohl absichtlich hinten aus der Hose hängen ließ? Es war jedenfalls ein Detail, das Walter Baier schon einmal optisch von seinen vier Mitdiskutanten hervorhob.
Doch der Kommunist aus Österreich konnte auch mit seinen Wortmeldungen bei der TV-Elefantenrunde im Parlament in Brüssel überraschen: Ob es nun seine Forderung nach einem EU-weiten Mitpreisdeckel war, oder die sehr persönliche Erinnerung an seine Großmutter, die im KZ-Auschwitz ermordet worden war, weil „westliche Staaten ihre Grenzen für sie als Flüchtling versperrten“.
Überinszeniertes Spektakel erinnert an Songcontest
Abgesehen vom immerhin bemerkenswerten Auftritt Baiers – er vertrat die Linke – war die offizielle Runde der sogenannten „Spitzenkandidaten“ bei der EU-Wahl am Donnerstag ein über weite Strecken überinszeniertes TV-Spektakel. Man fühlte sich eher an den Song Contest erinnert als an eine politische Auseinandersetzung.
Von der Leyen attackiert
Gerade die Spitzenkandidatin der EVP, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, machte lange den Eindruck, als ob sie die Debatte nur am Rande interessieren würde. So ließ sich auch die ohnehin erwartbaren Attacken ihrer Herausforderer ziemlich gelassen gefallen.
Diese versuchten Von der Leyen wegen ihrer politischen Annäherung an Italiens Premierministerin Giorgia Meloni herauszufordern. Melonis Partei gehört im EU-Parlament zur rechtskonservativen EKR-Fraktion, die mit der noch weiter rechts stehenden ID – also der Fraktion der FPÖ – kooperiert. „Ist das wirklich pro-europäisch für Sie?“, sprach der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten Nicolas Schmit die Kommissionspräsidentin direkt auf ein mögliches Bündnis mit Meloni an. Die wollte das wie schon in früheren Debatten nicht ausschließen. Man werde sehen, wie sich die Fraktionen im EU-Parlament nach den Wahlen neu formieren würden. Mögliche Partner müssten aber an drei Prinzipien festhalten: „Pro-Europa, Pro-Ukraine, Pro-Rechtsstaat und Demokratie.“
Vorgefertigte Parolen zu den meisten Themen
Ansonsten blieben die Diskutanten weitgehend bei ihren vorgefertigten Parolen zu allen Themen von Migration bis Umwelt- und Klimapolitik. Ob es nun die deutsche Grüne Terry Reintke war, oder der französisch-italienische Liberale Sandro Gozi: Alle machten sich für eine grünen Umbau der Industrie, aber auch für deren globale Wettbewerbsfähigkeit stark und versprachen natürlich auch, sich um die Bauern zu kümmern. Dass Schmit dann für mehr Soziales, Reintke für etwas mehr Grün und Gozi für weniger Regulierungen war, waren da nur noch Nebengeräusche im großen Konzert der Versprechungen. Mehr Geld jedenfalls sollte es für alle diese Anliegen geben – und obendrein noch für mehr Verteidigung.
Es blieb dem Kommunisten Baier überlassen, sich als Einziger gegen zu viel Rüstung und für rasche Friedensverhandlungen auszusprechen – auch in Gaza übrigens.