Politik/Ausland

Israels Angriff auf den Iran: Der Schlagabtausch ging weiter - und jetzt?

Seit Wochen musste man damit rechnen, am Wochenende kam es dazu: Die israelischen Streitkräfte bombardierten mehrere Ziele im Iran, vor allem militärische Einrichtungen. Wie ist der Angriff einzuordnen? Und droht jetzt wieder ein iranischer Gegenschlag? Was man bisher weiß.

Was ist passiert?

Israel flog in der Nacht auf Samstag mehrere Luftangriffe gegen den Iran, insbesondere gegen iranische Produktionsstätten für Raketen sowie Stellungen iranischer Flugabwehrraketen. Iranische Atom- oder Ölanlagen wurden offenbar nicht angegriffen, wie zuvor befürchtet worden war.

Laut iranischer Armee sollen vier Soldaten gestorben sein. Sie seien im Rahmen der Verteidigung gefallen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur IRNA. Von den Angriffen betroffen waren laut iranischer Luftabwehr Teheran sowie die an den Irak grenzenden Provinzen Khuzestan im Südwesten und Ilam im Westen. Israels Armee sprach von 80 abgefeuerten Geschossen.

Warum hat Israel angegriffen?

Es handelte sich um Israels Reaktion auf die 200 größtenteils abgefangenen Raketen, die der Iran am 1. Oktober auf Israel abgefeuert hatte, wie der israelische Armeesprecher Daniel Hagari ausführte. Er sprach von einer Antwort auf „die seit Monaten andauernden Angriffe des iranischen Regimes gegen den Staat Israel“. 

Der Iran hat Israel bisher nur zwei Mal direkt von seinem Staatsgebiet aus angegriffen. Der Beschuss Anfang Oktober war eine Reaktion auf die Tötung von Hassan Nasrallah, Führer der vom Iran unterstützten Hisbollah-Miliz im Libanon. Die iranische Führung erwähnte zudem die Tötung von Hamas-Chef Ismael Haniyeh in Teheran. Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant hatte nach dem Beschuss eine „tödliche, präzise und überraschende“ Reaktion Israels angedroht.

Wie viel Schaden haben die Angriffe im Iran angerichtet?

Dazu gibt es unterschiedliche Meldungen und Einschätzungen. Der Iran selbst spricht von einer „Fehlkalkulation“ und einem lediglich „begrenzten Schaden“.

Nach Worten des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu war der Angriff „präzise und mächtig“ und habe „alle Ziele erreicht“: „Wir haben die Verteidigungsfähigkeit des Iran schwer beschädigt, ebenso wie ihre Fähigkeit, Raketen herzustellen, die gegen uns gerichtet sind“, so der Regierungschef. Dem iranischen Volk sagte er zudem: „Unser Kampf ist nicht gegen euch, sondern gegen das tyrannische Regime, das euch unterdrückt und die ganze Region bedroht.“ Den USA dankte er für eine „enge Abstimmung und Unterstützung“.

Welche Reaktionen gab es aus dem Westen? 

Die USA sollen laut Angaben aus ihren Verteidigungskreisen im Vorhinein über den Luftangriff informiert worden sein. Sie seien jedoch nicht beteiligt gewesen, hieß es. Präsident Joe Biden soll den Verbündeten gewarnt haben, dass man einen Angriff auf die Atomanlagen des Iran nicht unterstützen könne.

Die EU appellierte an alle Seiten zu „äußerster Zurückhaltung“, um eine „unkontrollierbare Eskalation“ im Nahen Osten zu vermeiden - auch, wenn man Israels Recht auf Selbstverteidigung anerkenne, hieß es am Samstag in einer Erklärung.

Wie ist der Angriff einzuordnen?

Obwohl es sich um einen größeren Angriff handelte, zeigten sich viele Beobachter danach dennoch eher erleichtert, weil es mit dem israelischen Gegenschlag offensichtlich nicht zu jener großen und unkontrollierbaren Eskalation gekommen ist, die einige erwartet hatten. Eine solche hätte etwa durch Angriffe auf iranische Atom- und Ölanlagen ausgelöst werden können, hat Teheran doch bereits mehrmals angekündigt, diese nicht hinnehmen zu wollen, sollte Israel diese Anlagen ins Visier nehmen. Israel soll den Iran außerdem vorab über Drittstaaten gewarnt haben, heißt es in mehreren Berichten.

Das alles könnte ein Hinweis darauf sein, dass Israel keinen weiteren Schlagabtausch direkt mit Iran möchte, so eine gängige Einschätzung. Demnach war der Angriff eher eine Machtdemonstration und man hoffe nun eigentlich darauf, dass Teheran angesichts des offenbar vergleichsweise begrenzten Angriffs nun nicht mit voller Härte wieder zurückschlägt.

Kommt es jetzt wieder zu einem iranischen Gegenschlag? 

Aktuell ist schwer zu sagen, ob oder wie stark der Iran zurückschlagen könnte. Die Worte von Irans geistlichem Oberhaupt, Ayatollah Ali Khamenei, klangen nach dem Luftangriff aber vergleichsweise moderat: „Das vom zionistischen Regime begangene Böse darf weder überbewertet noch verharmlost werden“, sagte er am Sonntag.

Dass der Iran den Angriff herunterspielt, könnte womöglich ebenfalls darauf hindeuten, dass man derzeit zumindest keinen großen Gegenangriff vorbereitet.